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Die uralte Metropole Bd. 2 - Lilith

Die uralte Metropole Bd. 2 - Lilith

Titel: Die uralte Metropole Bd. 2 - Lilith Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Marzi
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sich an mir fest!«
    Das laute Knacken der dicken Spinnenkörper, die ich mit dem Absatz zertrat, ließ auch mich erschaudern.
    Emily stand dicht neben mir, krallte sich förmlich an meinem Mantel fest.
    Und schon formte ich mit den Händen einen Wirbel aus Luft und Staub. Einen winzigen Wirbelsturm, in dessen Auge wir uns vorwärts bewegten.
    Um uns herum wurden die Spinnen von dem Sturm erfasst und durch die Luft geschleudert, jedoch nur, um an anderer Stelle unverletzt auf den Boden aufzuschlagen und aggressiver noch als vorher einen neuen Angriff auf die wirbelnde Staubwolke zu wagen.
    Manchmal, dachte ich, sollte man dem Schicksal dafür danken, mit einer Trickster-Fähigkeit bedacht worden zu sein.
    »Wir müssen den Tunnel irgendwie verlassen.«
    »Haben wir denn eine Chance?«
    Was sollte ich ihr sagen?
    Denn die Spinnen stürmten unbeirrt auf uns zu.
    Prallten an der Wand aus wirbelndem Wind ab.
    Versuchten es aufs Neue.
    »Sie verhalten sich nicht so, wie es die Arachniden getan haben.«
    Emily, die sich noch immer an meinem Mantel festhielt, warf mir einen ängstlichen Blick zu. Noch gut erinnerte sie sich an den Spinnenmann bei Arachnidas Gabel, der uns damals den Weg nach Kensington gewiesen hatte, als wir den Spuren Mara Manderleys gefolgt waren. Der Spinnenmann von damals hatte zu uns gesprochen. Mit einer Stimme, die viele gewesen war. Denn aus dem Knacken tausender Mandibeln hatten sich Laute geformt, die zu verstehen wir in der Lage gewesen waren.
    Doch dies hier war kein Arachnide.
    Dies hier war etwas anderes.
    Emily bemerkte, dass die Spinnen in keiner erkennbaren Formation angriffen. Wild und wie tobsüchtig krabbelten sie immer wieder in den Wirbelsturm hinein, der sie hinfortschleuderte wie zuvor. Unablässig und unermüdlich griffen sie an, während wir langsam den Leichnam des Tunnelstreichers, aus dem sich immer weitere Spinnen ergossen, umrundeten.
    »Die Spinnen verhalten sich wie das Rudel Vinshati, das uns in Waterstone Junction angegriffen hat.« Besser hätte sie meine Befürchtung wohl nicht auf den Punkt bringen können.
    Denn genau das war es, was auch mir durch den Kopf geschossen war.
    Die Spinnentiere verhielten sich wie die Vinshati.
    Blutrünstig.
    Gierig.
    »Wir müssen zum Goldhawk«, rief ich Emily zu.
    Der Sturm, der uns umgab, toste nun lauter.
    »Ich kann den Wirbel nur noch kurze Zeit aufrechterhalten.«
    Und was passieren mochte, wenn der Wirbel zusammenbrach, wollte ich mir nicht unbedingt ausmalen. Hinter der Wand aus Wind waren Boden und Wände und Decke bedeckt mit zuckenden schwarzen Leibern, die sprangen und sich abseilten und sich fallen ließen und sich neu formierten. Die Leiche des Tunnelstreichers war unter dem Teppich hungriger Mandibeln begraben worden und vermutlich in sich zusammengefallen, da alle Spinnen, die einst in ihm gelebt hatten, den Leichnam verlassen hatten.
    »Ist das Goldhawk?«, hörte ich Emily fragen und warf einen Blick nach vorn.
    Dorthin, wo sich der Tunnel öffnete.
    Eine Brücke, ähnlich der Knightsbridge, überspannte einen Abgrund, dessen Boden in den dunklen Tiefen verborgen liegen mochte. Die Wände des Raumes, der kein Ende zu haben schien, glänzten golden und grell im Licht zahlreicher Fackeln.
    Und in der Mitte der Brücke hockte der Goldhawk.
    Riesig.
    »Das ist …«
    »Der Urvogel«, beendete ich den Satz.
    Denn das ist es, was der Goldhawk ist.
    »Der Vogel Roch.«
    Schon immer ist er da gewesen.
    Seit alters her.
    Emily hatte Geschichten von diesem Wesen gehört. Abenteuer, die Sindbad der Seefahrer erlebt hatte. So kräftig sei der Vogel Roch gewesen, dass er seine frisch geschlüpften Jungen mit ausgewachsenen Elefanten und Nashörnern füttern würde. So verschlagen, dass er selbst Handelsschiffe angegriffen habe. So mächtig, dass sich selbst Kalifen seinem Willen hatten beugen müssen.
    »Was nun?«, fragte Emily.
    Die Spinnen folgten uns noch immer.
    »Wir müssen den Goldhawk versöhnlich stimmen«, erklärte ich ihr.
    »Mit den spanischen Dublonen.«
    »Sie sagen es.«
    Emily wirkte nicht sehr überzeugt, dass, was immer ich mit den Goldstücken vorhatte, auch wirklich funktionieren würde.
    In der Tat, die Spinnen erschwerten die ganze Sache ein wenig.
    Dennoch.
    Ist frisch gewagt nicht fast schon gewonnen?
    »Sehen Sie das auch?«, fragte Emily.
    »Das Ei?«
    Sie verdrehte die Augen. »Ja, das Ei!«
    »Nun«, murmelte ich.
    Das Ei jedenfalls versperrte uns den Weg. Es war riesig, und der Goldhawk, der früher

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