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Die uralte Metropole Bd. 4 - Somnia

Die uralte Metropole Bd. 4 - Somnia

Titel: Die uralte Metropole Bd. 4 - Somnia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Marzi
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Alters.
    Die Buchrücken staubiger Lexika, dünner Gedichtbändchen und flacher Atlanten beobachteten den Besucher. Es gab schwere Bibeln mit Gold- und Silberprägungen und uralte Werke, deren handgeschriebene, kunstvoll verzierte Schriftzüge nicht mehr erkennbar waren. Dazwischen standen die glänzenden Ausgaben moderner Romane, Taschenbücher und gebundene Ausgaben.

    Es roch nach Papier und Gilb und brüchigem Leder und gebeiztem Holz und der wohligen Wärme der Gedanken so vieler Leser.
    Zwei mit grünlichem Plüschpolster bezogene, uralte Stühle standen neben dem Tresen, auf dem eine riesenhafte Registrierkasse thronte. Jedes Mal, wenn ein Kunde etwas kaufte, dann klingelte sie womöglich und ratterte lautstark. Eine junge Frau stand hinter der Kasse und betrachtete uns neugierig. Als sie Scarlet erblickte, sah sie mehr als nur überrascht aus.
    »Meine Güte«, entfuhr es ihr, und sie wurde so bleich, als habe sie ein Gespenst erblickt. Sie trug die lockigen roten Haare lang, eine Strähne fiel ihr ins Gesicht und verdeckte ein Auge vollständig. »Sie sehen aus wie er.«
    Ein junger Mann mit pechschwarzem Haar lugte um eine Ecke. Auch er schien Scarlet zu erkennen. Auch er wirkte seltsam erstaunt, sie hier zu sehen.
    Die junge Frau mit den roten Haaren wirkte jedenfalls vollkommen und über alle Maßen überrascht. »Wenn er nur wüsste, dass …« Sie kam einen Schritt näher. »Kann es denn wirklich sein …?«
    »Mrs. Marlowe?«, fragte ich.
    Die junge Frau nickte, trat hinter dem Tresen hervor. Langsam kam sie auf uns zu. »Ich bin Emily Marlowe«, stellte sie sich vor. Sie konnte den Blick nicht von Scarlet lösen. Auch Scarlet bemerkte das. Sie schaute sie an, als wäre ihr jetzt alles klar, was immer das auch sein mochte.
    »Mièville schickt uns her«, sagte ich.
    Der junge Mann verließ die Regalreihe und ging zur Tür, spähte vorsichtig nach draußen.
    »Es ist uns niemand gefolgt«, sagte ich.

    »Ich bin Tristan«, sagte der junge Mann und warf uns einen Blick über die Schulter zu. »Tristan Marlowe.«
    »Anthea Atwood.«
    Buster Mandrake .
    »Scarlet Hawthorne.«
    Emily Marlowe starrte sie an, als erblicke sie wahrhaftig einen Geist. »Sie sehen aus wie er«, stammelte sie erneut, als könne sie es gar nicht fassen, sie hier zu sehen. »Wie, sagten Sie, ist Ihr Name? Hawthorne?«
    »Ja.«
    »Wer ist Ihre Mutter?«
    Scarlet sagte es ihr.
    Emily Marlowe atmete tief durch. Sie sah ihren Mann an. »Sie ist es«, entfuhr es ihr. »Sie ist es wirklich.« Sie hielt sich die Hände vor den Mund. »Meine Güte, Sie sehen aus wie er, wirklich, das tun Sie.«
    »Wie wer?«, fragte Scarlet.
    »Mortimer Wittgenstein«, sagte Emily. »Sie haben seine Augen. Er muss Ihr Vater sein. Der Name Ihrer Mutter …« Sie stockte.
    Wittgenstein? Erst jetzt fiel Scarlet auf, dass ihre Mutter niemals seinen vollen Namen erwähnt hatte. Wittgenstein, glaubte Scarlet sich zu erinnern, war jedoch der Mädchenname ihrer Mutter gewesen. Rima Maria Wittgenstein. »Sie kennen meinen Vater?« Wie seltsam diese Frage doch klang. Hier stand sie nun und sah sich einer jungen Frau gegenüber, die womöglich den Mann kannte, den zu kennen sie selbst sich ihr ganzes Leben lang gewünscht hatte. Sie hatte damals am Ufer des Flusses gestanden, hinaus nach Liberty Island geschaut und sich gefragt, ob es irgendwo da draußen jemanden gäbe, der wie sie selbst war.

    »Ja, ich kenne Ihren Vater.« Emily Marlowe lächelte, nur kurz. »Wir sind uns gelegentlich über den Weg gelaufen, könnte man sagen.«
    Tristan Marlowe schloss die Tür hinter sich und verriegelte sie sorgsam.
    »Wir suchen ihn.« Scarlet betrachtete die junge Frau. Die Gewissheit, dass die Unbekannte ihren Vater kannte, machte sie ein wenig neidisch auf sie. Emily Marlowe mochte ein wenig jünger sein als sie selbst, Scarlet schätzte sie auf Anfang zwanzig. Sie sprach unverkennbar mit englischem Akzent, einem Hauch von Cockney, wie vorhin auch Mièville.
    »Ich wusste nicht, wer Sie sind«, sagte Emily Marlowe. »Ich hörte nur, dass Sie im Paramount-Theater waren. Dass Lady Solitaire versucht hat, Sie zu töten. Sie will nicht, dass Sie ihn finden.« Sie hustete. »Ihren Vater, meine ich.« Dann huschte ein Schatten über ihr Gesicht. »Meine Güte, er weiß gar nicht, dass es Sie gibt. Wittgenstein hat mir die Geschichte erzählt. Vor zwei Jahren. Ja, Sie müssen Rimas Tochter sein. Sie sehen wirklich aus wie er, das Gesicht, die Art, wie Sie sich bewegen.« Sie

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