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Die uralte Metropole Bd. 4 - Somnia

Die uralte Metropole Bd. 4 - Somnia

Titel: Die uralte Metropole Bd. 4 - Somnia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Marzi
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die vorhin noch geschlafen hatten, waren jetzt erwacht.
    Sie standen im Raum und hatten ihre Schwingen eng an den Körper angelegt. Sie sahen uns neugierig an, und ihre Köpfe zuckten ein wenig wie die Köpfe von Vögeln, wenn sie fraßen. Sie waren wunderschön und ganz furchtbar zugleich anzuschauen. Flammen loderten in ihren Augen.
    »Wir sind Lichtengel«, sagten sie warnend mit Stimmen, die wie Lieder von Cole Porter und Gershwin klangen, »schau uns nicht zu lange in die Augen, sonst wird dich das Feuer verbrennen, tief in dir drinnen.«
    Scarlet fragte sich, ob es das auch im Traum tun würde, sagte aber nichts. Sie wusste plötzlich nicht mehr, wie man mit einem Engel redete.

    Lucifer und Lilith waren ebenfalls dort. Virginia Dare nicht.
    »Lasst uns nach draußen gehen«, schlug Lucifer vor. »Dort sind die anderen bereits versammelt.«
    »Sind das hier unsere Körper?«, fragte ich neugierig und betrachtete meine Hände.
    »Ihrer beider Körper sind in dem anderen Plaza «, antwortete Lilith. »Virginia achtet auf sie.«
    »Hm«, war alles, was ich dazu sagte.
    Scarlet fühlte sich unbehaglich.
    Wir folgten Lucifer durch die langen Korridore, die Treppen aus Marmor hinab, an den hohen Pflanzen vorbei. Im Palm Court gab es einen Lebensbaum, und auch hier, im Traum, waren überall die Kinder mit den Spiegelscherbenaugen anzutreffen. Für einen Moment fragte sich Scarlet, ob sie sich überhaupt in den Traumgefilden befand oder ob sie einfach nur den gleichen Weg zurückging, den sie eben gekommen war.
    Wir ließen die Rezeption zu unserer Linken liegen.
    Dann traten wir nach draußen.
    Ein dunkelroter Himmel war das Firmament über dem Central Park. Die Park Avenue war verwaist, ebenso die Stadt. Scharen von Engeln flogen am Himmel, und in ihren Händen hielten sie glühende Schwerter.
    »Wir werden das verlorene Paradies wiederfinden«, sagte Lucifer, und seine Stimme war jetzt die Stimme eines Kriegers. In seinem Gesicht tauchten Bilder auf, bunte Tätowierungen, wie Scarlet sie sonst nur bei den übrigen Engeln gesehen hatte. »Wir sind bereit.«
    Scarlet sah mich besorgt an.
    Beruhigen konnte ich sie nicht.

    Drüben, am Horizont, verdunkelte sich der Himmel. Es sah so aus, als flösse pechschwarze Tinte in das Rostrot des Sonnenuntergangs hinein. Dann erkannte Scarlet, dass es sich um Kreaturen handelte. Sie näherten sich. Sie sahen aus wie Menschen, die zu mehreren Bildern verschwammen.
    »Das sind die Dreamings«, erklärte Lilith. »Sie haben bemerkt, dass wir hier sind.«
    »Es ist an der Zeit.«
    Die Engel am Himmel machten sich für den Kampf bereit.
    »Wo ist mein Vater? Sie haben mir versprochen, dass ich ihn bald sehe.«
    Lucifer zuckte die Achseln. »Er ist irgendwo im Park. Bei Lord Uriel.«
    Scarlet sah mich an.
    Sie glaubte ihm nicht, so viel war sicher.
    Lucifer ließ seinen Blick in die Ferne schweifen.
    Und die Schlacht am Himmel begann.
    Tosend.
    Wie ein Traum.
    Dunkel.
    Bitter.
    Die Dreamings sahen aus wie gestorbene Träume. Sie waren Menschen, die schon lange keine Menschen mehr waren. Auf ihrer schwelenden geschwärzten Haut tanzten Bilder, die sich selbst ausradierten, bevor sie ganz fertig waren. In der Luft schwebten sie wie Tintenflecke, die einen Körper besaßen. Sie stürzten sich auf die Engel, die glühende Flammenschwerter in sie hineinstießen. Die Tinte tropfte wie schwarzes Blut vom Himmel, und die Schreie der schon vor langer Zeit gestorbenen Träume sickerten in den tiefen Schnee. Wie besinnungslose Berserker wüteten die Engel unter
den Dreamings. Der Himmel war gesprenkelt mit sich windenden Leibern.
    »Wenn sie vernichtet sind«, sagte Lucifer, »ist Lord Somnia allein.«
    »Wir werden wie ein einziges Herz schlagen.«
    »Und sein Regime endgültig beenden.« Lucifer lächelte wie eine Schlange. »Dann vernichten wir ihn.«
    Scarlet wirkte skeptisch. »Sie wollen Lord Somnia töten?«
    »Die Schöpfung hat gezeigt, dass sie ohne ihn leben kann. Wir brauchen ihn nicht mehr.« Lucifers Gesicht verfolgte wutentbrannt die Kämpfe am Himmel. Er genoss jeden Augenblick, der verging.
    Immer mehr Dreamings tropften zerfetzt vom Firmament. Die Engel waren siegreich.
    »Wie werden Sie ihn töten?«, fragte Scarlet.
    »Mit der geeinten Kraft der Engel«, sagte Lucifer. Das war alles. Sein Blick war gen Himmel gerichtet, wo die gestorbenen Träume, die Mr. Morpheus all die Jahrhunderte gedient hatten, ein letztes Mal starben. Einige Engel wurden von ihnen mit in die Tiefe

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