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Die uralte Metropole Bd. 3 - Lumen

Die uralte Metropole Bd. 3 - Lumen

Titel: Die uralte Metropole Bd. 3 - Lumen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Marzi
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aus Islington nicht, dass wir die Black Friars unter die Lupe nehmen?«
    »McDiarmid«, brachte ich es auf den Punkt, »verdächtigt viele Leute, das hat er schon immer getan.« Still wunderte ich mich, wie ähnlich ich doch meinem einstigen Lehrer geworden war. »Bisher jedenfalls haben wir nicht das Geringste herausfinden können, was die Black Friars in schlechtem Licht hätte erscheinen lassen.«
    Emily wusste, dass uns McDiarmid, der London vor zwei Jahren verlassen hatte und sich nun an einem unbekannten Ort befand, damit beauftragt hatte, die Bruderschaft von Thameslink zu beobachten, weil er die Mönche eventuell in dunkle Machenschaften verstrickt sah. Die Black Friars waren nun einmal eine in hohem Maße von schattenhaften Geheimnissen umwobene Ordensgemeinschaft, die viele Fäden in London und der uralten Metropole zog und über Kontakte zum Senat und sogar zur Regentin verfügte.
    Seit zwei Jahren hatte ich ein Auge auf die Black Friars geworfen und nichts entdecken können, was auch nur den Hauch eines Verdachts gerechtfertigt hätte. Im Gegenteil. Die Bruderschaft sorgte sich um das Wohl der uralten Metropole, und viele der Mönche halfen der Metropolitan bei ihren Ermittlungen. Man sagte ihnen zwar weitreichende Einflüsse auf die Politik des Senats nach, doch schienen all ihre Handlungen das Wohl der uralten Metropole zum Ziel zu haben.
    »Vielleicht hat McDiarmid die Falschen verdächtigt.«
    Emily schwieg.
    »Ja, vielleicht.«
    Überzeugt war sie davon nicht.
    Sagte man nicht sogar Miss Monflathers Kontakte zu den Black Friars nach?
    »Die Nebel sind das vorrangige Problem. Im Augenblick.«
    Unruhig schnüffelte Lady Mina erneut im Wind. Etwas folgt uns.
    Wir blieben stehen.
    Lauschten.
    »Ich kann nichts erkennen.«
    Flackernde Neonröhren erhellten den Tunnel und tauchten alles in unwirklich kühles Licht.
    Es riecht wie Regen, der in die Themse fällt.
    Wenn man vom Unheil spricht …
    »Nebel?«
    Könnte sein.
    »Na, bestens!«
    Wir beschleunigten unsere Schritte, warfen allzeit wachsame Blicke zurück.
    Unbehelligt gelangten wir schließlich nach Notting Hill Gate, zu jenem eisernen Tor, das seit Jahrzehnten schon nicht mehr geschlossen worden war und Gäste in die Grafschaft von Notting Hill eintreten ließ. Narrengesichter prangten an den beiden Torflügeln und schenkten den Reisenden ein so wohlwollendes Grinsen, als sei das ganze Leben eine einzige Zirkusvorstellung.
    Zwei Tunnelabzweigungen entfernt lag unser eigentliches Ziel.
    »Portobello Market«, erklärte ich Emily, »ist der Ort, an dem sich alles trifft, was Geschäfte abzuschließen gedenkt in dieser Gegend.« Es war ein Hafen, tief unter Pembridge Crescent und den Ladbroke Square Gardens gelegen. Die uralten und äußerst breiten Kanäle, die vor mehr als hundert Jahren in diesem Teil der Stadt angelegt worden waren, um die Abwässer aus den Kloaken vom North End hinunter zur Themse zu leiten, konnten bei niedrigem Wasserstand sogar mit Schiffen befahren werden, und die Queensdale-Gilde hatte zu Beginn des neuen Jahrhunderts unter der Schirmherrschaft Adam Waynes, zu seiner Zeit seines Zeichens Bürgermeister von Notting Hill, jenen Hafen ausbauen lassen. Künstler aus der Gegend um die Uxbridge Street hatten die Tunnelwände mit vielfältigen Motiven bemalt, sodass alles bunt und einladend wirkte.
    »Deswegen der Name.«
    Portobello.
    Manchmal gelangten sogar Schiffe, die sich in ihren Jugendjahren in der Karibik herumgetrieben hatten, in diese Gegend, segelten mit den Fallwinden aus den Abwässerkanälen nach Notting Hill zum Portobello hinein und löschten dort die Waren, die einen so langen Weg über die wogenden Weltmeere hinter sich gebracht hatten. Manche der Schiffe, die Emily die Themse hinauf hatte schippern sehen, lagen hier unten vor Anker und warteten darauf, erneut in See stechen zu dürfen.
    »Auch Dienstleistungen werden an den Ständen vermittelt«, teilte ich Emily mit. »Es ist durchaus möglich, dass an diesem Ort jemand den Botenjungen für den Auftrag angeheuert hat.«
    Emily sah sich staunend um.
    Die Kanäle, die in einer riesigen Grotte mündeten, bildeten ein Hafenbecken. Stände und Geschäfte waren auf den Kai-Anlagen und dahinter errichtet worden, und es wurde feilgeboten, was London hergab. Gewürze aus Indien und Stoffe aus Trinidad, Nippes aus St. John’s Wood und Möbelstücke aus Maida Vale. Straßenmusiker ließen ihre Melodien vom Wind, der vom Wasser her kam, forttragen, und Emily musste

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