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Die Urth der Neuen Sonne

Die Urth der Neuen Sonne

Titel: Die Urth der Neuen Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gene Wolfe
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spinnt. Schon gar keinen Port o’ Lune – bringt Unglück.« Er sprach zu Gunnie, als wäre ich gar nicht anwesend. »Meinst du, daß er wirklich daran glaubt?«
    »Ganz bestimmt«, sagte sie und fügte hinzu: »Es mag sogar die Wahrheit sein. Hör mir zu, Severian, denn ich bin seit langer Zeit an Bord. Dies ist meine zweite Yesod-Fahrt, also war ich wohl unter der Besatzung, als sie den alten Autarchen holten, obwohl ich ihn nicht zu sehen bekam und erst später aussteigen konnte. Du weißt, dieses Schiff bewegt sich in die Zeit hinein und aus der Zeit heraus wie eine Stopfnadel, nicht wahr? Das weißt du mittlerweile doch?«
    »Ja, es leuchtet mir allmählich ein.«
    »So will ich denn fragen: Ist es nicht möglich, daß wir zwei Autarchen mitgebracht haben? Dich und einen deiner Nachfolger. Angenommen, du kehrst auf die Urth zurück. Früher oder später müßtest du einen Nachfolger bestimmen. Könnte er nicht derjenige sein? Oder der, den er bestimmte? Und wenn ja, was bringt es dann, die Sache durchzustehen und zu verlieren, was du nicht verlieren willst, wenn’s vorbei ist?«
    »Du meinst, was ich tue, das kann nichts ändern an der Zukunft?«
    »Nicht, wenn die Zukunft bereits vor dem Bug dieses Tenders liegt.«
    Wir hatten gesprochen, als wären die andern Matrosen gar nicht anwesend, aber das ist nie ganz ungefährlich – ist man doch auf die Duldung der Ignorierten angewiesen. Einer der Matrosen, den ich nicht beachtet hatte, packte mich an der Schulter und zog mich einen halben Schritt zu sich, damit ich besser aus der glasklaren Seite des Fliegers sähe.
    »Schau!« sagte er. »Schau dir das an, mach schon!« Aber einen Herzschlag lang sah ich statt dessen ihn an und merkte mit einem Mal, daß er, der Luft war für mich, alles war für sich, während ich in seinen Augen überzählig war, eine Null, die seine Freude, indem sie Anteil daran nahm, verdoppelte.
    Nun schaute ich, denn alles andere wäre mir wie ein Fall von Verrat vorgekommen; und ich sah, daß wir abdrehten, eine weite, weite Bremsschleife flogen über einer Insel in einem endlosen Meer von klarem blauen Wasser. Die Insel war eindeutig ein einzelner Berg, der sich über die Wellen erhob und mit dem Grün von Gärten und dem Weiß von Marmor belegt und von kleinen Booten umsäumt war.
    Es gibt keine imposantere Sehenswürdigkeit als die Mauer von Nessus oder den Großen Turm. Dennoch war die Insel imposanter auf ihre Art, da alles an ihr ausnahmslos schön war und sie eine Freude verströmte, welche die Mauer übertraf und höher als eine Gewitterwolke reichte.
    Nun dämmerte mir, der ich die Insel und die dummen derben Gesichter ringsum sah, daß da noch etwas war, das ich nicht sah. Eine Erinnerung wurde wach, eingeflößt von einer der verschwommenen Gestalten, die für mich hinter dem alten Autarchen stehen, jener Vorgänger, die ich nicht deutlich und oft gar nicht sehen kann. Es war die Gestalt einer lieblichen Jungfrau, in bunte Seide gewandet und mit Perlen geschmückt. Sie sang in den Straßen von Nessus und verweilte bei seinen Brunnen, bis es Nacht wurde. Niemand wagte es, sie zu belästigen, denn obwohl ihr Beschützer unsichtbar war, fiel sein Schatten auf sie und machte sie unantastbar.
     

 
Die Insel
     
    Wenn ich nun sagte, der Flieger landete wie ein riesiger Wasservogel, wird man, wenn man auf Urth geboren ist und jeden seiner Atemzüge dort getan hat, an ein ulkiges Geplatsche denken. Er landete, aber anders, denn auf Yesod haben – wie ich durch die Seiten des Fliegers sah, kurz nachdem wir aufgesetzt hatten – die Wasservögel gelernt, so sachte und graziös im Wasser zu landen, daß man meinen möchte, das Wasser wäre für sie nur eine kühlere Luft, wie dies für jene Vöglein gilt, die wir an Wasserfällen beobachten und die in die Fälle hüpfen, um Elritzen zu fangen, und sich’ dort ebenso heimisch fühlen wie andere Vögel in Büschen.
    Ebenso wasserten wir. Wir setzten im Meer auf, wobei wir bei der ersten Berührung die Flügel falteten, und schaukelten sanft, während wir noch zu fliegen schienen. Matrosen plauderten miteinander, und es hätten vielleicht auch Gunnie und Purn mit mir geplaudert, wenn ich ihnen Gelegenheit gegeben hätte. Diese gab ich ihnen nicht, da ich alles sehen wollte, was sich an Wundern bot, und da ich mich, hätte ich geredet, noch stärker verpflichtet gefühlt hätte, jenen, die einen andern gefangen hielten, zu offenbaren, daß ich der Gesuchte sei.
    So starrte ich denn

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