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Die Vagabundin

Die Vagabundin

Titel: Die Vagabundin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Fritz
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Katharinenspital gesagt. Leider war der kürzere Fußweg durch die Donauauen jetzt, nach der Schneeschmelze, überflutet, und sie mussten die Handelsstraßeauf halber Höhe entlang der Berghänge nehmen. Vor ihnen marschierten drei junge Frauen, nur wenig älter als Eva. Neugierig blickten sie sich immer wieder nach ihnen um. Schließlich blieben sie stehen.
    «Wohin seid ihr des Wegs?», fragte eine von ihnen. Alle drei waren sie wie Mägde gekleidet, in knöchellangem, braunem Rock mit heller Leinenschürze und einem wollenen Schultertuch über dem Schnürmieder. Dazu trugen sie einfache Holzpantinen. Der Morgen war kalt und windig, und Eva spürte die begehrlichen Blicke, die die drei auf ihren schönen warmen Mantel warfen.
    «Nach Straubing», entgegnete sie knapp.
    «Genau wie wir. Suchst du auch eine Stellung?»
    «Nein. Wir wollen zu Verwandten.»
    Eine Zeitlang blieb es still zwischen ihnen, denn sie mussten einer Kolonne von Fuhrwerken ausweichen, die sich auf der schmalen Fahrbahn rücksichtslos ihren Weg zwischen den Fußgängern bahnten.
    «Wir sind aus dem Nordwald», nahm das Mädchen, das sie angeredet hatte, das Gespräch wieder auf und klopfte sich den Staub aus dem Rock. «In Deggendorf hatten wir kein Glück, da sind zu viele aus dem Wald, und alle suchen sie eine Stellung. Jetzt ziehn wir halt weiter. Ich heiß übrigens Theres, und das hier sind Susanna und Christina.»
    Theres war ein hübsches Mädchen mit blonden Locken unter der Haube und heller Haut. Die beiden anderen waren dunkler und schmächtiger, ganz offensichtlich Schwestern. Eva verspürte wenig Lust, sich den dreien anzuschließen, und sagte daher eher widerwillig:
    «Ich bin Eva, das hier ist Niklas. Mein kleiner Bruder.»
    «Fein! Dann bleiben wir also beinand. Da ich die Älteste bin, bestimme ich, wo wir rasten und übernachten. Hast du Geld?»
    Eva schüttelte den Kopf. «Nur ein paar Heller.» Dieser vorlauten Theres würde sie gerade noch verraten, wie viel Geld sie im Beutel hatte!
    «Das wundert mich aber. Schaust net grad aus, als wärst eine Jungfer vom Hungerberg. Dieser Mantel – und die Lederschuhe von dem Kleinen, die sind doch niegelnagelneu!»
    «Ich bin Näherin», erwiderte Eva stolz und blieb stehen. «Das war der Lohn für meine Arbeit. Aber wenn’s dir nicht passt, müssen wir ja nicht zusammen gehen.»
    «Ach, du liebes Mäuschen! Jetzt sei doch nicht so empfindlich. Komm schon, fünf sind allemal besser als drei, wenn man unterwegs ist. Und wir Weiber müssen eh zamhalten. Andrerseits   …» Sie lachte plötzlich hell auf.
    «Was – andrerseits?»
    «Könnst dich auch als Mann verkleiden, als fahrender Scholar oder Handwerksbursche, dann wagt sich keiner so schnell an uns ran. Du hast nämlich was Knabenhaftes, weißt du das?»
    «Du spinnst wohl!», fauchte Eva.
    «Lass sie doch in Ruh», mischte sich nun Susanna ein.
    Theres hob beschwichtigend die Arme. «War ja nur so ein Einfall. Dort vorne kommt das Kloster Metten, da holen wir uns eine Stärkung.»
    Sie verließen die Straße und näherten sich einer weitläufigen Klosteranlage, die sich in der grünen Hügellandschaft stolz über einen kleinen Marktflecken erhob.
    «Ihr beide haltet euch hinter uns», wandte sich Theres an Eva, als sie an die schmale Pforte neben dem Klostertor traten. «Sonst glaubt uns keiner, dass wir Almosen nötig haben.»
    Eva erinnerte sich dunkel, dass sie damals auf ihrer Reise von Glatz nach Passau ebenfalls den Brauch des Abspeisens in Anspruch genommen hatten: Um Vaganten und Bettler von den Städten, Burgen oder Klöstern fernzuhalten, waren die Torwächtervielerorts angewiesen, Brotgaben zu verteilen und die Menschen dann weiterzuschicken.
    Die Aussicht auf ein kräftiges Stück Klosterbrot ließ Eva ihre Widerworte herunterschlucken, und sie stellte sich gehorsam mit Niklas hinter die Mädchen. Dann läutete Theres die Glocke, bis sich die Tür öffnete. Sofort senkte sie demütig den Kopf.
    «Gelobt sei Jesus Christus!»
    «In Ewigkeit. Amen», erwiderte der alte Mönch. Dann fragte er streng: «Was wollt ihr?»
    «Es ist eine teure Zeit, und wir sind arme Mägde ohne Arbeit. Als Zeichen der Barmherzigkeit bitten wir Euch demütigst um eine Stärkung.»
    Die Tür fiel ins Schloss, öffnete sich wenig später erneut, und der Alte erschien mit einem Korb unterm Arm. Darin lagen tatsächlich fünf kleine runde Laibe.
    «Nehmt das und geht mit Gott.»
    «Vergelt’s Gott, ehrwürdiger Vater.»
    Theres schenkte dem

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