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Die unwahrscheinliche Reise des Jonas Nichts

Titel: Die unwahrscheinliche Reise des Jonas Nichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: W Freund
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Nacht ein – der Traum von Tilla, Kolman und dem Wieflinger, den er eigentlich schon vergessen hatte. Und auch wenn er die Gründe dafür nicht kannte, tröstete ihn die unbestimmte Erinnerung an diesen Traum mehr noch als der Hermes, der ihnen gegen seine Natur die Treue hielt.
    Jonas sah zum Fenster hinüber, nicht ruhig, aber weniger unruhig. Bald, dachte er, würde der Morgen grauen.

Das 24. Kapitel
Peregrin Aber beißt sich durch
    Ein Zitronenfalter hatte sich in den Wald verirrt. Auf der Suche nach der nächsten Wiese flatterte er in den Lichterflecken unter den Bäumen umher und fast wäre er vor Tabbis ausgestellten Ellbogen geprallt.
    Die Köchin stand breitbeinig da und hatte die Hände in die Hüften gestemmt. Über ihrer Nasenwurzel prangte eine steile Falte. »Sie müssen«, sagte sie gerade energisch, »nur auf die Füße kommen, Herr Doktor. Dann geht es schon. Kommen Sie erst mal in Tritt! Das schmiert die Gelenke.«
    Der Zitronenfalter flog weiter, auf und davon, mitten in den frühen Morgen hinein.
    Peregrin Aber blieb krumm und schief auf dem Waldboden liegen.
    »Lassen Sie es uns doch wenigstens versuchen, Herr Doktor!«, drängte Tabbi.
    Peregrin Aber stöhnte bloß, laut und unwiderruflich. Seine Miene war verzerrt, der Bart struppiger denn je, das verbliebene Haar zerrauft und sein sonst makelloser Anzug zeigte die deutlichen Spuren einer unter freiem Himmel verbrachten Nacht. Der Biberfilzzylinder lag neben ihm wie ein umgestürztes Denkmal.
    »Herr Doktor! Nun lassen Sie sich nicht hängen!«
    »Hängen?«, schnaufte Peregrin Aber. »Ich hänge nicht, Tabbi. Ich versichere Sie, es ist weit weniger als das.« Er stöhnte wieder.
    »Es ist doch nur ein wenig Kreuzweh«, sagte Tabbi beschwichtigend.
    »Ach ja?« Der Advokat betastete vorsichtig seinen Rücken, ungefähr da, wo sein Hinterteil begann. »Es ist ein ausgewachsener Hexenschuss ! Ein Hexenschuss der allerschlimmsten Sorte sogar!« Er schloss die Augen, vom eigenen Elend überwältigt. »Es hat schon in Wunderlich gezwickt und gezwackt«, murmelte er leidend. »Und die Nacht hier draußen war dann einfach zu viel. Ooo!« Er hob klagend die Stimme. »Wer hätte gedacht, dass man sich in einem Schrank die Knochen verkühlen könnte!« Er schüttelte den Kopf, fassungslos.
    »Es ist, wie es ist, Herr Doktor!«, sagte Tabbi unbarmherzig.
    »Was meinen Sie? Den Rücken? Oder den ganzen Irrsinn dieser … dieser … Reise ?« Peregrin Aber funkelte sie so wütend an, als wäre die Köchin an allem schuld.
    »Beides«, sagte Tabbi. »Und jetzt versuchen wir es mal gemeinsam. Denken Sie an den armen Jonas, Herr Doktor! Wir müssen weiter!« Sie machte einen Schritt auf den Advokaten zu, fasste ihn unter den Achseln und zog.
    »O! Aaa! Iii! Eee! U!«, jaulte Peregrin Aber.
    »Jetzt stellen Sie sich nicht so an!«
    »Anstellen? Anstellen nennen Sie das?« Peregrin Aber war empört.
    Tabbi zerrte noch einmal.
    »Oooooooo!«
    Dann stand der Advokat auf den Füßen, immerhin. Aufrecht allerdings stand er nicht. Eher sah es so aus, als hätte sich sein Rücken mitten in einer tiefen Verbeugung verhakt. Peregrin Aber sah aus wie ein umgekipptes L .
    Tabbi las den Zylinder vom Waldboden auf und pfropfte ihn auf den Advokatenkopf. »So«, sagte sie.
    Peregrin Aber betastete unter großen Anstrengungen sein Kreuz. »Wenn Sie glauben, dass ich diesen Gewaltmarsch fortsetzen könnte, dann befinden Sie sich in einem Irrtum, das sage ich Ihnen. Ich brauche einen Arzt, Tabbi. Ich brauche Bettruhe! Und einen heißen Ziegelstein!« Er hielt inne. »Glauben Sie, dass in diesem Schrank Ärzte praktizieren?«
    Tabbi griff entschlossen nach dem Pappköfferchen mit den Sonneberger Figuren. »Wie soll ich das wissen, Herr Doktor?«, seufzte sie. »Wenn wir doch nur eine Spur hätten! Der Junge kann ja überallhin gelaufen sein! Meinen Sie, Ruben hat ihn eingeholt?«
    »Hoffentlich«, murmelte Peregrin Aber.
    Auf ihrem langen Weg hatten die beiden alle möglichen Vermutungen angestellt. Und obwohl sich eine Seite Peregrin Abers nach wie vor weigerte, überhaupt anzuerkennen, dass sie in einem Schrank unterwegs waren, war sich eine andere doch im Klaren darüber, dass sowohl Jonas und Ruben als auch Alma und Irmingast in genau diesem Schrank sein mussten. Das Rätsel, wohin verschwand, wer im Spielzimmer verschwand, war also gelöst – auch wenn Peregrin Aber nicht verstand, wie das alles überhaupt möglich war. Tatsächlich kam ihm die ganze Angelegenheit

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