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Die Vampire

Titel: Die Vampire Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Newman
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Detektiv gesetzt hatten, war offenbar unangebracht. Schließlich hatte er nicht eben viel erreicht.
    Er hatte ein persönliches Entschuldigungsschreiben des Professors erhalten, in welchem dieser ihm versicherte, dass Colonel Moran für seine Einmischung zur Rechenschaft gezogen worden sei. Zudem hatte ihn ein eigentümliches Billett aus dünnem, mit grüner Tinte beschriebenem Pergament erreicht, dessen Verfasser ihm versprach, dass Mr. Yam, den Beauregard sogleich als den chinesischen Ältesten ausmachte, Mlle. Dieudonné nicht weiter belästigen werde. Allem Anschein nach hatte man eine Vereinbarung getroffen, die zu erfüllen sich der Herr der seltsamen Tode jedoch nicht länger genötigt sah. Beauregard musste an eine Meldung denken, auf die er beim Durchblättern der Times gestoßen war. Im Hause Dr. Jekylls hatte ein sonderbarer Überfall, ein quasi umgekehrter Einbruch stattgefunden. Offenbar hatte eine unbekannte Person sich Zutritt zu seinem Laboratorium verschafft und fünfzig goldene Sovereigns über der Asche des Vampirältesten verstreut, die der Wissenschaftler untersuchte.
    »Manchmal wäre es mir lieber, ich hätte noch nie von Vampiren gehört«, meinte Florence. »Das habe ich Bram auch immer gesagt.«
    Beauregard pflichtete ihr unwillig bei. Es läutete an der Tür, und er hörte Mrs. Yeovil am Salon vorübertrippeln, um den Besucher einzulassen.
    »Noch eine mitfühlende Seele, nehme ich an.«
    Gestern war Kate Reed, Penelopes neugeborene Skribentenfreundin, hereingeschneit und hatte eine halbe Stunde lang hilflos und verschämt umhergestanden, murmelnd ihr Mitgefühl bekundet und sich dann unter einem Vorwand eilig davongestohlen. Sie hatte Penelope schwerlich ein gutes Beispiel gegeben.

    Die Haustür wurde aufgezogen, und eine wohlvertraute Stimme erklärte: »Es tut mir leid, aber ich habe keine Karte.«
    Geneviève. Ehe er sich’s versah, war er auch schon auf den Beinen und im Flur; Florence folgte auf dem Fuße. Geneviève stand auf der Schwelle.
    »Charles«, sagte sie. »Ich dachte mir, dass ich Sie hier finden würde.«
    Sie trat vor Mrs. Yeovil hin und streifte ihren grünen Umhang ab. Die Haushälterin hängte ihn auf.
    »Charles«, stieß Florence hervor. »Sie sind überaus nachlässig.«
    Er entschuldigte sich und machte sie miteinander bekannt. Geneviève stellte ihr bestes Benehmen vor, indem sie Florence’ Hand ergriff und einen passablen Knicks vollführte. Mrs. Churchward war heruntergekommen, um den Neuankömmling in Augenschein zu nehmen. Beauregard machte auch sie bekannt.
    »Wie ich höre, benötigen Sie einen Arzt, der mit den Schwächen der Untoten vertraut ist«, wandte sich Geneviève ohne Umschweife an Penelopes Mutter. »Ich verfüge über einige Erfahrung auf diesem Gebiet.«
    »Dr. Ravna von der Harley Street ist bei uns, Miss Dieudonné. Ich halte seine Dienste für durchaus angemessen.«
    »Ravna?« Ihr Unmut war ihr deutlich anzusehen.
    »Geneviève!«, bat Beauregard.
    »Es lässt sich nicht höflicher ausdrücken, Charles. Ravna ist ein Aufschneider und Scharlatan. Er ist seit kaum einem halben Jahr Vampir, und schon spielt er sich wie der Calmet unserer Epoche auf. Mit Jekyll oder Moreau wären Sie wahrhaftig besser bedient, obgleich ich mir von ihnen nicht einmal eine Eiterbeule öffnen lassen wollte.«
    »Dr. Ravna kommt mit den allerbesten Empfehlungen«, hielt Mrs. Churchward dagegen. »Er verkehrt in den vornehmsten Häusern.«

    Geneviève machte eine wegwerfende Geste. »Auch die feinste Gesellschaft kann sich irren.«
    »Ich glaube kaum …«
    »Mrs. Churchward, Sie müssen mich zu Ihrer Tochter lassen.«
    Sie starrte Penelopes Mutter unverwandt an. Beauregard spürte die ungeheure Überzeugungskraft ihres Blickes. Die Wunde an seinem Handgelenk juckte. Gewiss hatte jedermann bemerkt, wie oft er sich an seiner Manschette zu schaffen machte.
    »Nun gut«, lenkte Mrs. Churchward ein.
    »Betrachten Sie es als freundschaftliches Angebot«, sagte Geneviève.
    Sie ließ Florence und Mrs. Yeovil zurück und folgte Mrs. Churchward in Beauregards Begleitung die Treppe hinauf. Als Mrs. Churchward die Tür zum Krankenzimmer öffnete, wehte ein grauenhafter Gestank auf den Flur hinaus. Der Geruch des Todes und Vergessens. Das Zimmer war mit schweren Vorhängen verdunkelt, allein ein Fischschwanzbrenner tauchte das Bett in fahles Licht.
    Dr. Ravna stand hemdsärmelig über die Patientin gebeugt und setzte ihr mit einer Zange ein sich windendes schwarzes Etwas an

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