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Die uralte Metropole Bd. 3 - Lumen

Die uralte Metropole Bd. 3 - Lumen

Titel: Die uralte Metropole Bd. 3 - Lumen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Marzi
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einem der Rohre Platz.
    Lady Mina, die auf einem Grabstein hockte, spitzte neugierig die Ohren.
    »Das Schiff war ein Dreimaster aus Inverness.«
    Die Bonnie Prince Charlie.
    »Die Insel, die vor uns auftauchte, war von dichtem Dschungel bedeckt, der sich an einen steilen Berg schmiegte, der, einem Totenschädel ähnlich, aus dem Grün ragte.«
    Juzur Kediet Kharâb, so hatte der islamische Historiker Ibn Chaldun die Insel benannt. Auf den wenigen Seekarten, die von diesen Gewässern existierten, war der Fleck, der wie ein abgebrochener Zahn aus dem türkisblauen Meer herausragte, nur ein winziger Punkt.
    »Die Insel, die vor uns lag, war jedoch riesig.« Neil wurde unruhig, als er mit der Geschichte fortfuhr. »Dr. Munkhouse, der Schiffsarzt, der einiger Sprachen mächtig war, klärte uns über die Bedeutung der Worte auf, die Kapitän Gardiner uns genannt hatte. Juzur heißt Insel, Kediet ist die islamische Bezeichnung für Berg, und Kharâb steht für Wüste, was seltsam anmutete, war die Insel doch über und über mit dicht gewachsenem Grün bedeckt.«
    Die Bonnie Prince Charlie jedenfalls lag in einer Bucht im Süden der Insel, wo ein breiter weißer Sandstrand verheißungsvoll in der prallen Sonne glänzte. Die Segel des Schiffes waren gehisst, baumelten aber schlaff und vom Sturm und den Windwichten zerrissen in der lauen Brise des Nachmittages.
    »Da wir weder auf unsere Funksprüche, die nichts als ein lautes Knistern waren, noch auf lautes Zurufen eine Antwort erhalten hatten, setzten wir zwei Beiboote aus, die hinüber zur Bonnie Prince Charlie ruderten.«
    »Lassen Sie mich raten«, grummelte ich, »die Mannschaft fand das Schiff verlassen vor.«
    »Nicht das geringste Lebenszeichen fanden wir vor.«
    Bis hierher schien es die klassische Geisterschiffgeschichte zu sein. »Was geschah dann?«
    »Wir gingen an Land und errichteten ein Camp am Strand, von wo aus kleine Trupps ins Innere der Insel aufbrachen, um nach der Mannschaft des schottischen Schoners zu suchen.«
    »Und?«
    »Nach zwei Tagen kehrte einer der Suchtrupps mit einem Mann zurück, den sie völlig entkräftet am Fuße des Berges gefunden hatten.« Neil rieb sich die müden Augen und fuhr sich mit der Hand durchs Haar. »Damit«, flüsterte er, »begann das Übel, dem am Ende die gesamte Mannschaft der Pequod zum Opfer fiel.«
    »Wer war der Mann?«
    »Ein Black Friar.«
    Konnte dies möglich sein?
    »An Bord eines schottischen Schoners?«
    »Bruder Holcroft, das war der Name, den er uns nannte.«
    Emily und ich tauschten Blicke.
    »Es gibt keine Zufälle«, sagte ich nur.
    Bat den Jungen fortzufahren.
    »Bruder Holcroft erklärte uns, dass er sehr bewandert war in der Kunst der Kartographie und dass er die Mannschaft der Bonnie Prince Charlie begleitet habe, um im Auftrag seines Ordens detaillierte Seekarten dieser uralten Gewässer anzufertigen.«
    »Ist das überhaupt möglich?«, fragte ich.
    Neil zuckte die Achseln. »Bruder Holcroft jedenfalls behauptet es.«
    Dann hatte er berichtet, was der Mannschaft der Bonnie Prince Charlie widerfahren war. Kapitän McGregor, so Bruder Holcroft, sei in Juzur Kediet Kharâb an Land gegangen, weil er die Insel hatte erkunden wollen. In der ersten Nacht sei dann ein dunkler Nebel aus dem Dschungel gekommen und habe die Mannschaft angegriffen.
    »Ein dunkler Nebel?«
    »Nebula mala, so hat er ihn genannt.«
    »Fahren Sie fort.«
    »Der Nebel sei in die Mannschaft gefahren, habe sie befallen wie eine Krankheit und habe sie dann allesamt in den tiefen Dschungel geführt, von wo sie nicht wieder zurückgekehrt seien. Er selbst sei gestürzt und habe das Bewusstsein verloren, und als er wieder zu sich gekommen sei, da habe er keinen der anderen mehr entdecken können. Zum Schiff sei er zurückgerudert und habe den Notruf gesendet und sich dann auf die Suche nach den anderen gemacht.«
    »Eine wirklich unglaubliche Geschichte«, stellte ich fest.
    Emily gab aber zu bedenken: »Hat die Pequod den Notruf nicht erhalten, als sie noch in normalen Gewässern fuhr?« In der uralten Metropole jedenfalls war es nicht möglich, Telefonate hinauf nach London zu führen. »Warum habt ihr den Funkspruch empfangen können, wenn er ihn von einer Insel in der uralten See aus gesendet hat?«
    »Es war eine Falle«, antwortete Neil, »doch das erfuhren wir erst später.«
    Bruder Holcroft wirkte am ersten Tag sehr verwirrt und verängstigt. Gregory Gardiner, der ein misstrauischer und umsichtiger Kapitän war, sah

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