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Die uralte Metropole Bd. 3 - Lumen

Die uralte Metropole Bd. 3 - Lumen

Titel: Die uralte Metropole Bd. 3 - Lumen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Marzi
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sie an.
    Dann beobachtete er Tristan Marlowe.
    »Was für ein Tag«, murmelte ich.
    Mr. Fox und Mr. Wolf, die der kleinen Auseinandersetzung mit Wonne gefolgt waren, sagten nichts dazu.
    »Um es auf den Punkt zu bringen«, beendete ich die Auseinandersetzung und zitierte erneut Wun Su: »Kennst du weder den Feind noch dich selbst, wirst du in jedem Kampf unterliegen. Kennst du dich selbst, aber nicht den Feind, wirst du für jeden Sieg eine Niederlage erleiden. Kennst du jedoch den Feind und auch dich selbst, dann brauchst du den Ausgang von hundert Kämpfen nicht zu fürchten.« Ich schaute die Anwesenden an. »Was sagt uns dies jetzt? Kennen wir den Feind? Oder kennen wir nicht einmal uns selbst?« Ich rieb mir müde die Augen. »Fragen Sie mich besser nicht.« Ich ging zu einem der Regale und zog ein Buch heraus, betrachtete es. »Hope Mirless«, sagte ich und nannte den Titel: »Lud in the Mist.« Erneut schaute ich die anderen an. »Ist es ein Zufall, dass ich dieses Buch aus dem Regal gezogen habe? Oder habe ich gewusst, dass es sich genau dort befindet?« Ich stellte es ins Regal zurück. »Kennen Sie mich gut genug, um zu wissen, dass ich es gewusst habe? Oder kennen Sie mich nicht gut genug, um einen Trick zu vermuten?« Ich machte eine kurze Pause, bevor ich betonte: »Wir müssen jetzt die Ruhe bewahren. Das ist alles.«
    Tristan Marlowe sah mich nur an, und ich wusste nicht, was er in diesem Moment dachte. McDiarmid hatte mich vor ihm gewarnt, doch war McDiarmid nicht der Ränkeschmied schlechthin gewesen?
    Was mich zur nächsten bangen Frage brachte …
    Konnte ich Marlowe trauen?
    Immerhin …
    Ich war nicht blind.
    Emily Laing stand neben Adam Stewart, der sich beruhigt hatte. Und Tristan Marlowe stand auf der anderen Seite des Tisches. Mir war kaum entgangen, dass sich manche Geschichten zu wiederholen schienen.
    Ich fragte mich, ob auch Emily die Parallelen auffielen. Mia Manderley hatte Richard Swiveller geliebt, zweifelsohne. Und Martin Mushroom? Wir wussten zu wenig über ihn, waren ihm nur ganz kurz begegnet. Kein gutes Zeichen, folgt man Wun Su. Hatte er Mia Manderley vielleicht aufrichtig geliebt? Und wenn ja, wie war er dann mit der Enttäuschung umgegangen, als er hatte erfahren müssen, dass ihre Liebe nicht ihm galt?
    Tristan Marlowe beobachtete Emily und Adam, seit wir alle den Raum betreten hatten.
    Zu behaupten, dass mir dies gefiel, wäre eine glatte Lüge gewesen.
    Nun denn …
    Die Befürchtungen, die an uns allen nagten, waren zumindest einmal ausgesprochen worden.
    Dass alles noch schlimmer kommen sollte, ahnte in diesem Augenblick keiner von uns. Doch macht der grausamen Gezeiten Gang in schlechten Zeiten niemals Halt vor denen, die reinen Herzens sind. Und so wurden wir mitgerissen von den Ereignissen, die vor so langer Zeit schon begonnen hatten und in nur wenigen Tagen das Schicksal der uralten Metropole besiegeln sollten.

Kapitel 3
Kensingtons Klage
    Es war Ipy, die Sphinx, die uns in der Bibliothek aufsuchte und bat, hinunter in die ägyptische Abteilung zu kommen. Der Lordkanzler von Kensington habe sich angekündigt, und wie wir alle wussten, sollte man einen Gott nicht allzu lange warten lassen.
    Und so begaben wir uns also dorthin, wo wir schon einmal den Totengott Anubis empfangen hatten: in die ägyptische Abteilung des Britischen Museums, wo sich die einst von dichtem Staub bedeckten und heute sauber polierten Relikte längst vergessener Epochen, die Überreste untergegangener Imperien, stapeln. Sarkophage, Juwelen, Armbänder, Ohrringe und goldene Brustschilde. Bemalte Kanopenvasen, die früher die inneren Organe der Herrscher beherbergt hatten. Eine Maske aus Eisen, gefunden im Grab KV55. Lang gezogene Schiffe. Statuetten des Sonnenkönigs Akh-en-Aten. Tonscherben und silberne Kelche.
    Inmitten der Absperrungen und Vitrinen überragte die Anubis-Skulptur den gesammelten Prunk. Der große Kopf des Schakals schien spöttisch die Lefzen zu verziehen in Anbetracht all der vergänglichen Reichtümer. Wusste doch keiner besser als er, wie es im Totenreich wirklich zuging.
    Inzwischen herrschte Anubis seit Jahren schon über den Stadtteil Kensington, befehligte die wilden Werwölfe aus Yorkshire und die Schakalmenschen aus seiner alten Heimat. In dem Kristallpalast, der nach der großen Weltausstellung hinauf nach Kensington gewandert war, hatte er sein Domizil errichtet. Und dort hatten Lucifer und Lilith um Schutz ersucht.
    Als wir die Stufen zur ägyptischen Abteilung

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