Die Vampire
eine weitaus bessere Partie machen als mich. Ich habe wichtigere Dinge zu bedenken.«
»Wie zum Beispiel?«
»Wie zum Beispiel die Whitechapel-Morde. Außerdem will ich sehen, was ich tun kann, um Ihr Leben zu retten.«
35
Knall und Fall
N un sieh sich einer die an«, sagte von Klatka und deutete zum Wagen hinüber. »Die haben eine Heidenangst vor uns. Nicht übel, was?«
Von Klatka war ein wenig zu wohl in seiner Haut. Die Karpatische Garde war so spät erst in den Park gerufen worden, dass nichts zu tun blieb, außer ein paar mahnende Blicke auf die Meuterer zu werfen. Einen besseren Sieg konnte man sich gar nicht wünschen, überlegte Kostaki. Sie hatten reiche Beute gemacht und dennoch keinerlei Verluste erlitten. Die Polizei hatte die meisten Unruhestifter längst festgenommen und eingesperrt.
Zwischen den gitterähnlichen Latten des ersten Wagens lugten verängstigte Gesichter hervor. Frauen. Die meisten von ihnen trugen weiße Gewänder mit aufgesticktem rotem Kreuz.
»Kreuzfahrer Christi!«, spöttelte von Klatka. »Narren!«
»Auch wir waren einmal Christen«, erwiderte Kostaki. »Als wir mit Fürst Dracula gegen den Türken zu Felde zogen.«
»Eine alte Schlacht, verehrter Kamerad. Jetzt gilt es, neue Feinde zu besiegen.«
Er näherte sich dem Wagen. Kläglich winselnd wichen die Gefangenen zurück. Von Klatka grinste und knurrte wie ein Hund. Eine Frau stieß erstickte Schreie aus, und von Klatka lachte. Besaßen diese Kreaturen denn gar keine Ehre?
Kostaki erblickte ein vertrautes Gesicht unter den umherlaufenden Polizisten. »Heil dir, Schotte«, rief er. »Freut mich, Sie hier zu treffen.«
Inspektor Mackenzie blickte von seiner Unterredung mit einem Schließer auf und sah Kostaki auf sich zukommen. »Hauptmann
Kostaki«, erwiderte er den Gruß und hob salutierend die Hand an den Hut. »Ihnen ist ein rechter Spaß entgangen.«
Von Klatka stach mit dem Stock zwischen die Gitterstäbe des Wagens wie ein ungezogenes Kind im Zoo. Eine der Gefangenen sank in Ohnmacht, und ihre Genossinnen riefen Gott oder John Jago an, sie zu beschützen.
»Spaß?«
Mackenzie schnaubte verbittert. »So würden Sie es wohl nennen. Für Ihren Geschmack vielleicht zu wenig Blutvergießen, könnte ich mir denken. Keine Toten.«
»Ich habe keinen Zweifel, dass dieses Versäumnis beizeiten seine Wiedergutmachung erfahren wird. Es muss doch Rädelsführer geben.«
»Man wird bestimmt das eine oder andere Exempel statuieren, Hauptmann.«
Kostaki spürte das Unbehagen des Polizisten, seinen unterdrückten Zorn. Nur wenige Allianzen hatten tatsächlich Bestand. Es fiel diesem Mann gewiss nicht leicht, seine Pflicht mit seinem Gewissen in Einklang zu bringen. »Ich schätze Sie sehr, Inspektor.«
Der Schotte war erstaunt.
»Seien Sie auf der Hut«, fuhr Kostaki fort. »Wir leben in widrigen Zeiten. Niemand ist seines Postens sicher.«
Von Klatka steckte eine Hand in den Wagen und kitzelte ein verängstigtes Mädchen am Knöchel. Seine Faxen bereiteten ihm sichtliches Vergnügen. Er wandte sich zu Kostaki um und ersuchte grinsend um dessen Zustimmung.
Ein Vampir kam aus dem dunklen Park. General Iorga - ein Bramarbas par excellence - war versehentlich in den Aufruhr hineingeraten; nun stolzierte er einher, im Schlepptau jenen gönnerhaften Satansbraten Hentzau, als habe er soeben die Schlacht von Austerlitz gewonnen. Iorga grunzte, um von Klatkas Aufmerksamkeit
auf sich zu lenken, und wurde mit einem Ehrengruß belohnt. Er gehörte zu jener Sorte Offizier, die seit unvordenklichen Zeiten in den Armeen der Lebenden wie auch Untoten anzutreffen ist und sich unablässig ihrer Wichtigkeit versichern muss. Wenn er nicht gerade seinen Vorgesetzten nach dem Munde redete, malträtierte er seine Subordinierten. Vierhundert Jahre war es her, dass er der Sache Draculas ewige Lehenstreue geschworen hatte, und ebenso lange schon hegte er die heimliche Hoffnung, dass jemand den Pfähler auf einen seiner eigenen Pflöcke hievte. Der General wähnte sich selbst den König der Vampire. Was dies betraf, war er jedoch allein: Gegen den Fürsten war General Iorga ein Federgewicht.
»Heute Nacht findet in der Kaserne eine Feier statt«, verkündete Iorga. »Die Garde hat erneut einen Triumph errungen.«
Angewidert zog Mackenzie sich den Hut tief ins Gesicht, wagte es aber nicht, dem General zu widersprechen, der sich offensichtlich das Verdienst um die Zerschlagung des Aufruhrs anheften wollte.
»Von Klatka«, sagte Iorga,
Weitere Kostenlose Bücher