Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die uralte Metropole Bd. 3 - Lumen

Die uralte Metropole Bd. 3 - Lumen

Titel: Die uralte Metropole Bd. 3 - Lumen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Marzi
Vom Netzwerk:
jedenfalls keine weitere Veranlassung, auf der seltsamen Insel zu verweilen.
    »Und so stachen wir erneut in See. Mit Bruder Holcroft an Bord.«
    »Doch hier endet die Geschichte nicht.«
    »Nein, leider nicht.« Der Junge schluckte und atmete durch. »Denn etwas war an Bord gekommen. Etwas, das in der Nacht aktiv wurde.« Nur ungern erinnerte er sich daran. »Wir fanden den Maat am Morgen des nächsten Tages. Zwischen zwei Fässern auf dem Achterdeck lag er, und in seinen Augen bewegte sich etwas, das wie schmutziger Rauch aussah. Der Mann schien zu schlafen, und nicht einmal die Bemühungen des Doktors brachten ihn wieder zu Bewusstsein. Er dämmerte vor sich hin, und alles, was wir tun konnten, war, den Gischtgeistern bei ihren wilden Tänzen vorn am Bug zuzuschauen.«
    Während die Pequod also den Weg aus der uralten See hinaus suchte, erkrankten weitere Männer. Immer schwammen die seltsamen Nebel in den leeren Augen der Matrosen.
    »Bruder Holcroft, der wieder vollständig bei Sinnen war, berichtete Kapitän Gardiner davon, dass in einer Höhle, die er mitten im Dschungel entdeckt habe, uralte Schriftzeichen die Wände bedeckt hätten. Ein Mann namens Varuna habe sie verfasst, und die Nebel, so sagte er uns, seien böse Wesen und so lebendig, wie die wilden Tiere es waren.«
    »Die Nebel«, brachte ich es auf den Punkt, »waren also an Bord der Pequod gekommen.«
    Neil nickte. »Als wir die uralte See verließen und die ersten Tümmler uns begleiteten, da krochen die Nebel aus dem Inneren des Schiffs ans helle Tageslicht und fielen über den Rest der Mannschaft her. Es ging so schnell, dass ich Hals über Kopf über Bord sprang und mir das Beiboot schnappte, das die Pequod hinter sich herzog.«
    »Was geschah mit der Crew?«
    »Die war bald wieder bei Bewusstsein.«
    »Wie das?«
    »Ich sah, wie die Männer, die ich seit einem Jahr kannte, über Deck wankten und ihrer Arbeit nachgingen. Bruder Holcroft stand mitten unter ihnen und rief ihnen Befehle zu.«
    »Sie meinen, die Männer, die den Nebel in sich trugen, waren dazu in der Lage, Befehle zu empfangen?«
    »Ja.«
    Unruhig lief ich zwischen den Grabsteinen hin und her.
    »Was, glauben Sie, ist dort geschehen?«, wollte ich schließlich von dem Jungen wissen. Denn wenn die vom Nebel Befallenen dazu in der Lage waren, Befehle auszuführen, dann … Dachte man diesen Gedanken zu Ende, dann wurde er begleitet von Bildern, die ein London zeigten, das in neuen blutigen Unruhen erblühte. »Hat Holcroft bemerkt, dass Sie fliehen?«
    »Ja.«
    »Was hat er getan?«
    »Nichts.« Der Junge wich meinem Blick nicht aus. »Als die Strömung mich von der Pequod forttrieb, da sah ich ihn an der Reling stehen. Ganz ruhig war er. Bruder Holcroft war der neue Kapitän der Pequod geworden.« Die Worte kamen, wie die Erinnerung, nur mit Widerwillen hervor. »Aus der Ferne sah ich, wie Nebel den Mönch umgaben und ihm um die Hände zu fließen schienen.«
    Nachdenklich kramte ich in meiner Manteltasche nach einem Stein, den ich allzeit bei mir trug. Ein grauer Bilderjaspis, in Form einer Kugel. Ich ließ den Stein vor mir in der Luft schweben, betrachtete das Muster und versuchte mich zu konzentrieren. »Kann es sein, dass Holcroft kaum nautische Kenntnisse besaß? Dass er die Mannschaft brauchte?«
    »Ja.«
    Dann war es klar, was dort vorgegangen war. »Die Menschen, die den Nebel in sich tragen, können zwar Befehle ausführen, aber nicht eigenständig denken. Es muss jemand da sein, der sie führt.«
    Emily schaltete sich ein: »Und weil der Rest der Mannschaft die Pequod auf Kurs halten musste, haben die Nebel gewartet, bis das Schiff die uralte See hinter sich gelassen hatte.«
    Neil trat mit dem Stiefel gegen das Rohr, das laut schepperte. »Die Pequod hat die Nebel nach London gebracht.«
    »Warum hat Holcroft dich ziehen lassen?«
    Neil zuckte die Achseln. »Er dachte wohl, dass ich sowieso sterben würde.«
    »Und warum sind die Nebel dir nicht gefolgt?«
    Nebel, meldete sich Londons Efeu zu Wort, können nur kurze Distanzen über den Wassern zurücklegen.
    »Deswegen haben die Nebel ein Schiff benötigt.«
    Der Junge wirkte unsicher, doch dann sprach er aus, was er seit Monaten schon dachte. »Ich glaube, dass Bruder Holcroft von Anfang an auf der Insel gewesen ist. Er hatte die kalten Augen eines Lügners und das windige Lächeln eines Betrügers.«
    »Du glaubst, er hatte auch das andere Schiff in die Falle gelockt?«
    »Es wäre doch möglich.«
    »Am Ende«, fasste

Weitere Kostenlose Bücher