Die Vampir-Flotte
tiefer und wollte weg von den beiden Booten.
Pretty war ein Kind der Karibik. Ein Schwimmtalent.
Ihre Bewegungen waren geschmeidig, sie glichen denen eines Fischs, als sie sich so lange unter Wasser weiterbewegte, bis ihre Lungen zu platzen drohten.
Dann erst tauchte sie auf.
Ihr Kopf schoß hoch. Das Wasser lief aus den langen Haaren, strömte über ihr Gesicht, so daß Pretty Benson nichts sehen konnte. Dafür aber hören.
Sie kannte die Geräusche, die entstanden, wenn eine Maschinenpistole abgefeuert wurde.
Das häßliche Tack-tack wurde zu einer hämmernden Melodie. Sofort tauchte Pretty unter, stieß in die Tiefe vor und hörte noch die letzten peitschenden Einschläge der Kugeln, doch getroffen wurde sie zum Glück nicht.
Pretty Benson schwamm verzweifelt weiter. Ihre Arme arbeiteten wie die Flügel einer Windmühle, die das Wasser teilten. Auch die Beine bewegten sich im gleichen Rhythmus.
Die Panik gab Pretty die doppelte Kraft und trieb sie voran.
Als sie zum zweitenmal auftauchte, hörte sie keine Schüsse mehr. Der oder die Mörder hatten es aufgegeben. Pretty riskierte einen Blick über ihre Schulter. Schon weit lagen die beiden Boote zurück. Nein, die hatten kein Interesse mehr an ihr. Sie rechneten damit, daß die einzige Zeugin des Überfalls ertrinken würde.
Und Pretty schwamm. Nicht mehr so hastig wie zuvor, sondern langsamer, kräftesparender. Sie richtete sich nach dem wie in Flammen stehenden Himmel und wußte genau, wohin sie zu schwimmen hatte, wenn sie die Küste erreichen wollte.
Zumeist spülten die Wellen über ihr Gesicht, doch wenn sie sich von der langen Meeresdünung hochtragen ließ und auch ihren Kopf hob, dann sah sie vor sich eine unendliche Fläche, die grünblau wogte und mit weißen, spitzen Hauben besetzt war.
Land jedenfalls war nicht in Sicht. Nicht für Pretty Benson, die noch meilenweit von der Küste entfernt war.
Das Girl schwamm weiter. Immer wieder hallten ihr die Schüsse in den Ohren nach, sah sie die blonde unbekleidete Frau, und sie wurde vom Grauen geschüttelt. Gleichzeitig wirkten die Eindrücke auch wie ein Motor, der ihr Kraft spendete, um weiterzumachen.
Eine Uhr trug sie nicht. Deshalb wußte sie auch nicht, wie viel Zeit vergangen war. Die Küste jedenfalls sah sie nicht.
Auch die Schiffe nicht mehr. Sie befand sich jetzt zwischen ihnen und dem rettenden Land.
Pretty wußte nicht, wie oft sie schon den Kopf gehoben hatte, als sie etwas anderes sah.
Einen zweiten Schwimmer!
Plötzlich schlug ihr Herz rasend schnell. Der andere Schwimmer besaß einen feuerroten Haarschopf, wie ihn eigentlich nur ein Mann hatte, den sie kannte.
O'Brien!
Pretty schrie, schluckte Wasser, spie es wieder aus und winkte. Solange, bis O'Brien aufmerksam wurde.
Sie schwammen aufeinander zu. Dabei wußte Pretty Benson nicht, daß O'Brien von Vampiro-del-mar zu einem Blutsauger gemacht worden war…
***
Jo Barracuda, der dunkelhäutige G-man, war wirklich ein Allround-Talent. Er beherrschte nicht nur seinen Job, sondern konnte auch mit einem Polizeikreuzer der Coast Guard umgehen. Das gehörte wohl zu den Pflichten eines FBI-Agenten.
Wir hatten den Hafen verlassen und fanden an Bord alles, was zu einer kleinen, vielleicht auch längeren Seereise nötig war. Trinkwasser, Verpflegung, gute Nachtgläser, schützende Regenumhänge und Taucherausrüstungen.
Natürlich auch Waffen. Wir hatten sie überprüft. Sie waren alle okay. Ich jedoch verließ mich nicht so sehr auf Maschinenpistolen, Schnellfeuergewehre oder Revolver. Ich hatte da meine eigenen Waffen, die Bill und Suko ebenso gut einsetzen konnten wie ich. Mit Jo Barracuda hatte ich ebenfalls über Waffen gesprochen, er aber schüttelte nur den Kopf und wollte vorerst von unseren Dingen nichts wissen.
Bei mir trug ich nur das Kreuz, die Beretta und den Dolch. Die anderen Dinge lagen griffbereit, auch die Gnostische Gemme, die bei Vampiro-del-mar nur eine geringe Wirkung gezeigt hatte, die sich vielleicht noch verstärken konnte.
Mal sehen.
Ich verließ die Brücke, denn ich wußte die Führung des Schiffes bei Bill Conolly und Jo Barracuda in guten Händen. Suko hockte am Heck. Er schaute mir entgegen und rückte dann zur Seite, als ich neben ihm Platz nahm. Wie auch ich trug er ebenfalls ein Glas, durch das er schaute, wenn er hin und wieder das Meer nach einem verdächtigen Schiff absuchte. Da war nichts.
In der Ferne, direkt vor der Kimm, sahen wir zwei Schiffe, die schon jetzt, obwohl die Dunkelheit
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