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Die uralte Metropole Bd. 4 - Somnia

Die uralte Metropole Bd. 4 - Somnia

Titel: Die uralte Metropole Bd. 4 - Somnia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Marzi
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miteinander verbunden sind. Das ist nicht gut.
    Scarlet schwieg. Sie trat wütend mit dem Fuß in eine Schneewehe und ballte die Fäuste.
    Ich ging zu ihr hin und legte eine Hand auf ihre Schulter. »Lassen Sie uns hineingehen«, schlug ich vor.
    Seid vorsichtig , bat uns Lady Lenox.
    Und auch Lord Astor riet uns: Traut niemandem!

    Dann sprangen sie zurück auf ihre Podeste und verharrten dort wie Stein, der nie ein Herz besessen hatte.
    Schnellen Schrittes erklommen wir die vielen Treppenstufen und traten durch das Portal.
    »Kann man den beiden trauen?«, fragte Scarlet.
    Gute Frage , fiepte Buster Mandrake. Man …
    »Man kann!«, brachte ich es auf den Punkt.
    Der Streifenschwanzmungo murrte vor sich hin.
    »Er kann sie nicht besonders gut leiden«, erklärte Jake und fügte flüsternd hinzu: »Weil er kleiner ist als sie.«
    Das habe ich gehört , knurrte Buster, und sein Schwanz ringelte sich wütend.
    »War nicht so gemeint.«
    War es doch .
    Jake hielt inne. »Ja, okay, dann war es eben so gemeint.«
    Sagte ich doch .
    »Es ist aussichtslos, mit ihm zu diskutieren.«
    Buster zwinkerte Scarlet zu, und seine Schnauze verzog sich zu einem Grinsen.
    Jake, der es gesehen hatte, sagte nur: »Mandrakes!«
    Und ging weiter.
    Die Wärme hier drinnen tat gut. Scarlet knöpfte sich den Mantel auf und streckte sich wohlig.
    Das Innere der Bibliothek bestand aus Marmorwänden.
    Scarlet hatte den Eindruck, eine Kathedrale zu betreten, so elegant wirkten die Ornamente und Verzierungen an den Treppengeländern. Mosaikbilder zierten die Decken, die von Bogensäulen gestützt wurden. Breite Treppen, leises Flüstern, hölzerne Möbel.
    »Nicht unbedingt der Ort, an dem ich mich bevorzugt aufhalte«, erklärte Jake. Er kratzte sich gedankenverloren am
Kinn, und die Bartstoppeln machten ein leises Geräusch, das nicht unangenehm war.
    »Du magst keine Bücher?«
    »Ich mag andere Dinge mehr«, antwortete er.
    »Andere Dinge?«
    »Maschinen. Motorräder.«
    Sie starrte ihn erstaunt an. »Du magst Motorräder?«
    »Ich bastle gerne an ihnen herum.«
    »Du siehst nicht aus wie jemand, der gern an Motorrädern herumbastelt.«
    Jake Sawyer zuckte die Achseln. »Die wenigsten Menschen sehen so aus wie die Menschen, die sie wirklich sind.«
    »Stimmt«, sagte sie mit einem Grinsen.
    Einen Augenblick lang schwiegen sie.
    Folgten mir, Stufe um Stufe, hinauf zum Archiv.
    »Du machst dir Gedanken«, sagte Jake schließlich.
    »Klar, was soll ich sonst tun?« Sie spürte den Zorn und die Aggression in ihrer Stimme aufleben, und es tat ihr leid, dass sie da waren. Es tat ihr leid, weil sie insgeheim wusste, dass Jake es nur gut mit ihr meinte. »Entschuldige«, fügte sie kraftlos hinzu. »Das ist nicht einer meiner besten Tage, weißt du?«
    Er nickte. »Wir werden dein Leben schon wiederfinden«, sagte er. »Dinge, die verloren gehen, wollen meistens wiedergefunden werden.«
    »Wer sagt das?«
    Er setzte ein freches Grinsen auf. »Ich«, sagte er nur.
    Und ging weiter, ohne eine Reaktion ihrerseits abzuwarten.
    Scarlet blieb einen kurzen Moment auf der Treppenstufe stehen. Sie sah dem jungen Mann hinterher und wusste nicht recht, was sie tun sollte. Am Ende konnte sie sich ein
Lächeln nicht verkneifen. Es huschte nur ganz kurz über ihr besorgtes Gesicht, aber in der Kürze dieses Augenblicks strahlte es hell und klar wie die Sonne, die sich im Wasser bricht.
    Alle folgten mir.
    Den Lesesaal im ersten Stockwerk betraten wir nicht. Scarlet erhaschte einen kurzen Blick auf die hohe Halle mit den mit Büchern gefüllten Regalreihen und den offenen Kaminen, in denen Feuer friedlich loderten. Grüne Lampen reckten sich wie kleine Hälse über die hölzernen Tische und tauchten die Gesichter der Lesenden in warmes Licht.
    »Es geht weiter, bis ganz nach oben!«, sagte ich.
    Sie kennt den Weg , meinte Buster.
    Scarlet schwieg.
    Sie berührte das Amulett, das an ihrem Hals hing. Sie spürte die Flüssigkeit darin, doch Erinnerungen wurden ihr trotzdem keine geschenkt. Nicht jetzt, nicht hier.
    »Wir sind da!«
    Wir hatten das Ende der Treppe erreicht. Weiter hinauf ging es nicht mehr.
    Ich klopfte höflich an die Tür, um die sich zwei Schlangen aus Stein wanden, die einander in den Schwanz bissen. Die Schlangen hatten Augen aus Amethyst, leblos und kalt.
    Nichts geschah.
    Nichts regte sich.
    Also öffnete ich einfach die Tür.
    Ging hinein in das staubige Dämmerlicht.
    Hier oben, unter dem mächtigen Dach der New York Pub lic Library, befand

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