Die uralte Metropole Bd. 4 - Somnia
und ihre Kinder auf den Tisch legten, wenn die Nacht noch jung war. Der Kojote setzte sein Glück und seine List als Einsatz ein.«
»Ein Glücksspiel?«, fragte Jake erstaunt. »Ist das die Art, wie Götter miteinander umgehen?«
Queequeg lachte. »Mit Glück«, sagte er, »hatte das alles wenig zu tun.«
Scarlet ahnte es. »Der Kojote war listig.«
»Er benutzte Karten, die gezinkt waren. Und der Träumer, dessen Zunge und Geist vom Maiswein gelöst waren, ließ sich auf die Forderungen des Kojoten ein. Als seine Einsätze mehr und mehr schwanden, da luchste der Kojote dem Träumer das Versprechen ab, etwas für die Spinnen zu tun, sollte des Kojoten Blatt das höhere sein.«
»Und der Träumer willigte ein?«, fragte Jake.
»Der Kojote legte die perfekten Karten in den Sand.«
»Und der Träumer?«
»Hatte nichts in der Hand.« Queequeg duckte sich und schritt durch ein Loch in der Wand in einen Nachbartunnel, der schräg nach oben führte. »Der Träumer hatte verloren. Und der Kojote forderte nun, dass er den Spinnen ein einziges Bewusstsein schaffen sollte, einen allumfassenden Verstand, der auf viele Körper verteilt war, die dann doch zu einem einzigen Körper werden konnten.«
So etwas hatte es noch nie zuvor gegeben.
Nicht einmal die Bienen besaßen einen Verstand wie diesen, weder die Wespenwesen noch die Ameisen. Die Spinnen wären den Menschen nicht länger unterlegen, würden sie sich verändern können, und sie müssten sich nicht mehr fürchten.
»Was tat der Träumer?«
»Ihm blieb nichts anderes übrig, als sein Versprechen zu erfüllen. So gab er den Spinnen das Bewusstsein und verließ die Lagerstätte in der Prärie.« Queequeg sah Scarlet und Jake an. »Doch am nächsten Morgen, da erwachte der Träumer, und er ahnte, dass er hinters Licht geführt worden war. Noch immer schmeckte er den süßen Maiswein auf der Zunge. Und die Frechheit des Kojoten erzürnte ihn. Er war davon ausgegangen, dass der gebratene Hase ein Geschenk gewesen sei, eine Huldigung. Doch nun war klar, dass er einer Täuschung erlegen war.«
»Aber die Schuld daran traf ihn doch selbst«, bemerkte Scarlet. »Er hätte das Spiel durchschauen können.«
»Er war der Träumer. Der Schöpfer«, antwortete Queequeg nur.
»Er war sauer«, brachte es Jake auf den Punkt.
»Genau, das war er«, stimmte Queequeg zu. »Er hatte den Spinnentieren ein Bewusstsein gegeben, eines, das sie, wenn
sie es alle wünschten, teilen konnten. So entstanden die Spinnenleute.«
Scarlet schaute auf. »Spinnenleute?«
»Sie werden sie gleich sehen. Sie sind beeindruckend, diese Arachniden. Sie sind klug. Ich habe schon früher mit ihnen in Verhandlungen gestanden.«
Scarlet fragte sich, was genau er damit meinte. »Und von diesem Tage an waren die Spinnen und die Kojoten enge Freunde?«
»Ja. Der Träumer hätte die Sache wohl trotzdem auf sich beruhen lassen, wären da nicht die Menschen gewesen.«
»Was ist passiert?«, fragte Jake.
Queequeg antwortete: »Die Menschen beschwerten sich beim Träumer. Sie fluchten, weil sie der Spinnen nicht mehr Herr wurden. Sie hielten dem Träumer vor, er habe sich hinters Licht führen lassen. Diese Anschuldigung konnte der Träumer nicht im Raum stehen lassen. Er hatte einen Ruf zu verlieren. Er musste zeigen, dass er nach wie vor die Macht über die Schöpfung besaß. Und so kam es, dass der Träumer dem Kojoten bei ihrer nächsten Begegnung, die nicht lange auf sich warten ließ, einen Krug mit süßem Wein anbot. Doch dieser Wein war vergiftet, und der grausame Tod des frechen Kojoten sollte als Mahnung dastehen an alle, die sich erdreisten würden, des Träumers zu spotten, indem sie ihn zu täuschen versuchten.«
»Aber?« Scarlet ahnte, dass die Geschichte nicht so enden würde.
»Aber«, fuhr Queequeg fort, »es kam alles ganz anders. Der Kojote trank das Gift, ja, und dann lag er in der Prärie und wand sich vor Schmerzen. Er wusste, dass der Träumer ihn bestrafen wollte. Er wusste, dass er zu weit gegangen war. Doch
da eilten ihm die Spinnen zu Hilfe. Ihre kleinen Leiber wuselten durch das Fell des Kojoten, und Tausende und Abertausende von Mündern bissen sanft in des Kojoten Haut und tranken sein Blut. Sie sogen ihm das Gift aus dem Körper.« Queequeg hielt inne, spähte in die Finsternis der Tunnel, die vor ihnen lagen. »Seit diesem Tag gibt es giftige Spinnen. Es ist das Gift des Träumers, das ihnen durch die Adern strömt.« Queequeg meinte es wirklich ernst. »Deshalb
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