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Die unwillige Braut (German Edition)

Die unwillige Braut (German Edition)

Titel: Die unwillige Braut (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juliet Landon
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im Wind wandte er seine Aufmerksamkeit von Rhoese ab, so dass sie die Gelegenheit bekam, ihren Spaziergang zum anderen Ende des Obstgartens fortzusetzen, wo der reißende Fluss seinen Weg zu dem donnernden Rad der Getreidemühle nahm.
    Murdac – tot? Mit Schaum vor dem Mund und allein? Als sie ihn Tage vor seiner Abreise das letzte Mal gesehen hatte, war er in übler Stimmung gewesen. Sie hatte eine Seite an ihm kennen gelernt, die ihr neu war, wütend, zurückgewiesen und beleidigend, doch er gehörte nicht zu der Sorte Menschen, die sich das Leben nahmen. Niemals. Ein Schlaganfall vielleicht? Aber warum hatte man ihr nichts davon gesagt? Und was würde geschehen, wenn sie auf der Rückreise von Durham nach York kamen? Würde man sie anklagen und einsperren? Würde sie die Folter ertragen müssen, bis die Wahrheit bewiesen war? Und vor allem, warum hatte Jude ihr nichts davon gesagt? Weil er sie für schuldig hielt, oder weil er das nicht tat?
    Das braune Wasser strömte vorüber, zerrte an dem Reet am Ufer, strich es glatt und zog trockene Blätter in den Strudel hinein wie kleine Boote. Der blaue Himmel spiegelte sich wie ein Seidenband im Strom, der Gesicht und Schultern von demjenigen verzerrte, der sich in seinen Tiefen spiegelte. "Was geschieht mit mir?" flüsterte sie. "Das bin nicht ich. Ich bin keine Hexe. Warum ist mein Leben so übel geworden, seit Vater fort ist?"
    Übel vielleicht, aber durchsetzt von einer bitteren Süße, die über sie hinweg strömte und jeden Rachegedanken fortspülte, ihre Gedanken in Ekstase gefangen hielt, als sie wieder seine Lenden an ihrem Leib fühlte, das prickelnde Gefühl seiner Hände und seine suchenden Lippen. Es gab Stellen, die er noch nicht erforscht hatte und die nach seinen Zuwendungen lechzten. Wie würde er das tun? Würde sie ihm mehr bedeuten als all die anderen? Für sie hatte er mehr geboten als de Lessay, aber warum sie, wenn er normannische Erbinnen hätte haben können? Verglichen mit dem, was sie mitbrachten, bedeutete ihr Besitz gar nichts. Würde sie ihnen am Hofe des Königs begegnen, und würde ihr dieser neue und schlechte Ruf vorauseilen?
    "Ihr seid nachdenklich, Mylady", sagte eine vertraute Stimme.
    Das Spiegelbild floss davon, als über ihrem ein anderes erschien, größer, mit dunklem, rund geschnittenem Haar. "Ja", sagte sie. "Und Ihr werdet in diesem hohen Gras Eure feinen Schuhe verderben. Euer Anliegen muss wichtig sein, dass Ihr so etwas riskiert." Sie musste nicht fragen, warum er ihr gefolgt war. Sie wusste, dass er die fehlgeschlagenen Bemühungen des vergangenen Abends fortsetzen wollte.
    Master Flambard blickte an sich hinunter und streckte dann den Arm aus, um ihr aufzuhelfen. "Und Ihr", sagte er, "scheint in der letzten Zeit von Wasser angezogen zu werden. Sollen wir uns an einen trockeneren Ort begeben, wo der Lärm etwas weniger stark ist?"
    In Anbetracht seiner so akkuraten und auffallenden Art, sich zu kleiden, fühlte sich sein Arm, mit dem er sie auf die Füße zog, unerwartet stark an, wie gehärteter Stahl, und sie wusste, dass sein Amt als Kaplan ihn nicht daran hinderte, den üblichen männlichen Beschäftigungen nachzugehen, zu denen auch Frauen gehörten. Judes Warnung hatte daran keinen Zweifel gelassen.
    Er führte sie durch eine Tür in der hohen Mauer zu einem geschützten Ort, wo an einer Rankhilfe noch immer ein paar weiße Rosen blühten und Geißblatt wuchs, voll von roten Beeren. Es gab ein Stück Rasen, Kieswege und eine Reihe von Bänken, die an der sonnigen Mauer standen. Und als er ein paar braune Blätter beiseite schob, wusste Rhoese, dass sie wieder nach Informationen über das Buch befragt werden würde, wenn sie ihre Fragen nicht zuerst anbrachte.
    Sie zog ihr Obergewand aus weicher Wolle über die Knie und sah, wie er dasselbe mit seiner blauen Tunika machte, bemerkte dann, wie er ruhig den Kopf zurücklehnte und sein Kinn der Sonne entgegenhob, die Augen vor Wohlbehagen halb geschlossen. Wo er rasiert worden war, lag ein blauer Schatten auf den Wangen, und als er schluckte, bewegte sich sein Adamsapfel.
    Er bemerkte, dass sie ihn beobachtete, und lächelte verschmitzt. "Nun, Mylady?"
    "Gerade habe ich herausgefunden …", sagte sie und unterbrach sich, um ihren Worten mehr Effekt zu verleihen.
    Er sah sie an. "Ja?"
    "Dass ich einen bestimmten Ruf habe."
    "Ja."
    Etwas mehr hatte sie schon erwartet. "Ihr wisst davon?"
    "Ja, ich weiß es."
    "Dass man glaubt, ich hätte bestimmte Gaben – ich könnte

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