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Die uralte Metropole Bd. 4 - Somnia

Die uralte Metropole Bd. 4 - Somnia

Titel: Die uralte Metropole Bd. 4 - Somnia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Marzi
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Zischen. Eiswasser lief der Kreatur brennend über das Gesicht. Mit wütenden Schlägen auf seine eigene Schnauze
versuchte der Wendigo den rostroten Schmerzen Einhalt zu gebieten.
    Der erste Wendigo, den der Angriff auf seinen Gefährten vollends überrascht hatte, knurrte wütend in die Dunkelheit, aus welcher der Pfeil gekommen war. Er duckte sich und trat aus dem Scheinwerferkegel heraus.
    »Was war das?«, fragte Jake.
    Der Wendigo ging vorsichtig einen Schritt weiter nach hinten in den Tunnel hinein.
    Scarlet betrachtete angewidert den Pfeil, der in der Augenhöhle des sich am Boden krümmenden Wendigo steckte. »Das ist Eis«, murmelte sie. »Der Pfeil ist aus Eis, glaube ich.«
    Jake stupste sie an.
    Sie schaute auf.
    Zwei Gestalten traten aus dem Tunnel heraus. Sie trugen dunkle Mäntel und Pelzmützen mit Ohrenklappen. Dazu Armbrüste mit Pfeilen, die seltsam aussahen. Ihre Gesichter waren bleich und wirkten tierisch. Der eine trug seine hellbraune Mähne mit den weißen Strähnen schulterlang und offen. Der andere hatte schwarzes Haar, das er zu mehreren langen Zöpfen gebunden hatte, und es sah dennoch zottelig wie das Fell eines Wolfes aus.
    »Einen guten Tag«, sagte der eine, der aussah wie ein Fuchs. »Wie schön, Sie hier unten anzutreffen, Miss Hawthorne.«
    Scarlet starrte die beiden an, Jake ebenso.
    »Woher wissen Sie, wer ich bin?«, fragte Scarlet.
    Die beiden Herren lächelten nur und näherten sich mit behutsamen Schritten, ganz ohne Eile.
    »Und wer sind Sie?«, fragte Jake vorsichtig.
    »Dieser hier«, sagte der eine und deutete auf seinen Gefährten, »hört auf den klingenden Namen Mr. Wolf.«

    »Und jener«, fügte der andere hinzu, »der mich Ihnen so freundlich vorgestellt hat, ist kein Geringerer als Mr. Fox.«
    »Wir sind«, begann Mr. Fox.
    »Auf der Jagd«, vervollständigte Mr. Wolf den Satz seines Gefährten.
    »Könnte man sagen.«
    »Ja, ja.«
    »Und wie es aussieht.«
    »Ist das hier.«
    »Der allererste Fang des Tages.«
    Sie traten vor, und ihre Gesichter sahen seltsam aus.
    »Eispfeile«, erklärte Mr. Wolf.
    Und Mr. Fox merkte an: »Die Wendigo mögen sie nicht besonders.«
    Der unverletzte Wendigo, der seine Lage zu überdenken begann, wich in den Tunnel zurück. Die am Boden liegende, sich vor Schmerzen krümmende Kreatur indes keuchte und blickte fast jämmerlich zu den beiden Neuankömmlingen auf.
    »Warum tun Sie das?«, fragte Scarlet.
    »Was?«, fragte Mr. Wolf.
    »Ihnen helfen?«, fragte Mr. Fox.
    »Ja.«
    »Wir sind nett«, antwortete Mr. Fox.
    »Ja, ja, das sind wir.«
    »Wir sind immer da.«
    »Wenn man uns braucht.«
    »Und wir neigen dazu.«
    »Jungen Damen zu helfen.«
    »Das ist die gute Erziehung.« Mr. Fox ging auf den Wendigo zu, kniete sich neben ihn. Die Kreatur wand sich auf
dem Boden und leistete keinen Widerstand, als sich die behandschuhten Finger in sein Fell gruben.
    »Die wir einst genossen haben.« Mr. Wolf ließ den anderen Wendigo, der sich hinten im Tunnel verbarg, nicht aus den Augen und stellte sich zwischen ihn und Scarlet und Jake. »Mr. Fox, wir sollten es jetzt beenden, was denken Sie?«
    Mr. Fox zückte ein Messer, dessen lange Klinge ganz aus Eis zu sein schien. Scarlet erkannte, dass ihm Schmelzwasser über die schwarzen Handschuhe tropfte, als er es an den Hals des am Boden liegenden Wendigo führte. Er schnitt ihm die Kehle durch und lächelte dabei, als habe er ein wunderbares Erlebnis.
    Der Wendigo schrie laut auf, und Schneeflocken stoben aus der klaffenden Wunde.
    Dann schnitt Mr. Fox dem Wendigo das gesunde Auge aus dem Schädel. Er tat es schnell und ohne viel Aufhebens und hielt das Auge danach fest in der Hand, betrachtete es ausgiebig und steckte es sich dann in den Mund. »Es schmeckt wie Eis«, sagte er und lutschte darauf herum. »Möchten Sie davon kosten?«
    Scarlet spürte die Übelkeit in ihrem Hals kratzen.
    Sie atmete tief durch.
    »Wer sind Sie?«, wiederholte sie Jakes Frage von vorhin.
    »Das sagten wir doch bereits.«
    »Mr. Fox.«
    »Und Mr. Wolf.«
    »Wir sind immer da.«
    »Wenn man uns braucht.«
    »Sind mal hier.«
    »Mal da.«
    »Gestern noch in London.«

    »Heute schon in Gotham.«
    »Vorgestern noch im Niemalsland.«
    »Heute hier.«
    Beide grinsten einvernehmlich.
    »Wir sind einsame Boote in den Gewässern der Zeit.«
    »Schiffe, die des Nachts vorüberfahren.«
    Sie schienen Gefallen an dieser seltsamen Ausdrucksweise zu haben. Scarlet fragte sich, mit was für einem Akzent sie sprachen. Es klang

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