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Die unwahrscheinliche Reise des Jonas Nichts

Titel: Die unwahrscheinliche Reise des Jonas Nichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: W Freund
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Häuschens schleiften, aber doch ein wenig zuversichtlicher.
    Die Menschen hier waren sehr zuvorkommend, fand er, und das galt auch für den großen, schweren Mann, der sich Karamell kauend vom Küchentisch erhob, sobald Peregrin Abers vom Hexenschuss verzerrte Gestalt im Türrahmen erschien.
    Der Mann trug einen verschossenen schwarzen Anzug und sein kurzes Haar und sein langer Bart erinnerten an das Fell eines Bären. Tilla stellte ihn als ihren Vetter Kolman vor, den Dorfältesten. Peregrin Aber beschloss, wenigstens probehalber Vertrauen zu ihm zu fassen.
    Diesem Bären von Mann gelang es immerhin, den Advokaten ohne größere Schmerzen auf die Küchenbank zu hieven. Außerdem wurde ein heißer, in eine Decke gewickelter Ziegelstein in Peregrin Abers Rücken gelegt und ein kaltes Tuch auf seine Stirn. Der Advokat sah sich bereits auf dem Weg der Besserung. Er stöhnte, diesmal allerdings behaglich.
    Draußen auf dem Platz tobte jetzt eine Horde Kinder. Immer mal wieder drückten sie sich die Nasen an Tillas Fenstern platt, um die Fremden zu bestaunen.
    »Und Sie haben nie von Wunderlich gehört?«, fragte Tabbi. Sie saß vor einer Tasse Fischsuppe am Küchentisch.
    »Nie«, sagte Kolman mit seiner Bärenstimme. »Aber das Neue hat in vielerlei Gestalt Einzug gehalten in unsere kleine Welt.« Wenn er nickte, wippte sein Bart auf und ab. »Oh ja! Oh ja!«, fügte er dann plötzlich in einem seltsamen Singsang an. »Rühmet das Licht der Welt! Denn alles, was lebt, wird von der Sonne beschienen, dem Himmelsrad des Lebens. Auf Erden, im Meer und in allen Tiefen.«
    Tabbi sah ihn verdutzt an und nickte dann höflich.
    Peregrin Aber wand sich – soweit sein Rücken das zuließ – auf der Küchenbank. Ein Sektierer! Ein Prediger! Das hatte ihm gerade noch gefehlt! »Sagen Sie, Herr Kolman!«, mischte er sich jetzt in das Gespräch. »Zu diesem Neuen, von dem sie da sprechen, zählt nicht zufällig auch ein Junge? Etwa dreizehn Jahre alt? Schmal? Mit verschiedenfarbigen Augen?«
    Kolman sah ihn mit großen Augen an. Auch Tilla zog sich jetzt einen Stuhl heran.
    »In Begleitung des Jungen«, setzte Peregrin Aber seine Beschreibung fort, »dürfte sich ein hochgewachsener Mann befinden. Schwarzes, halblanges Haar. Er trägt einen doppelt geknöpften Mantel. Ruben ist sein Name. Der Junge heißt Jonas Nichts.«
    Tilla und Kolman wechselten Blicke.
    Peregrin Aber setzte sich ächzend und erwartungsvoll zurecht.
    »Wir …«, begann Tilla dann, aber der Dorfälteste räusperte sich lautstark und beanspruchte das Wort.
    »Wahrlich«, sagte er. »Hier wurde ein Junge gesehen. Und ein zweiter gleich dazu.« Dann verstummte er wieder, als wüsste er nicht recht, wie er fortfahren sollte.
    »Nein, nein«, sagte Peregrin Aber. » Ein Junge. Einer. Dreizehn, wie gesagt …«
    »Zwölf«, unterbrach ihn Tabbi. »Ich glaube, Jonas ist zwölf.«
    Peregrin Aber bedachte sie mit einem ungehaltenen Blick. »Das ist doch einerlei, Tabbi!« Er wandte sich wieder dem Dorfältesten zu. »Zwölf oder dreizehn also! Die Augen sind wirklich sehr auffällig. Er trägt eine dunkle Joppe. Und eine Mütze auf dem Kopf. Richtig, Tabbi?«
    Tabbi nickte.
    »Kein zweiter Junge allerdings. Ein Mann .« Peregrin Aber sah Kolman ungeduldig an.
    »So grübelte ich, dies zu begreifen«, murmelte der Dorfälteste in seinen Bart.
    »Bitte?«, sagte Peregrin Aber. Beim ersten Kennenlernen hatte er erwogen, diesen Kolman ins Vertrauen zu ziehen oder sich doch wenigstens vorsichtig nach dem Schrank zu erkundigen. Jetzt war er froh, es nicht getan zu haben. Der Mann hätte doch nur in Rätseln so undurchsichtig wie Weihrauchschwaden geantwortet.
    »Hören Sie«, sagte da Tilla. »Kolman und ich haben die Jungen nicht gesehen. Aber Arne. Arne hat sie gesehen. An dem Tag.«
    » Welchem Tag?« Peregrin Aber war drauf und dran, die Nerven zu verlieren. Warum konnten diese Menschen nicht geradeheraus sprechen? Einfach sagen, was der Fall war. Ein Junge. Ein Mann. Punkt. Aus. Er zappelte vor lauter Ungeduld auf seiner Küchenbank und wurde mit einem schmerzhaften Stich in sein Kreuz dafür bestraft. »Ooo!«
    »Die Sonne lockt das Leben aus dem tiefsten Grund.« Kolman strich sich über den Bart. »Wir sind verwandelt!«, donnerte er dann. »Wir sind erweckt worden! Und wenn es kein Wunder ist, dann kommt es einem Wunder gleich!«
    »So«, sagte Peregrin Aber. Er übertreibt, dachte er.
    »Als wäre der Blitz in uns gefahren! Ja! Oh ja! Wir sind erweckt worden.« Der

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