Die uralte Metropole Bd. 4 - Somnia
und seiner Frau Mina zurück.«
Elyonor und Ananias Dare blieben entschlossen und mutig mit ihrer Tochter Virginia und den anderen Siedlern auf Roanoke Island zurück. Die Felder wurden bestellt, und die Ernten wurden eingefahren. Die Secotan blieben friedlich, genauso wie die Chowanoc und die Weapemeoc auf den benachbarten Inseln.
»Doch dann …« Shakespeare stockte.
»Was ist?«, fragte Scarlet.
»Die Kinder«, murmelte er. Und las schnell weiter.
»Was ist mit den Kindern?«
»Mit welchen Kindern?«, fragte Jake.
Christo schaute auf. »Den Kindern der Secotan. Viele von ihnen verschwanden im Zeitraum weniger Monate. Danach
hörte das Verschwinden so schnell auf, wie es begonnen hatte.«
»Was heißt das, sie verschwanden?«, wollte Scarlet wissen.
»Genau das, was ich sagte. Sie waren verschwunden. Niemand wusste, was geschehen war.« Er seufzte. »Die Secotan fürchteten sich mit einem Mal vor den Siedlern. Es passierte etwas.«
»Was?«
Shakespeare schwieg. Dann sagte er: »Keine Ahnung. Hier steht nichts.«
»Aber …«
»Als Master John White drei Jahre später zu der Insel zurückkehrte, da fand er die Kolonie vollkommen verlassen vor. Das ist alles, was wir mit Sicherheit wissen.« Shakespeare holte tief Luft. »Das ist das Rätsel, mit dem wir es zu tun haben.« Seine Augen leuchteten voller Neugierde und Tatendrang. »Das Rätsel, das wir lösen müssen.« Er studierte die Zeilen. »Die Siedler hatten ihre neue Heimat in eine Festung verwandelt. Holzwälle waren errichtet worden, angespitzte Pfähle steckten in der Erde. Der Boden, so heißt es hier, sei aufgewühlt gewesen.«
Das mächtige Fort und die Siedlung waren verlassen und verwüstet worden. Es gab Tagebücher, die man fand. Sie lagen zwischen den anderen unwichtigen Habseligkeiten, die in der Kolonie zurückgelassen worden waren. Nur durch sie erfuhren John White und seine Leute von dem Verschwinden der Kinder.
»Auf einem der Baumstämme stand außerdem ein Wort geschrieben.« Christo Shakespeare betonte es, als beinhalte es Magie: » Croatoan .« Er schaute uns alle an, einen nach dem anderen. »Sonst war da nichts. Es war ein Rätsel. Doch
John White war entschlossen, dem Ganzen auf den Grund zu gehen.«
Also ging er mit einem bewaffneten Trupp ins Landesinnere, durchforstete die Wälder, durchsuchte die Dörfer der Secotan, die er allesamt so verlassen wie das Fort und die Siedlung vorfand.
»Zeichnungen entdeckten sie dort, Bilder, auf denen man seltsame Wesen erkennen konnte.«
»Wesen?«
»Hier.« Shakespeare schlug die nächste Seite in dem Buch auf. »Da ist ein Photo der bemalten Felle«, sagte er.
Scarlet beugte sich vor. Alle anderen taten es ihr gleich. Jake war dicht neben ihr.
»Was ist das?«, flüsterte sie.
Die Bilder waren verwirrend. Einfache Zeichnungen waren es, voller Linien und Formen.
»Das ist eine Höhle«, erklärte Shakespeare und deutete auf den Umriss, der wie ein Stein aussah.
»Es befindet sich jemand in der Höhle«, bemerkte ich.
Den mit wenigen Strichen und Farben skizzierten Gestalten, die menschliche Körper besaßen, wuchsen flügelartige Gebilde aus dem Rücken. Sie alle waren ins Innere der Höhle gezeichnet.
»Sie haben keine Augen«, sagte Scarlet. »Und manche von ihnen liegen auf dem Rücken.«
»Das kann bedeuten, dass sie schlafen.«
»Aber was ist das hier?«, fragte ich und wies auf die dunklen Stellen am Boden hin. Lange blaue Rinnsale gingen von ihnen aus, Rinnsale, die zu Bächen wurden und dann verebbten. Darunter waren Schriftzeichen gemalt: Formen, eckig, rund, gezackt, Tierzeichen, Symbole.
» Croatoan .«
»Genau das bedeuten die Zeichen«, erklärte Shakespeare.
»Ich weiß«, flüsterte Scarlet nur. »Ich kenne diese Schrift.«
Christo Shakespeare war jetzt sichtlich überrascht. »Sie erstaunen mich, Miss Scarlet. Sie können diese Zeichen lesen? Das ist alles sehr, sehr alt.«
»Keine Ahnung, wieso ich es kann. Aber ich kann es lesen, so viel steht fest.«
Die seltsamen Wesen mit den Flügeln waren in einer Höhle. Sie waren dort gefangen. Es war ein Stein vor dem Höhleneingang.
» Croatoan «, sagte Scarlet, »ist der Name dieses Ortes.«
Shakespeare nickte begeistert. »Das vermute ich auch.«
»Aber wer sind die Gestalten?«
»Engel«, sagte Jake spontan.
Alle starrten ihn an.
»Hey, sie sehen aus wie Engel«, verteidigte er sich. »Wie Kinder einen Engel malen.«
Ich beugte mich vor, berührte die Abbildung mit dem Finger. »Ja, in der
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