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Die Vagabundin

Die Vagabundin

Titel: Die Vagabundin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Fritz
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also besser.»
    «Wir sind gleich weg», beschwichtigte Eva und lächelte so freundlich, wie sie es vermochte. Nach ihrem Schelmenstreich vom Vortag wollte sie jeden Ärger vermeiden. Andererseits verspürte sie auch einen gewissen Stolz darüber, wie gut er ihr gelungen war. «Sag mir nur noch eins: Weißt du, wo man in Regensburg übernachten kann – gegen Gotteslohn natürlich?»
    «Solche seid ihr also. Dacht ich mir’s schon.» Das Mädchen rümpfte die Nase. «Hungerleider und Habenichtse werden erst gar nicht dort reingelassen. Na ja, ihr könnt’s ja mal in Stadt am Hof versuchen, auf der andern Seit von Regensburg. Da gibt’s ein Spital.»
    «Danke.»
    Doch das Mädchen hatte schon auf dem Absatz kehrtgemacht und verschwand nun grußlos in der Herberge. Im selben Augenblick bog ein Mann um die Ecke, etwa Mitte zwanzig und in der Tracht eines Handwerksgesellen. Trotz der sommerlichen Wärme trug er einen kurzen schwarzen Mantel, unter dem eine Pluderhose mit grellroten Strumpfbändern zu sehen war, die er zu großen, albernen Schleifen gebunden hatte. Dazu saß ein hoher Hut mit Pfauenfeder schief auf seinem Langhaar. Er zerrte einen knochigen Maulesel am Strick hinter sich her.
    «Ihr wollt also nach Regensburg», sagte er und grinste breit.
    «Habt Ihr was dagegen?», gab Eva schnippisch zurück. Es ärgerte sie, dass der Mann sie belauscht hatte.
    «Im Gegenteil. Will ja selber dorthin. Eine nette Begleitung tät mir gefallen. Ich kenn auch eine Abkürzung, oben durch die Hügel.»
    So einer fehlt uns grad noch, dachte Eva. Der Kerl sah mit seinem verschlagenen Gegrinse alles andere als vertrauenserweckend aus. Außerdem machte er den Eindruck, als habe er schon am frühen Morgen dem Branntwein zugesprochen, so wie er die Worte zerkaute. Jetzt setzte er sich auch noch neben sie auf den Brunnenrand.
    «Bist eine Dienstmagd, was?», nuschelte er.
    Eva gab keine Antwort, was den Burschen nicht zu kümmern schien.
    «Ja, fürwahr ein hartes Brot. Den ganzen Tag Wäsche schrubben, Holz schleppen, die Scheißhafen der feinen Herrschaften ausleeren – eine elende Plackerei! Da hab ich’s besser getroffen. Ich kann in einer Stunde so viel verdienen wie du in sieben Jahren. Und muss nicht mal dafür arbeiten.»
    «Wie das?», fragte Niklas mit großen Augen, und Eva trat ihn gegen das Schienbein.
    «Das würdst gern wissen, du kleiner Wunderfitz», kicherte der Mann. «Aber ich verrrat’s dir nicht. Außer ihr kommt mit mir. Ich würd euch auch   …»
    «Wir brauchen keine Begleitung», unterbrach Eva ihn barsch. Der Mann wurde ihr immer widerwärtiger. «Wir warten hier auf unseren Oheim.»
    «Dann betet nur, dass er gut bewaffnet ist. Hier in der Gegend wimmelt es nämlich von Mordbrennern und Gartknechten. Die schneiden dir schon um eine Handvoll Pfennige das Gedärm raus.»
    Eva spürte, wie sich Niklas’ Finger vor Schreck in ihren Arm krallten. Niemals war dieser Kerl ein Handwerker, eher ein ausgekochter Spitzbube oder noch Übleres. Einer dieser Schnapphähne, die die Reisenden auf der Straße ausplünderten. Sie musste ihn so schnell wie möglich loswerden.
    «Jetzt kriegt ihr Angst, was?», fuhr der Fremde fort, als hätteer Evas Gedanken gelesen. «Ich kannte mal einen Schelm, der hat in nur acht Wochen drei Dutzend Häusern den roten Hahn aufs Dach gesetzt und den Sackmann gemacht. Er hat eine Feuerspur gelegt vom Elsass über den Schwarzwald bis ins Schwäbische. Das war ein Malefizkerl! Nur leider hat man ihn in Reutlingen aufs Rad geflochten.»
    Über ihnen klappte ein Fenster auf.
    «Hatt ich dir nicht gesagt, du sollst von meinem Grund und Boden verschwinden, du Saubazi?»
    Eva und Niklas sprangen erschrocken auf. Über ihnen lehnte ein Mann über dem Sims und hielt einen dampfenden Kessel bereit.
    «Bevor ich Amen gesagt hab», brüllte er, «bist du weg. Sonst verseng ich dir und deinem Schindesel das Fell!»
    Schon hatte sich der Fremde auf sein Reittier geschwungen und trieb es mit einem Prügel in hastigen Trab.
    «Wart nur», schrie er über die Schulter zurück. «Dich setz ich auch auf mein Kerbholz, du hinterfotziger Scheißhaufen!»
    Niklas sah ihm nach.
    «So ein großgoscherter Prahlhans!»
    «Vielleicht auch nicht», sagte Eva leise.
    «He, ihr zwei Daumendreher, das gilt auch für euch!»
    Rasch zerrte Eva ihren Bruder vom Brunnen weg und rannte zur Landstraße. Dort blieb sie mit klopfendem Herzen stehen.
    «Was machen wir jetzt?», fragte Niklas mit ängstlicher

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