Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die unwillige Braut (German Edition)

Die unwillige Braut (German Edition)

Titel: Die unwillige Braut (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juliet Landon
Vom Netzwerk:
versäumt werden.
    Mit langen Schritten kam Jude über den Kiesweg heran, kurz davor, in Laufschritt zu fallen, um den hartnäckigen Aufmerksamkeiten einer jungen Frau in Rot zu entkommen, deren Wangen etwa denselben Farbton aufwiesen wie ihr Kleid. Was darauf hinwies, dass sie sich ähnlich anstrengte wie er. Sie hielt die Röcke gerafft, um besser laufen zu können, während sie versuchte, mit der anderen Hand Judes Ärmel zu ergreifen, der wie ein Segel hinter ihm her flatterte. Der Anblick stand so sehr im Gegensatz zu allem, was Rhoese befürchtete, dass es ihr schwer fiel, Flambards Aufforderung zum Schweigen zu befolgen.
    Als Jude unerwartet stehen blieb, prallte Henrietta gegen ihn. Ihr Gesichtsausdruck blieb so lange siegessicher, bis sie bemerkte, dass auf der Bank Publikum saß. Da hielt sie sich eine Hand vor den Mund, um einen Aufschrei zu unterdrücken, machte auf dem Absatz kehrt und floh, wobei ihr helles Haar hin und her schwang. Jude sah ihr nach, dann drehte er sich um und begann zu lachen, die Hände auf die Knie gestemmt – dankbar, endlich befreit zu sein, aber unfähig, die Angelegenheit zu erklären.
    "Judhael de Brionne auf der Flucht vor einer Frau?" rief Master Flambard. "Nie hätte ich geglaubt, so etwas zu sehen. Hat die Heirat das bei dir bewirkt, Mann?"
    "Das kannst du wohl sagen", stieß Jude hervor und trat auf sie zu. Noch immer lachend ließ er sich neben Rhoese auf die Bank fallen und strich sich mit beiden Händen durchs Haar, das sofort wieder zurückfiel. "Nein, Ranulf. Sie ist trotz allem noch ein Kind. Aber so wie diese Mädchen sich benehmen, sollte man meinen, sie hätten noch nie einen Mann gesehen. Du solltest aufpassen. Ich schwöre, dass sie mich beinahe gehabt hätte."
    "Und das hätte Euch nicht gefallen?" fragte Rhoese in süßlichem Tonfall.
    "Mir würde nichts von dem gefallen, was dieses Kind zu bieten hat, Mylady."
    Verschwörerisch beugte Master Flambard sich näher zu ihr. "Unser Jude bevorzugt Herausforderungen. Aber … ich habe gehört, dass nachher draußen auf der Wiese ein paar Belustigungen stattfinden werden: Bogenschießen, Ringkampf. Ich frage mich, ob unser Held daran teilhaben wird, oder hat die Ehe ihn verweichlicht?"
    Jude lehnte sich an die Mauer und schloss die Augen. "Ich werde teilnehmen", sagte er, "und dann meinen Gewinn kassieren."
    Master Flambard zog eine Braue hoch und zwinkerte Rhoese zu. "Überheblichkeit birgt Gefahren, mein Freund", sagte er.
    "Diesmal nicht", erwiderte Jude leise.
     
    "Ich muss gestehen", bemerkte Rhoese später zu Hilda, "dass es mich ein wenig erstaunte, den Kaplan eines Königs von Göttinnen und Huren reden zu hören."
    Mit einem Stöhnen ließ Hilda einen Arm voll gefalteter Kleidungsstücke in die getrocknete Kiste fallen und richtete sich dann auf, wobei sie wegen der Schmerzen im Rücken zusammenzuckte. "Er ist ein Mann, Liebes. Man sollte sich über nichts wundern, das ein Mann sagt. Oder denkt. Oder tut. Und außerdem will dieser junge Mann immer auf dem kürzesten Weg sein Ziel erreichen. Er gehört nicht zu der Sorte, die ein Blatt vor den Mund nimmt. Das dauert ihm zu lange."
    "Meinst du?"
    "Aber sicher, Liebes", sagte Hilda. "Und wenn du auf meinen Rat hörst, lässt du dich nicht zu sehr mit ihm ein." Sie reichte Rhoese einen leichten wollenen Umhang und hielt ihr dabei die Öffnung für den Kopf hin. "Komm schon. Wenn du noch einmal hinausgehst, solltest du dies hier anziehen."
    "Es passt nicht."
    Hilda bestand darauf. "Das sollte deine geringste Sorge sein bei dieser farbenblinden Familie. Solch eine Ausstattung habe ich in meinem ganzen Leben noch nicht gesehen."
    Rhoese schlüpfte in den Umhang und zog ihre langen Zöpfe wie Ankerketten heraus. "Dieser Gilbert wird eine echte Plage", sagte sie. "Aber was soll ich mit dem Mädchen machen? Sie verwirrt mich und tut mir gleichzeitig Leid."
    "Fang nicht an, das kleine Biest zu bedauern, Liebes, sonst glaubt sie noch, du hältst ihr die Tür auf. Festigkeit wird sie verstehen, Mitgefühl nicht. Mädchen wie sie nehmen gleich die ganze Hand, wenn du ihnen den kleinen Finger reichst. Der Himmel weiß, was aus ihr wohl werden wird." Ihr Tonfall ließ keinen Zweifel daran, dass Hilda zumindest eine Ahnung von dem hatte, was der Himmel wusste.
    Rhoese richtete sich darauf ein, den Rat ihrer Amme bezüglich Henrietta zu befolgen, nicht zuletzt deswegen, weil es der leichteste Weg war. Was Master Flambard betraf, so war sie wegen der Warnung nicht so sicher.

Weitere Kostenlose Bücher