Die unwahrscheinliche Reise des Jonas Nichts
Gottes Namen?«
Bror und Kolman zuckten ratlos mit den Schultern, aber der Gelbe plärrte gleich los. »He-He-He-Herrscherin zu Wasser und Lande!«, krähte er. »Ü-Ü-Über Kö-Kö-Kö-Körper und Geist! Die Kai-Kai-Kai-Kaiserin von Ka-Ka-Kanaria!«
Peregrin Abers Mund wurde vor lauter Befremden ganz spitz. Der Mann ist verrückt, dachte er. Von allen guten Geistern verlassen. Ein hoffnungsloser Fall. »Bror!«, sagte er schließlich. »Ich muss das selbst in Augenschein nehmen! Rudern Sie uns zur Insel!« Dann sah er auf das Boot hinab, das dort unten auf dem Wasser dümpelte. Wie um Himmels willen sollte er da nur hineinkommen?
»O! Aaa! Iii! Eee! U!« Peregrin Abers kaum unterdrückte Schmerzenslaute hallten über das Inselufer, und bis der Advokat wieder in seiner mitgebrachten roten Karre saß und diesmal von Bror über die bleichen Wege des Parks geschoben wurde, war die blaue Stunde hereingebrochen.
Erst einmal von seinem Kissen gestützt, fühlte sich Peregrin Aber gar nicht übel. Während der Überfahrt war ihm ein Gemälde in den Sinn gekommen, das einen berühmten General zeigte, wie er, das Kinn hart im Wind, Kanu fahrend einen Fluss überquerte, und daraufhin hatte er sich selbst gleich in die Brust geworfen. Zudem machte die Insel auf ihn bislang einen ordentlichen Eindruck – sauber, gepflegt und zivilisiert. Die Luft war mild, der Himmel hing wie dunkelblauer Samt über den schönen Bäumen – Peregrin Aber atmete durch. »Ganz nett hier, Tabbi. Nicht wahr?«
Doch die Köchin war angespannt. Diese gefährliche steile Falte prangte wieder auf ihrer Stirn. »Hören Sie das auch, Herr Doktor?« Sie verlangsamte ihre Schritte.
Peregrin Aber hörte nichts. Die Bäume wiegten sich sanft und raschelten angenehm. Aber sonst?
Auch Kolman und Arne blieben jetzt stehen. Peregrin Abers Karre hielt abrupt. »Hören Sie!«, sagte der Advokat. »Wir können uns nicht von den kleinsten Kleinigkeiten aufhalten lassen!«
Doch dann hörte er es auch – den Klang von Schellen und Pferdegeschirr, dazu Hufschlag und ein höchst eigenartiges Kratzen und Knirschen. Und gleich darauf warfen Lichter ihren warmen Schein um die Wegbiegung. Peregrin Aber rückte sich schon den Zylinder zurecht, erstarrte aber in der Bewegung, die Hand in die Hutkrempe verkrallt. Mit dergleichen, versuchte er sich zu beruhigen, während er fassungslos hinsah, war nicht zu rechnen gewesen. Kein noch so gewissenhaftes Studium der Rechte bereitete einen vernunftbegabten Menschen auf einen solchen Anblick vor!
Ein prachtvoller Pferdeschlitten war um die Kurve gebogen. Seine Kufen schabten und kratzten über den Weg. Doch das war lange nicht alles, was Peregrin Aber mit offenem Mund bestaunte. Denn neben dem Schlitten lief ein halbes Dutzend Diener in gelber Livree, die aus aufgeschnittenen Kopfkissen Daunenfedern streuten. Es schneite! Mitten im Sommer – wenn auch in einem Sommer, für den Peregrin Aber, aus Wunderlich kommend, nach wie vor keine Erklärung hatte. Und der große Mann im Schlitten sah auch tatsächlich so aus, als sei es draußen bitterkalt. Sein Kinn steckte in einem kostbaren Pelzkragen und auf seinem Kopf saß eine gewaltige, mit Daunenfedern gesprenkelte Pelzmütze.
Der Schlitten kam knirschend zum Stehen und die Glöckchen am Geschirr des vorgespannten Rappen verklangen. Stumm standen sich die beiden Gruppen nun gegenüber; Tabbi, Kolman und Bror, wie sie Peregrin Abers rote Karre umringten, und der Schlitten mit seinem rätselhaften Passagier und dessen Dienern, die es aufgegeben hatten, mit Daunen zu werfen, und leise keuchten. Das Pferd schnaubte und schlug mit dem Schweif. Zwischen ihnen allen warf die Schlittenlaterne einen Kreis aus Licht auf den Weg. Peregrin Aber hätte sich gern in eine höfliche Begrüßung gerettet, aber er war stumm vor Staunen.
»Verneigt Euch vor ihrer erblichen Majestät!«, krähte da unvermittelt einer der Diener, das halbleere Kopfkissen vor der gelb gewandeten Brust. »Verneigt Euch vor dem Erbprinzen Leopold!«
Unendlich langsam lupfte Peregrin Aber den Zylinder. »Aber«, sagte er tonlos. »Advokat. Sehr erfreut.« Eben noch guter Dinge – der schöne Park! die gute Luft! –, fühlte er sich jetzt schrecklich mutlos.
»Hat Er den prachtvollen Schnee gesehen?«
Peregrin Aber zuckte, als sich der Mann im Schlitten ganz ohne Vorwarnung erhob. Der Mann war groß und schlank, und als er die Mütze abnahm, um traumverloren die Daunen aus ihrem Pelz zu lesen, fiel ihm das
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