Die Vampir-Flotte
atmen, ihr Herz trommelte schneller, und das Blut stieg in ihren Kopf.
Dann hörte sie das Lachen und eine weibliche Stimme. »Ja, wen haben wir denn da?«
Ein Schauer rann über Prettys Rücken, gleichzeitig wurde die Angst etwas verdrängt, denn kein Mann, sondern eine Frau hatte gesprochen.
Das Girl ahnte nicht, wen es vor sich hatte, bekam es aber zu sehen, als es den Kopf hob.
Vor ihr stand Lupina!
Ein Monster. Eine Mischung aus Frau und Bestie. So etwas hatte Pretty noch nie in ihrem Leben gesehen. Sie hatte auch nie gedacht, daß diese Wesen existierten, und sie brachte keinen Laut hervor, denn vor Schreck war sie wie erstarrt.
Lupina öffnete den Mund. Jetzt erst wurden ihre kräftigen Zähne sichtbar, die sich bei einer völligen Verwandlung zum Wolf noch verstärkten. »Komm her«, sagte sie.
Das Girl schluchzte auf.
Sie kroch die letzten Stufen hoch, sagte Unverständliches in ihrer Angst, fühlte die Hand auf der Schulter, zuckte zusammen und schaute noch einmal hoch.
Nein, das durfte nicht wahr sein.
Da stand kein Monster mehr, sondern eine blonde Frau, und sie trug keinen Faden am Leibe.
Der Wind spielte mit dem blonden Haar. Die Figur der Frau war ausgezeichnet, zeigte Traummaße, und Pretty schrieb all den vorherigen Schrecken ihrer überreizten Fantasie zu.
»Was hast du?« fragte Lupina. Ihre Stimme klang einschmeichelnd und beruhigend. »Steh doch auf.«
»Ja, ja, natürlich. Ich dachte nur, ich…«
»Deine Nerven sind nicht die besten, mein Kind.«
»Das wird es wohl sein.«
»Komm!«
Pretty Benson fühlte die Hand der anderen auf der ihren, und sie ließ sich willig hochziehen.
Sie schaute sich um. Forschend glitt ihr Blick über das leere Deck. Von den anderen Tauchern keine Spur. Sie sah allerdings auch das zweite Schiff, das mit der Flying Star durch zwei Taue verbunden war. Beide Schiffe wogten in der langen Dünung auf und nieder.
Pretty verstand überhaupt nichts. Sie fror, weil der Wind über ihren fast nackten Körper strich. »Sind Sie allein?« fragte sie.
»Ja.«
»Aber wo sind die anderen?«
»Welche?«
Die Blonde stellte die Frage mit einer solchen Naivität, daß Pretty nur schlucken konnte. »Die Männer, meine ich.«
Da lächelte die Blonde. »Welche Männer?«
»Aber ich habe doch Schüsse gehört.«
»Nein.«
Pretty stöhnte und stampfte mit dem Fuß auf. Sie hatte das Gefühl, zum Narren gehalten zu werden. »Es müssen einfach Männer dagewesen sein. Auch meine Freunde, ich habe mir das doch nicht alles eingebildet.«
»Doch.« Lupina legte ihren Arm um Prettys Schultern.
»Komm, laß uns gehen, meine Kleine.«
»Wohin?«
»In die andere Kabine.« Sie streichelte Prettys Rücken. Das Girl fühlte die langen Nägel auf seiner Haut und hatte das Gefühl, von kleinen Messern berührt zu werden.
Ihre Fluchtchancen hatte sie sich aus dem Kopf geschlagen. Sie kam gegen die Blonde nicht an, das spürte sie sofort. Dann mußte sie eben mitmachen, auch wenn sie nicht wußte, in welch ein tödliches Spiel sie da hineingerissen wurde.
»Wo führen Sie mich hin?« fragte sie mit zittriger Stimme. »Es gibt doch hier noch eine zweite Kabine?«
»Ja.«
»Dort machen wir es uns gemütlich.«
»Wieso?«
»Stell jetzt keine Fragen mehr, sondern laß dich einfach überraschen, meine Liebe. Ich heiße übrigens Lupina.«
»Pretty Benson.« Sie sagte automatisch ihren Namen, obwohl sie es gar nicht wollte und sich ihre Gedanken um die Männer drehten, von denen sie noch immer keine Spur entdeckt hatte.
Die zweite Kabine, sie war wesentlich kleiner als die erste, lag näher an der Bugseite des Bootes. Man konnte sie auch vom Deck erreichen und brauchte nicht erst einen Niedergang hinunterzugehen.
Pretty Benson fürchtete sich plötzlich. Sie schüttelte den Kopf. »Nein«, sagte sie, »ich will nicht…«
»Bleibt dir eine andere Wahl?« Lupinas Stimme klang lauernd, und sie hatte tatsächlich die Wahrheit ausgesprochen.
»Kaum!« erwiderte Pretty. Sie senkte den Kopf, tat, als würde sie sich in ihr Schicksal ergeben. Sie hob die schmalen Schultern und ging weiter.
Noch drei Schritte waren es bis zur Tür, als Pretty ihre letzte Chance wahrnahm und handelte. Bevor Lupina reagieren konnte, hatte sie die Hand abgeschüttelt, jagte mit zwei langen Sprüngen auf die Reling zu und hechtete elegant über sie hinweg ins Wasser. Wie ein Pfeil stieß sie in das türkisfarbene Naß, das sofort über sie zusammenschlug. Unter Wasser schwamm sie weiter, tauchte
Weitere Kostenlose Bücher