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Die uralte Metropole Bd. 2 - Lilith

Die uralte Metropole Bd. 2 - Lilith

Titel: Die uralte Metropole Bd. 2 - Lilith Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Marzi
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aufbrach, um die üppigen Ufer des Nils zu bereisen.
    Nach zwölf Tagen und Nächten beschwerlicher Reise durch Wüsten und Täler erreichten die Abgesandten Memphis, die Hauptstadt des Reiches. Boten des Pharaos hatten ihnen bereits in Beni Suef dessen Grüße übermittelt. Neugierig harrte Vathek der Begegnung mit dem jungen Pharao. Viele Reisende wussten von dessen jugendlicher Schönheit und Leidenschaft für die Jagd, der er sich oft hingab, zu berichten. Des Pharaos älterer Bruder, ein Hohepriester des Isis-Tempels, sei, gleich seinem Bruder, von so atemberaubender Schönheit, dass es keinen Zweifel an der göttlichen Herkunft des Herrschers geben könne.
    Doch nicht einmal die Kunde von der Schönheit des Bruderpaares konnte den Prinzen auf die Wirklichkeit vorbereiten. Während der ersten Audienz im Thronsaal des mächtigen Palastes am Ufer des Nils erlag Vathek augenblicklich dem Zauber des jungen Pharaos und dem des ihm zur Seite stehenden Bruders Smenkh-ka-Re. Jene, die ihn begleiteten, erfuhren nicht minder ein Gefühl verbotenen Verlangens, das allein der Anblick der Antlitze der beiden jungen Männer heraufbeschwor. Mit fester Stimme trug Vathek die Botschaft des Kalifen und die seines Vaters vor, sehr zum Gefallen Tut-ankh-Amens, der den arabischen Abgesandten Gemächer, Speisen und Sklavinnen von allerfeinster Güte anbot und sie bat, für die kommenden Tage sein Gast zu sein.
    So geschah es, dass Prinz Vathek und seine Gefolgschaft das Leben in Memphis zu genießen begannen. Tut-ankh-Amen, in seinem siebzehnten Lebensjahr von erstaunlicher Geschicklichkeit, was diplomatische Verhandlungen und die Löwenjagd anging, verbrachte viele Stunden mit seinem Gast aus Bagdad. Gemeinsam gingen sie auf die Jagd und frönten langen Gesprächen über Politik und das Wesen der Götter. Im jungen Pharao erkannte Vathek einen Menschen von wissensdurstigem, offenem Geist, der alsbald ein guter Freund wurde.
    In besonderem Maße verunsicherte und faszinierte Vathek jedoch des Pharaos älterer Bruder Smenkh-ka-Re, der diesen Treffen nur höchst selten beiwohnte, sich häufig in Schweigen hüllte und, wenn überhaupt, ihm nur mit seinen grünen, katzenhaften Augen zuzuflüstern schien. Nach einer Weile glitten Vatheks Blicke immer häufiger über den von einem weiten, mit Ornamenten verzierten Gewand verborgenen grazilen Körper des Priesters. Sie folgten den Bewegungen der schmalen Hände, deren glatte dunkle Haut warm im fahlen Schein der duftenden Kerzen schimmerte. In den Nächten suchten den jungen Prinzen flimmernde Träume heim, die sich einzugestehen er sich weigerte.
    Am zehnten Tage seines Aufenthalts in Memphis erschien Smenkh-ka-Re dann zu nächtlicher Stunde im Gemach des jungen Vathek. Die Schönheit des Priesters raubte Vathek Atem und Verstand, und der Rausch, in dem er sich befand, gaukelte ihm vor, er befände sich in einem seiner Träume. Im Traum berührte er das Gesicht des Priesters, starrte wie gebannt in die grünen Augen. Des Priesters heißer Atem lag auf seinem Gesicht und ließ Vathek die Augen schließen und nurmehr die warme Haut spüren. Als Vatheks Augen sich wieder öffneten, blickte er in das Antlitz Smenkh-ka-Res, dessen nackter Körper neben dem seinen lag. Erschrocken fuhr Vathek auf und wurde von grenzenloser Verwirrung übermannt, als er den Körper neben sich als den einer wunderschönen Frau erkannte.
    Sei nicht verängstigt
, hauchte die süße Stimme des Priesters.
    Wer bist du?,
fragte der junge Vathek verwundert.
    Ich bin Smenkh-ka-Re
, sagte die Frau.
Doch, wie du siehst, bin ich nicht des jungen Königs älterer Bruder.
Ihr Lächeln war reiner Zauber.
Man nannte mich Nefer-titi in der alten Zeit von Achet-Aton.
Sie küsste den jungen Prinzen.
Ich,
hauchte sie
, bin des Königs Mutter.
    Und es geschah in jener Nacht, dass Vathek vom Geheimnis des Pharaonenreiches erfuhr.
    Vor Jahren war das Land von einem Pharao regiert worden, der nicht länger den alten Gottheiten hatte dienen wollen und sich der Anbetung der Sonne verschrieben hatte. Jener Pharao war Akh-en-Aten gewesen, und er hatte die schönste und klügste Frau des Reiches zu seiner Gemahlin gemacht: Nefer-titi. Ra selbst hatte den beiden Besuche abgestattet und alles Unheil vom Reich am Nil fern gehalten. Doch die Herrschaft des Pharao hatte nicht lange gewährt. Akh-en-Aten war gestürzt worden und seither als Ketzerkönig verschrien. Sein Sohn Tut-ankh-Aton hatte die alten Götter wieder eingesetzt, seinen Namen

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