Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die uralte Metropole Bd. 2 - Lilith

Die uralte Metropole Bd. 2 - Lilith

Titel: Die uralte Metropole Bd. 2 - Lilith Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Marzi
Vom Netzwerk:
Zug. »Vathek«, fuhr er schließlich fort, »entkam der dunklen Stadt Ghulchissar und seiner Herrin Carathis. Ja, er wurde gerettet. Eine Karawane fand ihn inmitten der Wüste Nefud.« Der Gelehrte seufzte tief. »Doch damit wurde das Unheil nur weiter in die Welt hinausgetragen.«
    Die Beduinen, die den jungen Prinzen in der Wüste fanden, pflegten ihn vierzig Tage und vierzig Nächte in ihrem Lager nahe Al Jawf. Vathek war geschwächt an Körper und Seele. In seinen Träumen kehrte er nach Ghulchissar zurück und verzehrte sich nach der Herrin Carathis. Dann endlich schien er genesen und fühlte sich kräftig genug, die Reise, die er vor Wochen begonnen hatte, zu beenden. Die Beduinen brachten ihn bis Tabuk und überließen ihm eines ihrer Pferde, das ihn den ganzen langen Weg durch die arabische Wüste bis nach Memphis brachte.
    Nefer-titi vergoss Tränen der Freude, als sie Vathek in ihre Arme schließen konnte, und Tut-ankh-Amen ließ Tänzerinnen und Musikanten herbeiholen, um mit einem Fest die Rückkehr des Freundes, den man schon tot geglaubt hatte, zu feiern.
    Die Gedanken des Prinzen jedoch waren voll Trübsal. Er berichtete Nefer-titi von Ghulchissar und seinen grausigen Bewohnern. Die Priesterin erbat Hilfe von Isis und brachte Opfergaben dar. Sie betete jede Stunde, um die Schatten vom Antlitz ihres Geliebten zu vertreiben. Vathek indes wurde geplagt von einer Unruhe, die ihn des Nachts kaum schlafen ließ. Immer häufiger wanderte er ruhelos im Palast umher. Das grelle Licht des Tages bereitete seinem Kopf unsägliche Schmerzen. Bald begann er am Tage zu schlafen, und erst in den Abendstunden erwachte er zum Leben.
    Und so beschloss Vathek, einen Bericht über seine Reisen und seinen Aufenthalt am Hofe in Memphis zu verfassen. Seine Unruhe, das hoffte er, würde nachlassen, sobald er einer Tätigkeit nachging.
    Doch dann erkrankte der junge Pharao so plötzlich, dass selbst Nefer-titi darin ein böses Omen zu sehen glaubte. Tut-ankh-Amen fühlte sich schwach, und seine Augen verloren den alten lebhaften Glanz. Die vormals edle Haut des Pharaos wurde fahl und trocken. Sein dunkles gelocktes Haar wurde licht und begann auszufallen. Die Ärzte und Priester bei Hofe wussten bald keinen Rat mehr. Doch sollte es noch schlimmer kommen. Denn schon kündeten Nachrichten aus allen Teilen der Stadt Memphis von dieser Krankheit. Sie brach unverhofft aus und kannte keine Grenzen. Priester, politische Würdenträger, Arbeiter, Soldaten und Sklaven schienen gleichermaßen betroffen zu sein. Kinder und alte Menschen starben häufig in den ersten Tagen der Krankheit. Die Kräftigeren siechten dahin. Schlaflosigkeit bemächtigte sich ihrer, gefolgt von Blässe, zunehmender Schwäche und Haarausfall. Das Licht des Tages verursachte den Kranken starke Schmerzen und fleckigen Hautausschlag. Die Menschen flehten zu den Göttern und glaubten alsbald an einen bösen Geist, der über das Land gekommen sei.
    Dann erlag der Pharao der Schlafkrankheit, wie die Seuche vom Volk genannt wurde. Trauer legte sich über das Land. Tut-ankh-Amen starb im Alter von erst achtzehn Jahren und wurde in der Totenstadt nahe Theben beigesetzt.
    Einzig Nefer-titi ahnte die Wahrheit, und sie lauerte Vathek auf, um sich von seiner wahren Natur zu überzeugen. Mit verwirrtem Blick kehrte er eines Nachts in sein Gemach zurück, um sich zur Ruhe zu begeben. Seine blutroten Lippen verzogen sich zu einem spöttischen Grinsen, als er sie hinter einem Vorhang stehend bemerkte.
Geliebte
, flüsterte er und trat auf sie zu.
Du hast mich überrascht
.
    Was tust du meinem Volk an?,
schrie sie aufgebracht.
Was, im Namen der Götter, bist du?
Bevor sie fortfahren konnte, packte Vathek sie, und die Gedanken in ihrem Kopf waren die seinen.
Folge mir, zauberhafte Nefer-titi
, säuselte er in ihr Ohr. Dann spürte sie seinen Atem wie einen heißen Nadelstich auf ihrer Haut.
Sei auf ewig meine Gefährtin,
hörte sie ihn flüstern.
Auf ewig, geliebte Priesterin.
    Verletzt und wütend starrte sie Vathek an.
Nie werde ich mein Volk verraten
, schrie sie ihn zitternd und unter Tränen an, um sodann das Gemach zu verlassen.
    In den folgenden Tagen wurde Nefer-titi nicht mehr gesehen. Dann vernahm man überall in Memphis die Kunde vom Tode Smenkh-ka-Res. Der Hohepriester habe sich selbst geopfert, um Isis gnädig zu stimmen, wurde berichtet. Die Hilfe Ras habe er erbeten, doch Ra sei ihm nicht erschienen. Einzig einen Befehl hatte er zurückgelassen.
    Und als die

Weitere Kostenlose Bücher