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Die uralte Metropole Bd. 2 - Lilith

Die uralte Metropole Bd. 2 - Lilith

Titel: Die uralte Metropole Bd. 2 - Lilith Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Marzi
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eingetreten waren.
    Aurora Fitzrovia hatte sogar Tränen zurückhalten müssen, so froh war sie gewesen, Emily wieder gesund in ihrer Nähe zu wissen.
    »Ich hatte da ein ganz mieses Gefühl, Emmy.«
    Die hatte nur gesagt: »Ich weiß.«
    Hatte geschluckt.
    Und hatte die Freundin umso fester an sich gedrückt.
    Der Gedanke, ein Leben ohne Aurora führen zu müssen, war gänzlich befremdlich für Emily. Zu viel hatten die Waisenmädchen zusammen erlebt.
    Gesorgt hatten sich die Freundinnen um einander, wie sie es zumeist taten, wenn ihrer beider Wege sich trennten, und sei es auch nur für kurze Zeit. Denn beide kannten nur zu gut die Geschehnisse, die sich vor einigen Jahren zugetragen hatten.
    Niemals würden sie jene Erlebnisse vergessen. Noch immer suchten die Mädchen in ihren Träumen die Orte von einst auf und sahen sich den Gesichtern gegenüber, deren Anblick sie auch heute noch in Angst versetzte. Master Lycidas. Madame Snowhitepink. Dorian Steerforth. Lordkanzler Kensington.
    Nichts, hatte der Engel damals gesagt, stirbt jemals für immer.
    Es war dieser eine Satz, der sie während der vergangenen Tage immer wieder aufs Neue mit Furcht und unheilschwangeren Vorahnungen erfüllt hatte.
    Nichts stirbt jemals für immer.
    »Habt ihr etwas herausgefunden?«
    »Jede Menge«, hatte Aurora geantwortet.
    Und ohne Zeit zu verlieren, berichteten wir den Anwesenden, was wir erlebt hatten. Unten in Waterstone Junction und Adelphi Arches und in den gewölbeartigen Tunneln nahe des Brick Lane Market.
    Als jener Name fiel, den der Shah-Saz uns genannt hatte, da horchten Maurice Micklewhite und Aurora Fitzrovia gleichermaßen auf.
    »Al-Vathek?«
    »Das ist der Name des Fürsten, der laut der Legende jene dunkle Stadt von jenseits der spiegelnden Wasser in unsere Welt gebracht hat.«
    »Wisst ihr, wer al-Vathek ist?«, fragte Emily.
    Sie begann sich zu fragen, wohin diese Geschichten uns alle tragen würden. Der Gedanke, dass jene Geschehnisse aus dem alten Ägypten der Grundstein für das sein konnte, was sich unten in den U-Bahn-Schächten und Gewölben der uralten Metropole zutrug, war in höchstem Maße beängstigend. Reichten die Schatten von damals wirklich so weit?
    Nichts, kam es ihr erneut in den Sinn, stirbt für immer. Die Worte des Elfen schienen das nur zu bestätigen.
    »Ich möchte meiner Erzählung jedoch nicht vorgreifen«, sagte Maurice Micklewhite, der ganz in seinem Element war. Er liebte es, in den alten Schriften nach Hinweisen zu suchen. Und er liebte es, andere mit seinem neu erworbenen Wissen zu beglücken. »Es begann, wenn wir den brüchigen Papyri Glauben schenken, in der Regierungszeit Pharao Akh-en-Atens.«
    Im Zentrum des Lebens am Nil stand vom Tage seines Amtsantritts an Aton, die Manifestation des Sonnengottes in Form der Sonnenscheibe. Akh-en-Aten wollte Aton als einzigen Gott anbeten und löste den traditionellen Pantheon einfach auf.
    »Mit anderen Worten, alle anderen Gottheiten wurden vertrieben.«
    »Du sagst es, Mortimer.«
    Mythen, Feiern und Rituale zu Ehren der alten Gottheiten wurden augenblicklich abgeschafft. Zu Ehren Atons wollte Akh-en-Aten sogar eine neue Stadt erbauen lassen, die von nun an religiöses Zentrum und Verwaltungshauptstadt zugleich sein sollte, und er zog alle Priester und Beamten aus den Städten Theben und Memphis ab.
    Einen jungfräulichen Ort wollte der Pharao finden, um seine Sonnenstadt zu errichten, und er fand diesen Ort an der Grenze zwischen Mittel- und Oberägypten, am Ostufer des Nils gelegen. Eine große Ebene erstreckte sich dort zwischen dem Nil im Westen und den Wüstenfelsen, die im Norden, Süden und Osten einen perfekten Halbkreis bildeten und fast schon bis zu den Fluten des Nils reichten.
    »Akh-en-Aten ließ Grenzsäulen errichten, um die Ausmaße der Stadt festzulegen, und die Inschriften auf diesen Säulen besagten, dass alle Gebäude und Einwohner jener Stadt dem Gott Aton geweiht waren und von nun an unter seinem Schutz standen. Unter dem Schutz der Sonnenscheibe.« Bedeutungsvoll schaute Maurice Micklewhite in die Runde und betonte: »Im Schutze des Lichts.«
    So entstand Achet-Aton, was Horizont des Aton bedeutet, der Mittelpunkt des Neuen Reiches. Eine prachtvolle Metropole mit Säulengängen, üppigen Gärten, bemalten Wegen und offenen Höfen.
    »William Petrie, der die Ruinen der Stadt anno 1891 entdeckte, stellte sich wohl als Erster die Frage, die von da an Archäologen über Jahrzehnte hinweg beschäftigen

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