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Die uralte Metropole Bd. 4 - Somnia

Die uralte Metropole Bd. 4 - Somnia

Titel: Die uralte Metropole Bd. 4 - Somnia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Marzi
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anderen ins Gesicht schaute, bemerkte es keiner.
    Scarlet wollte gerade etwas sagen, als Buster Mandrake
einen schrillen Laut ausstieß. Seine Ohren stellten sich auf, er schnüffelte wachsam und hielt die Nase in den lauen Wind, der aus dem Belüftungssystem wehte.
    »Was hast du?«
    Da ist jemand , stellte Buster fest. Er schnüffelte in den Tunnel hinein, stellte sich auf die Hinterbeine, während eine Pfote sich an meinem Haar festhielt, und reckte den Hals. Nein , verbesserte er sich. Nicht einer. Es sind zwei, ganz sicher. Sie sind noch ein gutes Stück hinter uns.
    Alle drehten wir uns um.
    Die Menschenmassen schoben sich dicht an dicht durch den Tunnel. Es war unmöglich zu erkennen, ob inmitten all dieser Menschen zwei Gesichter waren, die uns folgten.
    »Folgen sie uns, oder haben sie bloß den gleichen Weg?«
    Woher soll ich das wissen ?, beantwortete Buster die Frage mit einer Frage. Der Geruch liegt schon seit dem Dakota in der Luft. Ganz sicher. Jemand folgt uns.
    Ich blieb kurz stehen.
    Dachte nach.
    »Schon gut«, sagte ich schließlich, wohl eher zu mir selbst. An die anderen gerichtet schlug ich vor: »Wir sollten einfach nur vorsichtig sein. Der Besuch im Dakota könnte auffälliger gewesen sein, als es den Anschein hat. Zudem sollten wir nicht vergessen, dass irgendjemand Ihnen etwas angetan hat, Miss Scarlet. Und dieser jemand, denke ich, könnte durchaus daran interessiert sein, es erneut zu versuchen.«
    »Sie glauben, dass uns die Wendigo folgen?« Sie schluckte.
    Buster Mandrake schüttelte das Köpfchen. Nein, das sind keine Wendigo .
    »Menschen?«, fragte Jake.
    Er überlegte kurz. Etwas, was wie Menschen riecht , sagte er
und wirkte ein wenig verwirrt. Aber ich glaube nicht, dass es Menschen sind .
    Dann gingen wir weiter.
    Das ungute Gefühl blieb.
    »Du kannst ihn verstehen«, stellte Scarlet plötzlich fest und sah Jake dabei in die Augen.
    »Ja, und?«
    Wir gingen eine Treppe hinauf, um die Subway zu verlassen.
    »Bist du ein Trickster?«
    Er schaute mich an, dann Scarlet. Sagte: »Ja.«
    »Und du wurdest 1899 geboren?«
    »Sagte ich doch schon.«
    »Wo?«
    »Hier, in New York.«
    Scarlet fragte sich, ob er ihr die Wahrheit erzählte. »Du bist also über hundert Jahre alt.«
    Er schüttelte den Kopf. »Ich habe lange Zeit in der uralten Metropole gelebt«, sagte er.
    »Du hast vorhin nichts davon erwähnt in Myrtle’s Mill.«
    »Es war noch zu früh. Wir haben uns kaum gekannt.«
    »Das war heute Morgen!«
    Sein Blick suchte ihren, und er sagte, etwas leiser: »Lass uns ein andermal darüber reden, okay?« Und noch leiser fügte er hinzu: »Manchmal ist es besser, wenn man sich nicht mehr erinnern kann.«
    »Okay«, antwortete sie schnell. »Ich wollte nicht …«
    »Schon gut.« Er schenkte ihr ein Lächeln, das sie an die kalten, klaren Wasser denken ließ.
    Sie erwiderte es zögerlich, unsicher.
    Auch Jake Sawyer schien eine Vergangenheit zu haben.
    »Wir sind da!«, verkündete ich den beiden, als wir an die frische Luft traten.
    Scarlets Gesicht erstrahlte jetzt förmlich. Sie atmete gierig die Luft ein, die uns Schneeflocken in die Gesichter wirbelte.
    Buster Mandrake kroch mir in den Mantelkragen hinein. Brrr. Er schüttelte sich vor Kälte.
    »Wir beeilen uns«, versprach ich ihm. »Bis zum Sardi’s ist es nicht weit.«
    Ein eisiger Wind wehte am Times Square, dieser Ansamm lung von kleinen und großen Plätzen, die alle zusammengenommen kaum mehr als eine verlängerte Kreuzung sind, an der sich der Broadway mit der 7th Avenue vereinigt.
    Hier oben war nichts von all der Verkommenheit, die im Laufe der Jahre so tief in den festen Boden gesickert war, zu spüren. Der Longacre Square war woanders. Hier oben war nur Licht. Und Luft. Das Leben, in all seiner bunten Vielfalt.
    »Willkommen in der Glitzerwelt«, sagte ich und überquerte die Straße. Die Yellow Cabs hupten wütend, aber das taten sie immer.
    »Mistress«, rief Jake.
    »Ich weiß, ich weiß. Aber bisher bin ich noch nie angefahren worden.«
    Jake grummelte: »Irgendwann wird einer von ihnen nicht anhalten.«
    Ich machte eine wegwerfende Handbewegung. »Aber bisher haben sie es noch immer getan.«
    Jake zog eine Grimasse und flüsterte Scarlet zu: »So ist sie.«
    »Das habe ich gesehen«, rief ich nach hinten.
    »Das meine ich«, flüsterte Jake.
    »Und gehört!«

    Scarlet lächelte.
    Sagte aber nichts.
    Hinter Jake Sawyer überquerte auch sie die Avenue und folgte mir über den Platz.
    Die riesigen Videowände

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