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Die uralte Metropole Bd. 3 - Lumen

Die uralte Metropole Bd. 3 - Lumen

Titel: Die uralte Metropole Bd. 3 - Lumen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Marzi
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Plastikflasche mit Wasser wurde ihr an die Lippen gehalten.
    Sie trank.
    Schnell und gierig.
    »Sie hatten Glück«, sagte die Stimme.
    Tristan Marlowe!
    »Was haben Sie getan?« Sie konnte sich an etwas erinnern, dunkel und verschwommen.
    »Wie fühlen Sie sich?«
    »Ich lebe noch.« Sie lächelte, als ihr bewusst wurde, was sie da gesagt hatte.
    »Ja, das tun Sie.«
    Jetzt erkannte sie sein Gesicht. Müdigkeit hatte den blauen Augen den Glanz genommen, und dunkle Ränder hatten sich unter ihnen breit gemacht. »Können Sie sich daran erinnern?« Er erwähnte den Spuk und den Schuss. Die Polizisten in der Gasse.
    Emily tastete nach ihrem Bauch, wo die Kugel eingedrungen war. »Das war kein Traum.« Es war nicht einmal eine Frage, die sie ihm stellte. Lediglich ein ausgesprochener Gedanke.
    »Es geht Ihnen jetzt besser. Sie mussten bloß zur Ruhe kommen.«
    »Wo sind wir?«
    »In einer alten Kirche, die niemand mehr nutzt.«
    Emily drehte den Kopf zur Seite. Sie lag auf dem Rücken auf einer Reihe von Kissen. Plüschigen, hässlichen Kissen, die jemand von den Kirchenbänken geholt und zu einer behelfsmäßigen Schlafstatt zusammengelegt hatte. »Sind Sie das gewesen?«
    »Die Kissen?« Er musste grinsen. »Sind sie bequem?«
    Emily lächelte.
    Über ihr spannte sich ein Deckenbogen, der schlicht und elegant bemalt war mit Bildern von Engeln, die über Wolken schwebten, aus denen Schnee auf die Welt herniederfiel.
    »Maria Schnee«, erklärte Tristan Marlowe, »so heißt die Kirche. Die Jungfrau Maria soll einmal dem Papst erschienen sein und ihm aufgetragen haben, eine Kirche zu bauen, dort, wo im August Schnee fällt. König Karl IV. hat dann den Bau in Auftrag gegeben. Sie ist nie fertig gestellt worden, und jetzt steht sie leer. Außer dem Chorraum gibt es hier nichts. Nicht einmal einen Turm besitzt die Kirche. Ich habe eines der Schlösser aufgebrochen, das war nicht schwierig, und … hier sind wir nun.«
    »Haben Sie mich hierher gebracht?«
    »Wer sonst?«
    Ja, dämliche Frage, dachte sich Emily. Wer sonst?
    »Was haben Sie mit mir gemacht?« Sie erinnerte sich an seine Hände.
    Tristan kniete neben ihr, die Plastikflasche Wasser in der Hand. »Ich habe getan, was ich tun kann«, antwortete er auf ihre Frage. »Ich bin auch ein Trickster, haben Sie das vergessen? Seit meiner frühesten Kindheit bin ich dazu in der Lage, die Menschen zu heilen.« Er wirkte nicht glücklich, als er dies sagte. »Nur selten wende ich die Gabe an, denn …« Anstatt weiterzusprechen zeigte er dem Mädchen etwas. Einen kleinen Gegenstand, den er zwischen den Fingern hielt. Er glänzte silbern und fühlte sich ganz kalt an, als er ihn in Emilys Hand legte. »Sie zu fassen war nicht einfach.« Er lächelte, wie Emily ihn niemals zuvor hatte lächeln sehen. »Aber ich habe es geschafft, nicht wahr?« So wie es aussah, schien es ihn selbst zu verwundern, dass es ihm gelungen war.
    Emily betrachtete die Kugel, die in ihrem Körper gesteckt hatte. Ihre Oberfläche war ganz glatt. Nie zuvor hatte Emily etwas Derartiges in der Hand gehalten. »Seit wann sind wir hier?«
    »Seit zwei Tagen«, gestand Tristan Marlowe. »Ich konnte Sie zwar heilen, doch mussten die Kräfte von allein in den Körper zurückkehren. Und dafür benötigten Sie Ruhe.« Er fügte hinzu: »Die brauchen Sie noch immer.« Und ohne eine Antwort abzuwarten, sagte er: »Was hätte ich tun sollen? Ich bin einige Male draußen gewesen, um nach Master Wittgenstein Ausschau zu halten.« Er wirkte unzufrieden. »Doch leider ohne Erfolg.«
    »Was ist passiert?«
    »Der Laden, in dem wir uns treffen wollten, ist geschlossen worden.«
    »Warum?«
    Er zuckte die Achseln. »Polizeiangelegenheiten. Sagten mir Leute auf der Straße.«
    Was, das konnte sich Emily mittlerweile denken, nichts Gutes zu bedeuten hatte.
    »Was sollen wir jetzt tun?« Sie wollte sich aufsetzen und spürte sofort, wie ihre Kräfte nachließen. Schwindel ließ die Kirche kreisen. Sie schloss die Augen und atmete tief durch.
    »Sie müssen sich noch etwas Ruhe gönnen, glauben Sie mir.«
    Emily musste lächeln. »Sie geben sich ja richtig Mühe.«
    »Womit?«
    »Nett zu sein.«
    Er hüstelte und zog ein Gesicht. »Sie sind wichtig für das, was wir vorhaben. Master Wittgenstein hat mir aufgetragen, Sie zu schützen.« Er gab sich plötzlich alle Mühe, professionell und distanziert zu wirken. »Das ist alles.« Herausfordernd sah er sie an. »Was haben Sie denn gedacht?«
    Da war es wieder! Kaum dachte sie,

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