Die unwillige Braut (German Edition)
Dienstboten sich so untertänig verhielten, als wäre sie eine bedeutende Persönlichkeit.
Anneys d'Abbeville und Bischof William bildeten ein ungleiches Paar, wie Liebende das häufig tun. Sie war ein oder zwei Zoll größer als er, schlanker und schien deutlich jünger als er, der sich etwa in den mittleren Jahren befand. Obwohl er schütteres, bereits ergrautes Haar hatte, besaß er angenehme Züge und kluge Augen. Sie dagegen war eine schwarzhaarige Juno mit einer ernsten wachsamen Miene, die Rhoese sogleich als feindselig deutete, die Master Flambard jedoch ihrer unsicheren Stellung zuschrieb. Was im Ergebnis ungefähr auf dasselbe hinauslief.
Anneys d'Abbeville ließ ihre verhangenen Blicke über die Gäste huschen und schließlich auf Rhoese ruhen, als wollte sie abschätzen, ob hier Konkurrenz drohte: Sie musterte ihre Figur, um damit ihre Überlegenheit zu demonstrieren, falls die Dame aus York darüber im Zweifel sein sollte.
Ob es nun an ihrer natürlichen Abwehrhaltung gegenüber Normannen lag oder an ihrem neuen Selbstvertrauen als Judes Gemahlin nach den ungewöhnlichen letzten vierundzwanzig Stunden – Rhoese hielt dem Blick der Frau stand, so dass diese sich, plötzlich unsicher geworden, abwandte. Rhoese bemerkte Master Flambard, der ihr zuzwinkerte und ihr gegenüber damit wortlos andeutete, was er bisher noch nicht in Worte gefasst hatte: Wie es ist, seine Macht einzusetzen.
Ermutigt ging sie noch einen Schritt weiter. "D'Abbeville?" fragte sie. "Wo genau liegt das?"
"Nicht weit von Amiens." Die Antwort schien unerwartet zurückhaltend auszufallen.
"Ah, an der Somme? In der Nähe von St. Valery, wo Duke William, wie ich glaube, seine Truppen hielt, bis der Wind sich drehte? Dort ist es ziemlich flach, meine ich."
"Ja, und außerdem ist es wärmer als hier." Die Stimme zitterte.
"Dann werdet Ihr gewiss froh sein, dorthin zurückkehren zu können."
Nachdem dieser kurze Zweikampf zu ihren Gunsten ausgegangen war, wandte Rhoese sich ab und stellte fest, dass Master Flambard sie ansah. In seinen Augen blitzte es vor Belustigung, seinen Mund hatte er besser unter Kontrolle. "Seine Geliebte", sagte er leise zu ihr, als sie durch die geschäftige Halle geleitet wurden. "Ganz gewiss."
"Ihr kennt sie nicht?" fragte Rhoese.
"Nein, aber Euer Gemahl kennt sie." Gemeinsam schritten sie durch einen Torbogen, dann mussten sie hintereinander bis zur nächsten großen Kammer gehen.
"Woher wisst Ihr das?" erkundigte sich Rhoese, nachdem sie ihn eingeholt hatte.
"Ich sah, wie sie einander anschauten. Sie haben sich wieder erkannt."
Sie fühlte, wie ein Schwindelgefühl in ihr aufstieg. War dies das Gefühl, das man Eifersucht nannte? Verdammt sei dieser aufmerksame Kaplan. Warum musste er ihr das sagen? Irrte er sich vielleicht? "Tatsächlich? An einem so weit entfernt gelegenen Ort wie Durham. Soso."
"Sie ist eine gut aussehende Frau", erklärte Flambard, als wollte er seine Beobachtung rechtfertigen. "Und Abbeville liegt nicht so weit von Brionne entfernt, auch wenn sie sehr darauf achtete, das nicht zu erwähnen."
Rhoese wollte sich in dieser Richtung nicht ausfragen lassen. "Mhm. Vermutlich wird sie den Bischof nicht nach London begleiten, oder?"
"Nun", meinte er und sah sich in dem Raum um, in den ihr Gepäck gebracht worden war, "das ist eine interessante Frage, Mylady. Entweder sie will ihn ins Exil begleiten oder eben nicht, wenn Ihr versteht, was ich meine."
"Eigentlich nicht", gestand sie und wünschte, er würde fortgehen. "Aber es ist egal."
Er verneigte sich und wandte sich zum Gehen. "Ja, natürlich. Egal." Hinter ihm schloss sich lautlos die Tür.
Vorwurfsvoll sah sie dorthin. "Wo ist Bruder Alaric, wenn ich ihn brauche?" schimpfte sie.
"Hier", sagte eine ruhige Stimme vom Fenster her. "Kommt her und schaut euch die Aussicht an."
Beschämt ging sie zu ihm hinüber. "Es tut mir Leid", flüsterte sie. "Ich glaube, ich lasse das alles viel zu nahe an mich heran. Das sollte ich nicht, oder?"
"Ich habe gehört, was Master Flambard sagte", gestand Bruder Alaric und sah noch immer hinaus. "Ihr haltet Euch sehr gut."
Von einem hohen Fenster aus blickten sie hinab zu der silbern schimmernden Biegung des Flusses, auf dem kleine Punkte wie Mücken auf einem Teich mit der Strömung dahinflossen. Dahinter standen sonnenbeschienen die Dächer der Wohnhäuser neben schmalen Feldern und an Wegen, die zu fernen Hügeln und Wäldern führten, wo Ansammlungen von Hütten jetzt Männern wie Count
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