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Die uralte Metropole Bd. 3 - Lumen

Die uralte Metropole Bd. 3 - Lumen

Titel: Die uralte Metropole Bd. 3 - Lumen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Marzi
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hatten.
    Daran, was Schuld war.
    Und was Vergebung.
    Reue.
    Bedauern.
    Die Welt war nun einmal eine Lügnerin, und niemand, aber auch wirklich niemand, das wusste sie nun, würde daran etwas ändern können.
    Wir lauschten den Worten des Lordkanzlers und fragten uns, wohin dies alles uns noch führen würde.
    »Der alte Himmel der Urieliten ist vollständig verwüstet.« Die Kokons waren zerstört worden, und Lucifer hatte einige schwarze Federn entdeckt, die von den Mala’ak ha-Mawet stammten. »Es gibt keinen Zweifel, dass es Gabriels wild wütende Schar war, die den Himmel am Oxford Circus bis auf die Grundfesten zerstört hat.«
    »Aber man hat keine Lichtengel gefunden?«
    Anubis schüttelte das Haupt. »Nicht einen einzigen. Keine Leichname. Keine Hinweise. Nichts.«
    Es hatte so ausgesehen, als hätten die Urieliten ihren Himmel rechtzeitig verlassen, bevor die Scharen der Mala’ak ha-Mawet über sie hatten herfallen können.
    »Warum haben sie das getan?«, dachte Adam laut.
    »Gabriel will ein für alle Mal die Fronten klären«, antwortete Anubis. »Das jedenfalls glaubt Lucifer. Es dient alles einem großen Plan, und wenn Sie die Augen öffnen, dann werden Sie ihn sehen.«
    Dass die Mala’ak ha-Mawet den Himmel am Oxford Circus angegriffen hatten, war ein überraschender Schachzug gewesen. Viel zu überraschend. »Was sollen wir jetzt tun?« Ich schaute den Lordkanzler an. »Die Lichtengel waren unsere letzte Hoffnung, etwas gegen die Mala’ak ha-Mawet ausrichten zu können.« Lucifer hätte sie anführen sollen, doch stattdessen flohen sie vor den Scharen Gabriels, hatten London womöglich bereits verlassen.
    »Es gibt keine Ehre mehr unter ihnen«, klagte Anubis. »Die Götter von einst streifen durch die Welt, und niemand ist sich mehr der Verantwortung bewusst, die auf seinen Schultern ruht. Einst wandelten wir über die Erde und halfen dabei, die Schöpfung immer wieder neu zu erschaffen, Tag für Tag. Die Engel waren ein Teil der Schöpfung, doch irgendwann geriet die alte Ordnung ins Wanken.«
    Wir kannten diese Geschichte. Lucifers Aufbegehren. Seine Flucht aus dem Himmel des allmächtigen Träumers. Er und die Seinen waren nach Pandaemonium gegangen, um ein neues Paradies zu schaffen. Doch dann brach Krieg aus, und das Paradies ging verloren und wurde zu einer Hölle, die bis heute Bestand hatte. Es war ein Krieg, der niemals beendet worden war. Der noch immer andauerte. Dessen Schlachten in den uralten Metropolen der Welt ausgefochten wurden, versteckt und heimlich und nur manchmal so offenkundig, dass man die Bedeutung dessen, was dort vorging, erahnen konnte.
    »Die Engel verführten die alten Götter zu Gier und Maßlosigkeit.« Anubis seufzte. »Nyx. Hemera. Tartarus. All die anderen Ewigen, auf deren Existenzen die großen Metropolen dieser Welt entstanden sind. Sie alle waren einmal dem allmächtigen Träumer gleichgestellt gewesen. Doch dann hatte sich etwas verändert. Die Menschen hatten sich verändert und auch die Engel. Jeder war nur mehr auf seinen eigenen Vorteil bedacht, und von diesem Augenblick an geriet die alte Ordnung ins Wanken. Engel mästeten die Ewigen mit niederen Gefühlen, um für sich selbst Vorteile herauszuschlagen. Gabriel war ihr Rädelsführer, von Anfang an. Er und die Seinen erlangten immer wieder neues Lebenslicht, weil sie dem Nyx und den anderen untertan waren. Weil sie die Ewigen ernährten, jahrtausendelang. Durch sie aber wurden die Ewigen so unersättlich, wie sie es heute sind.« Er wirkte bedrückt, und die Schakalaugen sahen in Zeiten zurück, an die sich selbst die alten Götter nur noch vage erinnern konnten. »Gabriel hat das Übel in die Welt gebracht. Er hat den eigentlichen Kampf begonnen. Und er will ihn zu einem bitteren Ende bringen. Hier in London. Jetzt.«
    »Was ist mit dem Lichtlord?«, wagte Emily zu fragen.
    »Lucifer und Lilith glauben nicht, dass Uriel die Stadt der Schornsteine verlassen hat. Sie haben sich einen Teil ihrer Hoffnung bewahren können.« Es sah nicht so aus, als teile der Lordkanzler ihre Zuversicht. »Sie haben sich auf die Suche gemacht. In der uralten Metropole. Irgendwo, glaubt Lucifer, werden die Lichtengel zu finden sein.«
    »Sie sind wirklich unsere letzte Hoffnung, stimmt’s?« Adam hatte ausgesprochen, was keiner von uns so hatte aussprechen wollen.
    »Ja«, sagte Anubis. »Sie allein besitzen die Macht, sich den Mala’ak ha-Mawet entgegenzustellen.«
    »Aber warum haben sie es nicht bereits getan?«

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