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Die uralte Metropole Bd. 3 - Lumen

Die uralte Metropole Bd. 3 - Lumen

Titel: Die uralte Metropole Bd. 3 - Lumen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Marzi
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Pestgruben?«
    »Existieren noch immer.«
    Die bekanntesten Pestgruben gab es in der Goswell Street, Shoreditch, der Bishopsgate Street und Moorfield. Dunkle Gruben, die man zugeschüttet hat, sobald sie voll waren.
    »Wenn es Stadtteile ohne U-Bahnhöfe gibt, dann liegt das meistens daran, dass Arbeiter beim Tunnelgraben auf Pestgruben gestoßen sind und der Tunnel umgeleitet werden musste.«
    »Gibt es keine Verzeichnisse?«
    »Es gibt Pläne, doch hat sich niemand die Mühe gemacht, alle Gruben zu erfassen.«
    »Und hier?«
    »Gibt es einige Pestgruben. Die Gewölbe, die unter uns liegen, reichen bis tief hinab in die uralte Metropole.«
    Emily betrachtete den Steinboden zu ihren Füßen mit anderen Augen.
    Die Geschichte, sagte Lady Mina, ist aber noch nicht zu Ende. Im Jahre 1666 zerstörte das große Feuer die meisten Häuser in London. Doch niemand kannte den Grund für das Feuer.
    Emily hatte viele Bücher gelesen, in denen das große Feuer eine Rolle spielte. Es war eine der schlimmsten Zeiten in der Geschichte der Stadt gewesen und hatte zur Verschleierung einiger Missetaten beigetragen, die sich in jenen Tagen ereignet hatten.
    Die Ratten hatten sich eines Nachts in den Katakomben von Barking Abbey versammelt und nach einer Lösung für das Leiden gesucht, das die Stadt so fest in ihrem Griff hielt. Man hatte beschlossen, die Lady Pasteurella Pestis in eine der Gruben zu locken und diese dann zu verschließen, auf dass die schwarze Krankheit niemals wieder über das Angesicht der Erde würde wandeln können.
    »Was haben die Ratten getan?«
    Sie haben die Stadt in Brand gesteckt und Gerüchte gestreut.
    »Gerüchte?«
    Lady Mina nickte. Ja, sie erzählten davon, dass es in der Erde Gruben gäbe, von denen die Menschen keine Kenntnis besäßen. Dort würden alle Ratten Zuflucht vor den Flammen finden. Sagte man jedenfalls. Dann zündeten einige besonders mutige Ratten die Bretterbuden im Süden der Stadt an, und die Flammen fraßen sich ihren Weg durch die Straßen und Gassen und vertilgten alles, dessen sie habhaft werden konnten. Sie lächelte. Und die Lady Pasteurella Pestis, die jegliches Feuer verabscheute, folgte ihren Freunden, den verräterischen Ratten, hinab in die Gruben, die nichts anderes als Fallen waren.
    »Und dort«, gab ich zu bedenken, »ist sie auch heute noch gefangen.«
    Emily, die nicht wusste, was sie von der ganzen Geschichten zu halten hatte, schaute von einem zum anderen. Skeptisch, wie es nun einmal ihre Art ist. »Das ist die Wahrheit?«
    Es ist das, was man sich seit hunderten von Jahren erzählt.
    »Das«, verbesserte ich meine Stiefschwester, »was die Ratten sich seit hunderten von Jahren erzählen.«
    Gibt es da einen Unterschied?
    Musste ich darauf antworten?
    Lady Mina stellte die Ohren auf. Jedenfalls ist dies hier die Gegend, in der sich, so munkelt man, viele der vergessenen Pestgruben befinden.
    »Manche der Gruben sind bekannt, andere nicht.« Ich konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen. »Harvey Nichols ist auf einer der bekannten Gruben erbaut worden.« Das exklusive Bekleidungsgeschäft an der Ecke Knightsbridge und Sloane Street hatte nicht noch ein Stockwerk tiefer in den Boden gebaut werden können, weil man dann mitten in einer Pestgrube gelandet wäre. »Was soll man sagen?« Exklusives von Dior und Armani über Verrottetem und Knochenbergen. »Modeopfer und Pestopfer, nie waren sie näher beieinander.«
    Emily, die das fünfstöckige Gebäude nur von außen kannte, dachte, dass doch jedes Gebäude in London seine Geheimnisse besitzt.
    Seit jenen Tagen jedenfalls, beendete Lady Mina ihre Geschichte, erzählen die Ratten ihren Kindern von der Lady Pasteurella Pestis, die noch immer in den Gruben lebt und nur darauf wartet, sich unvorsichtige Rattenkinder zu schnappen, um sie sodann für ihre Dienste einzuspannen.
    »Eine wirklich nette Gutenachtgeschichte für die Kleinen.« Erst jetzt, nachdem Lady Mina ihre Geschichte beendet hatte, wurde Emily bewusst, dass sie seit bestimmt einer Viertelstunde nicht mehr an Eliza Holland, Pilatus Pickwick und all die anderen unglückseligen Verbindungen gedacht hatte, die so schwer auf ihrem Herzen lasteten.
    Doch Ablenkung hat, wie viele Dinge im Leben, auch ihre Schattenseiten.
    Das Herannahen des Nebels bemerkten wir nämlich erst, als die Lichter, die weiter vorn den Tunnel beleuchteten, nach und nach von einer grauen Dunstwand verschluckt wurden.
    Unsere Nachforschungen waren also jemandem ein Dorn im Auge.
    »Was

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