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Die uralte Metropole Bd. 4 - Somnia

Die uralte Metropole Bd. 4 - Somnia

Titel: Die uralte Metropole Bd. 4 - Somnia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Marzi
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Sawyer.
    Die Schlafwandler, die ihm zu nahe kamen, fegte ich beiseite. Die Wendigo indes lösten sich in Schneegestöber auf, wehten weiter und nahmen erneut Gestalt an.
    »Gegen die Wendigo vermag ich wenig auszurichten«, gab ich zu. »Sie sind seltsam.«
    »Na klasse.«
    Jake sprang keuchend zu uns in den Orchestergraben.
    Er warf einen Blick zurück, schnappte nach Luft. Dann
hielt er den Kopf des Schakals in die Höhe und berührte damit die Tür.
    Ein leichtes Knistern erklang und dann …
    … passierte nichts.
    Nichts.
    Schon wieder!
    »Was jetzt, verdammt noch mal!«
    Jake hielt den Knauf erneut vor sich und berührte damit die Tür.
    Nichts.
    »Bitte, sagen Sie jetzt nicht, dass wir einen Zauberspruch oder etwas Ähnliches benötigen, um diese Tür zu öffnen. Dafür fehlt uns nun wirklich die Zeit.«
    Das Meer hungriger Leiber näherte sich.
    Unaufhaltsam.
    Ich zuckte die Achseln. Dachte an die vielen Filme, die ich damals gesehen hatte.
    Wie gelangte man am schnellsten nach Kansas? Indem man die roten Schuhe zusammenschlug und sich ganz fest wünschte, dorthin zu gelangen. Indem man es sich von ganzem Herzen wünschte.
    »Rote Schuhe«, sagte ich.
    Scarlet starrte mich an, als hätte ich den Verstand verloren. »Was meinen Sie damit?«
    »Wir benötigen rote Schuhe?«, fragte Jake nachdenklich.
    »Ja.«
    Jake starrte auf den Säbel, an dessen Ende der silberne Knauf funkelte. »Wir haben die roten Schuhe, aber die roten Schuhe allein bringen einen noch lange nicht nach Kansas.«
    »Mistress Atwood?«
    Ich reagierte nicht, konzentrierte mich stattdessen auf den
Kronleuchter, der den Saal beherrschte. Er begann zu wanken, er schaukelte, und die Schrauben lösten sich aus der Decke. Dann, mit einem Bersten aus Eis und Metall, stürzte er in die Tiefe und begrub eine Reihe von Schlafwandlern und Wendigo gleichermaßen unter sich.
    »Das verschafft uns ein wenig Zeit«, presste ich mühsam hervor.
    »Wir haben die roten Schuhe.« Scarlet schaute auf. »Was hat der Kojote sonst noch getan?«
    »Er hat die Tür geöffnet«, sagte ich. »Aber nicht, um sich selbst zu retten. Er kümmerte sich um das Wintermädchen. Er hat sich gewünscht, dass Virginia Dare in Sicherheit gelangt.«
    Scarlet nickte. Sie spürte Tränen in den Augen. Keanu Chinook hatte die Tür für sie geöffnet. Er hatte sie in Sicher heit gewünscht.
    Jake starrte den Schakalkopf an. »Das Ding ist wertlos. Die roten Schuhe sind wertlos ohne den richtigen Wunsch.« Er trat vor, berührte die Tür und ließ die Hand ruhig auf dem warmen Holz liegen. Dann fasste er den Knauf an und drehte ihn zur Seite.
    Das Schloss klickte.
    Und die Tür war offen.
    »Wo möchten Sie hin?«, fragte ich Scarlet.
    Ein junger Schlafwandler sprang von oben in den Orchestergraben hinein. Er fletschte die Zähne, und in diesem Moment kamen Scarlet sogar die Wendigo menschlicher vor. Jake wirbelte herum und schlug mit dem Gehstocksäbel nach ihm. »Geht hindurch!«, rief er uns zu. »Nun macht schon!«
    Scarlet zögerte noch.

    »Ich komme als Letzter nach«, rief er und drosch auf den Schlafwandler ein. Er stach zu.
    Der Schatten eines Wendigo fiel auf Jake. Dieser ließ sich zur Seite fallen, und der Wendigo schnappte nach dem Schlafwandler, riss ihn zu Boden, und beide rutschten zwischen den Instrumenten hindurch in die andere Ecke des Grabens.
    Scarlet stand wie angewurzelt da.
    »Jake!«, schrie sie.
    Ein Schlafwandler tauchte hinter ihm auf, dann noch einer. Ein Wendigo riss ihm die Füße weg, so dass er stürzte. Instinktiv schlug Jake ihm die Klaue mit dem Säbel ab. Die Schlafwandler warfen sich jetzt auf den verletzten Wendigo, so dass Jake davonkriechen konnte.
    Meine Güte.
    Sie wurden immer mehr.
    Jake kam auf die Füße, stolperte auf die Tür zu.
    Er packte Scarlet und küsste sie.
    Es war ein schneller Kuss, in Eile und doch aus tiefstem Herzen.
    Ihre Blicke trafen sich, viel zu kurz nur.
    Dann, als der Schatten eines Wendigo ihn quälend langsam umarmte, stieß er sie einfach hinter mir durch die Tür.
    »Passen Sie auf sie auf, Mistress Atwood!«
    Scarlet wollte noch etwas sagen, streckte die Hand aus. Sie schrie laut seinen Namen, doch schon schlug die Tür zu, und Jake Sawyer war fort.

KAPITEL 3
    HEXENJAGD
    Die Tür war noch da, aber sie ließ sich nicht mehr öffnen. Scarlet presste ihr Gesicht dagegen und lauschte. Sie hörte keine Stimme, spürte kein Lied, sah nicht die Sterne, trotz derer ihre Nacht so finster war. Jake Sawyer war fort. Sie

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