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Die uralte Metropole Bd. 3 - Lumen

Die uralte Metropole Bd. 3 - Lumen

Titel: Die uralte Metropole Bd. 3 - Lumen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Marzi
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Eros hielten, blickte stumm auf das Treiben. Weihnachten stand vor der Tür, und beinah hätte der Mann in dem Mantel laut aufgelacht. Die Menschen huldigten den neuen Gottheiten, obwohl es in vielen Teilen Londons nur mehr Tod und Verderben gab. Doch ließen sich die Blicke leicht abwenden. Das war schon immer so gewesen. Die Welt, das wusste er, würde sich niemals ändern.
    »Woran denkst du?« Die blonde Frau an seiner Seite war wunderschön, wie sie es immer schon gewesen war.
    »An alles«, antwortete er.
    Dann beugte er sich zu ihr, berührte ihr Gesicht mit seinem Atem und küsste sie.
    Wie ein Hauch aus alter Zeit.
    War dieser Kuss.
    »Was wird jetzt mit uns geschehen?« Die lastende Furcht in ihrer Stimme ließ die Schneeflocken, die ihren Atem streiften, schneller zu Boden fallen. »Wie soll es enden?«
    »Du warst das Licht meines Lebens«, flüsterte er ihr zu, »selbst als ich tot war.«
    Eine Träne glitzerte in ihrem Auge.
    Sie zwinkerte, und die Träne fiel herab.
    Wurde zu Eis, bevor sie den Boden berührte, so kalt war es in London.
    Der Mann bückte sich und hob die Träne auf.
    Hielt sie in seiner Hand.
    »Siehst du«, sagte er, »jetzt ist sie kein Eis mehr.«
    Sie küssten sich.
    Hielten einander fest.
    Dann kletterte er über die Absperrung und erklomm behände das Denkmal. Es kostete ihn keine Mühe, dort hinaufzugelangen. Er sah dem Engel aus Bronze ins Gesicht und benetzte die kalten Lippen mit der Träne, die seine Gefährtin soeben geweint hatte.
    Und der Engel, der so lange schon geschwiegen hatte, musste zugeben, dass, wenn sich auch die Welt nie ändern wollte, es gefallene Engel sehr wohl zu tun vermochten.
    Emily Laing wartete nicht einmal ab, was geschehen würde. Sie wusste nur, dass die Black Friars uns aufgespürt hatten. Wie genau ihnen das gelungen war, war ihr gleichgültig. Am Ende zählte nur, dass die beiden hier waren. Dass sie Trickster waren. Und dass, wie bei jedem Duell, es auch jetzt nur darauf ankam, wer schneller am Zuge war.
    Und so machte Emily instinktiv Gebrauch von ihrer Gabe.
    Sprang mit aller Kraft in den Verstand des einen Tricksters und verwüstete den Raum, den sie vorfand, bis zur Unkenntlichkeit. Sofort rann dem Black Friar Blut aus Nase und Ohren. Mit einem erstickten Laut kippte er vornüber und war auf der Stelle tot.
    Der andere Black Friar packte das Mädchen mit unsichtbarer Hand und warf es zu Boden. Emily stöhnte laut auf, als sie mit dem Kopf auf dem harten Steinboden aufschlug.
    Bevor ich mich gegen ihn wenden konnte, schlug er mich erneut nieder. Es war ein kräftiger Schlag, ausgeführt mit beiden Händen, die Energie und Wut in der Luft zu ballen vermochten.
    »Die Ratten haben es uns mitgeteilt«, zischte der Black Friar. »Habt Ihr etwa geglaubt, dass wir nicht mit ihnen in Kontakt stünden?« Bevor Emily etwas tun konnte, schlug er erneut zu, und sie rollte über den Bahnsteig auf die Kabine zu, die jetzt zur Abfahrt bereit an der Luke lag. »Ihr werdet unsere Pläne nicht zunichte machen.«
    Wer, in aller Welt, fragte ich mich benommen, trainiert diese Trickster? Ihre Fertigkeiten überstiegen bei weitem die meinen. Sie waren in der Lage, sich auf mehrere Personen gleichzeitig zu konzentrieren, und das war etwas, das nur den wenigsten gelang. Außerdem waren sie aufgrund ihrer Jugend viel kräftiger.
    Der Black Friar ließ von meiner Schutzbefohlenen ab und kam auf mich zu.
    »Wittgenstein«, sprach er meinen Namen aus, als sei es eine Krankheit. »Ihr seid nicht länger von Nutzen.«
    Da schlug Emily zurück.
    Schnell und mit all der Kraft einer jugendlichen Trickster.
    Der erstaunte Black Friar hatte offensichtlich nicht mit einer solch schnellen Gegenwehr gerechnet, und auch ich selbst war mehr als nur erstaunt über die Fähigkeiten meiner Schutzbefohlenen.
    Der Black Friar ging in die Knie, packte kraft seiner Gedanken das Mädchen und riss es zur Seite, sodass es mit dem Gesicht gegen die Kabine prallte.
    Emily schnappte nach Luft.
    Blut rann ihr aus der Nase, sie konnte es schmecken.
    Ihre Gedanken wisperten in meinem Kopf.
    Die Luke!
    Der Black Friar warf mir einen Blick zu, doch als er sah, dass ich regungslos am Boden lag, murmelte er: »Alter Narr!« und wandte sich wieder dem Mädchen zu. Er ging auf Emily zu, und als er über ihr stand, da war es so weit.
    Emily rollte sich wieselflink zur Seite, fort von der Kabine.
    Ich fühlte gleichzeitig den Startknopf am Armaturenbrett und die Beine des Black Friars, die ich mit

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