Die unwillige Braut (German Edition)
bin nicht hier, um die Rückgabe zu erflehen. Dafür würde ich nicht meinen Atem vergeuden." Bei ihren letzten Worten senkte sie ihren kühnen Blick, wollte ihre Verzweiflung verbergen und auch ihre Überraschung, ihn so schnell wieder zu sehen, von Angesicht zu Angesicht.
"Nein", entgegnete er. "Das ist kein Spiel, ich versichere es Euch. Ich wollte gerade sagen, dass Ihr Euren Atem und auch Eure Zeit vergeudet, wenn ihr um die Rückgabe bitten wollt. Wenn Seine Majestät sich erst einmal etwas in den Kopf gesetzt hat, dann bleibt er dabei. Aber ich sehe, dass Ihr meinen Rat hier nicht braucht. Ihr Menschen aus dem Norden verteidigt ganz entschieden Eure Güter, nicht wahr?"
"Ja, trotz allem, was ich gestern sagte, ist es Euch gelungen herauszufinden, was mir gehört, woher ich es habe und wozu. Ist es nicht so? Nun, ich bin gespannt, wie lange es mir nun noch gehören wird. Ihr müsst sehr zufrieden sein mit dem, was Ihr ausspioniert habt."
"Wenn Ihr glaubt, der König interessiert sich für Euch wegen etwas, das ich gestern sah, dann irrt ihr Euch, Lady", gab er grob zurück. "Es gibt nur eines, das mich interessiert."
Gewöhnlich war sie aufmerksamer, wenn sie ihren Zorn so zurückhielt wie jetzt, und achtete mehr auf die eigentliche Bedeutung seiner Worte. Diesmal aber war es nur seine Anspielung auf das Interesse des Königs, die ihr vor Angst den Atem stocken ließ, und als sie den Mund öffnete, um etwas zu sagen, brachte sie keinen Ton heraus. Ehe sie ihre Fassung wiedergewinnen konnte, kehrte der Mönch zurück, bedeutete Els und ihr vorzutreten, und dann führte er sie vorbei an Gruppen von neugierigen Männern zur Halle des Erzbischofs.
Die Halle war kaum wiederzuerkennen. Überall standen schwer bewaffnete Wachen und ihre Knappen, Mönche und hohe kirchliche Würdenträger in ihren juwelenbesetzten Kleidern, Schreiber und Boten in der königlichen Livree. Nichts hier erinnerte mehr an den Ort, den sie mit ihrem Vater besucht hatte, als er noch wie ein Freund empfangen worden war. Ihre ursprüngliche Idee, mit dem Erzbischof Thomas zu sprechen, ehe er gemeinsam mit dem König abreiste, verlor bereits jeden Reiz, den sie einst gehabt haben mochte.
Der Mann namens Judhael de Brionne war dicht hinter ihr, und es gab kein Zurück für sie. "Geht weiter", flüsterte er, als wollte er, dass sie die gleiche Aggressivität entwickelte, die sie ihm gegenüber gezeigt hatte. Aber auf den ersten Blick sah es so aus, als würde ihre Haltung keine Rolle spielen, als sie sich unerwartet einem Meer von Gesichtern gegenübersah und einer Menge von Männern in einer Halle, wohl zehnmal so groß wie die ihre. Überall zwischen den hölzernen Säulen und Nischen standen Männer jeden Alters, in unterschiedlichem Maße beschäftigt, einige offensichtlich gelangweilt und unruhig, während andere sich aufmerksam und mit Adlerblicken über die Pergamentrollen auf dem Tisch vor dem Erzbischof beugten und sie auf der Suche nach Informationen durchwühlten. Am anderen Ende der Halle sah sie einen Mann, von dem sie wusste, dass er erst achtundzwanzig Jahre alt war, breitbeinig auf einem Stuhl sitzen, ohne jeglichen Charme oder Geist. William der Zweite von England. Eine Hand hatte er auf die Hüfte eines schlanken Jungen gelegt, der dicht neben ihm stand und ihm kichernd etwas ins Ohr flüsterte.
Als Rhoese und Els eintraten, verstummte das Stimmengemurmel. Der Gang durch die Halle neben dem Normannen schien eine Stunde zu dauern, während sie die grinsenden Gesichter sah und all die Bemerkungen vernahm, die eigentlich ihm allein galten. "Gut gemacht, Jude", rief einer. "Behalt die Rüstung an", sagte ein anderer. "Du wirst sie brauchen!"
Normalerweise hätte sie darauf bestanden, auf so viel Respektlosigkeit entschieden zu reagieren, aber der Ritter gewährte ihr keine Zeit, um zu antworten, und sie wusste, dass sie aus der Begegnung mit König und Erzbischof nicht eben reicher hervorgehen würde. Außerdem begriff sie mit jedem Schritt mehr, warum die Engländer sagten, dieser neue königliche Hof sei ehrlos, voller Eitelkeit und Korruption. Überall in den Schatten sah sie Männer zusammenstehen, die einander offen umarmten.
Ihre Wangen glühten, als sie gemeinsam mit Els vor dem König in einen tiefen Hofknicks sank, während alle Hoffnungen auf eine faire Behandlung sich in nichts auflösten wie Nebelschwaden in der Sommersonne. Genau dies hatte sie so lange wie möglich versucht zu vermeiden, und sie wusste, jetzt
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