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Die Vampire

Titel: Die Vampire Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Newman
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Engländer, sein Tonfall war gebieterisch. Es war Lieutenant Winthrop. Sie tat wie geheißen.
    Ein dicker Brei aus brennendem Gemüse kroch auf ihre Schuhe zu wie geschmolzene Lava. Mit festem Griff umklammerte ein Warmblüter ihren Arm und zerrte sie in eine schmale Seitenstraße. Hätte sie sich zur Wehr gesetzt, sie hätte Edwin ohne weiteres in Stücke reißen können. Doch dann würde sie Dravot die Stirn bieten müssen, der ihr zweifellos denselben Dienst erweisen würde.
    »Mir immer hübsch dicht auf den Fersen, was? Wie es scheint, habe ich mir eine kleine Spionin geangelt. Eine Westentaschen-Mata-Hari.«
    Während sie ihre Aufmerksamkeit auf Dravot gerichtet hatte, war Edwin ein Stück zurückgeblieben, um ihr hinterrücks aufzulauern. Sie war blindlings in die Falle getappt. Es war zwecklos, sich zur Wehr zu setzen. Schließlich standen sie auf derselben Seite.
    »Ich habe nicht die leisssessste Ahnung, wovon Sssie sprechen, Sssir«, fauchte sie zaghaft durch scharf gezackte Zähne.
    Dies war nicht der Zeitpunkt, ihren erregten Sinnen nachzugeben. Sie hörte den schwachen Puls an seinem Hals, in seinem Herzen. Er bedachte sie mit einem Lächeln, und die blaue Vene an seiner Schläfe tickte leise.
    Plötzlich lachte Edwin. »Verzeihen Sie, aber Sie hören sich schrecklich albern an.«
    Sie zwang ihre Fangzähne in die Kieferscheiden zurück. Die Nägel in ihren fest geballten Fäusten schrumpften.
    »Mein Name ist Kate Reed, und ich habe mich freiwillig als Fahrerin zum Sanitätsdienst gemeldet. Sie können sich bei Lady Buckingham oder Mrs. Harker nach meinen Referenzen erkundigen.«
    Er schien nicht sonderlich beeindruckt.

    »Ich nehme an, Sie sind mir nur gefolgt, weil Sie die Eingebung hatten, dass mir gar Schreckliches zustoßen werde und ich Ihrer engelsgleichen Zuwendung bedarf?«
    Um noch dümmer zu erscheinen, als sie es ohnehin schon tat, stellte sie sich fromm wie das sprichwörtliche Lamm. Er ließ von ihr ab und musterte sie von oben bis unten. Sie wusste, wie seltsam sie in ihrer Verkleidung auf ihn wirken musste.
    »Ich wollte nur ein wenig bummeln«, behauptete sie und schlang mit erhabener Miene den Schal um ihre Schultern.
    »Während eines Luftangriffs?«
    Die Markthalle war ausgebrannt. Dravot war um das Feuer herumgeschlichen. Er stand am Ende der Straße, ein gutes Stück entfernt. Sie versuchte krampfhaft, ihre Krallen einzuziehen. Der Sergeant durfte keinesfalls annehmen, dass sie seinen Schützling bedrohte.
    »Ihr Gesicht ist völlig rußverschmiert«, sagte Edwin wenig charmant.
    Sie rieb sich mit den Fäustlingen die Wangen. Er tippte sich auf die Stirn, und sie konzentrierte ihre Bemühungen auf diese Stelle.
    »Sie machen alles nur noch schlimmer. Mit dieser Brille sehen Sie aus wie ein Maulwurf.«
    Als Kind hatte man sie »Maulwürfchen« gerufen. Penelope Churchward, das Prinzesschen ihres kleinen Kreises, hatte diesen Spitznamen sehr amüsant gefunden. Penny hatte lange nichts mehr von sich hören lassen.
    »Sie sind überaus galant, Herr Stabsoffizier.«
    »Lieutenant Winthrop, zu Ihren Diensten.«
    Er hielt ihr die Hand hin wie eine Visitenkarte. Sie nahm seine Finger und drückte sie sanft, aber bestimmt. Er biss trotzig die Zähne zusammen und überspielte den Schmerz mit einem Lächeln.

    »Sehr erfreut.« Sie machte einen Knicks und ließ ihn los.
    Er krümmte die Finger, um sich zu vergewissern, dass sie noch zu gebrauchen waren.
    »Sie sind die Katherine Reed, die so geistreiche Artikel für das Cambridge Magazine verfasst, nicht wahr? Die unerschrockene Journalistin, die verlangte, Field Marshal Haig wegen fahrlässigen Verhaltens vor Gericht zu stellen?«
    Kate rutschte das Herz in die Hose. Wenn Edwin wusste, wer sie war, würde er vermutlich darauf dringen, ihr dieselbe Behandlung angedeihen zu lassen wie Mata Hari. Sie malte sich aus, wie Dravot ihr mit stiller Befriedigung den Kopf von den Schultern riss.
    »Ich hatte die Ehre, für diese Zeitschrift schreiben zu dürfen«, erwiderte sie unverbindlich.
    »Wie ich höre, verehren Sie die Frontsoldaten, denen es gelungen ist, das Cambridge an der Zensur vorbeizuschmuggeln, wie eine Heldin.«
    Seine Worte klangen wie ein Kompliment.
    »Und wurden Sie nach dem Osteraufstand nicht verhaftet? Ich scheine Sie mit den Gore-Booths und den Spring-Rices dieser Welt in einen Topf geworfen zu haben. Fabianerin und Fenierin.«
    »Ich schreibe nur, was ich sehe.«
    »Ich bin erstaunt, dass Sie durch diese Brille überhaupt

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