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Die Vampire

Titel: Die Vampire Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Newman
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glauben machen, dass er seine Informationen weitergegeben hat, damit wir unsere Karten offenlegen.«
    »Es wird Zeit«, mahnte Stalhein. »Wir müssen los.«
    »Gleich, gleich …«, widersprach Theo. »Dies ist ein raffiniertes Spiel und erfordert eine ruhige Hand.«
    »Ich habe das Wrack der RE8 überflogen«, sagte Göring. »Es hat bestimmt keine Überlebenden gegeben. Die Briten versuchen uns vorzugaukeln, sie wüssten um unser Geheimnis. Typisch Tommy.«

    Poe entdeckte seltsame Umrisse in den Rauchwolken, die Theos Kopf umhüllten. Der Offizier verlor sich buchstäblich in einem Nebel von Gedanken. Poe versuchte seinen Überlegungen zu folgen. Er war froh, dass seine deduktiven Fähigkeiten ihn nicht verlassen hatten, und kam hinter das Geheimnis, gerade als Theo zu der zwangsläufigen Folgerung gelangte.
    »Nein«, entschied Theo. »Der Beobachter hat den Absturz überlebt und ist mit heiler Haut davongekommen. Die Tatsachen lassen gar keinen anderen Schluss zu.«
    Die Flieger waren verblüfft.
    »Da komme ich nicht mehr mit, Theo«, sagte Lothar.
    »Der Beobachter ist ohne jeden Zweifel tot«, beharrte Göring.
    Theo entließ lächelnd einen Rauchring in die Luft. »Poe, hätten Sie die Güte, diesen Abc-Schützen unseren Gedankengang kurz zu erläutern?«
    Es war Theo also nicht entgangen, dass auch er die Lösung gefunden hatte. Poe war erstaunt. Die Flieger stellten ihre Stühle im Halbkreis auf, wie Kinder in Erwartung einer spannenden Geschichte.
    »Der Schlüssel ist das Schicksal Albert Balls«, erklärte Poe. »Die Briten behaupten, dass er erst lange nach dem Absturz gestorben sei, bei Sonnenaufgang, ein ganzes Stück vom Wrack entfernt. Im Niemandsland, zwischen den Fronten, während eines Bombenangriffs.«
    Göring schnaubte. »Das habe ich Ihnen doch gesagt. So steht es im Protokoll.«
    »Wer hat den Absturz beobachtet?«
    »Nur ich, sonst niemand. Ich hätte Ball zu gern den Rest gegeben und ihm das Blut ausgesaugt. Aber da die Maschine brannte, hielt ich es für unklug, eine Landung zu versuchen.«
    »Standen Sie nicht kürzlich erst in Verbindung mit dem britischen Geheimdienst?«

    Göring fletschte die Zähne, und seine spitzen Wildschweinhauer kamen zum Vorschein. »Du emporgekommener Hund, ich werde dich auspeitschen lassen …«
    »Er hat Recht, Hermann«, versuchte Theo den Registrator zu besänftigen. »Irgendjemand hat den Briten einen detaillierten Bericht deines Sieges über Albert Ball gegeben. Das kann nur der Beobachter aus der RE8 des Barons gewesen sein.«
    Poe sprang ihm bei. »Er hat den Bericht an seine Vorgesetzten übermittelt, ergo muss er überlebt haben und hinter die britischen Linien zurückgekehrt sein.«
    Des Rätsels Lösung stand im Raum. Theo wedelte mit seiner Zigarettenspitze, und die Rauchwolke zerstob.
    Lothar stieß einen Pfiff aus. »Das wird Manfred aber gar nicht freuen. Seine kleinen Scherze gehen nur selten nach hinten los.«
    Dass der Baron einen Fehler begangen hatte, bereitete den Fliegern sichtliches Vergnügen. Sie schienen dies zum Beweis dafür zu nehmen, dass der rote Kampfflieger aus dem gleichen Holz geschnitzt war wie sie selbst. Letztlich war auch Manfred nur ein Mensch.
    »Der Baron hätte Pilot und Beobachter töten müssen«, bestätigte Theo. »Das könnte weitreichende Konsequenzen haben.«
    »Trotzdem gibt es keinen Beweis dafür, dass der Beobachter noch lebt«, sagte Göring. »Ich halte das für äußerst unwahrscheinlich.«
    »Es gibt zwar keinen Beweis, aber ich bin davon überzeugt. Genau wie Herr Poe.«
    Die Flieger betrachteten ihn mit einer Mischung aus Verachtung und Bewunderung.
     
    »Wie ich höre, finden Sie meinen Bruder unzugänglich und verschlossen. Können Sie sich vorstellen, was es bedeutet, ein Leben lang an Manfreds Leistungen gemessen zu werden?«

    Lothar von Richthofen lehnte sich gegen eine Zinne. Ein leichter Wind verwehte seinen Fliegerschal, so dass sein lässig getragener Blauer Max zum Vorschein kam. Mit seinem strahlend weißen Gebiss, seiner matt schimmernden Mütze, den schwarzen Kniehosen und Lederstiefeln und der weiten, karminroten Uniformjacke im russischen Stil kam er dem Bild eines verwegenen Helden entschieden näher als sein Bruder.
    »Selbst wenn die Götter der Schlacht es so wollen und Manfred fällt, werde ich nie der Rote Baron sein. Ich werde auf ewig der Bruder des Roten Barons bleiben. Zwar habe auch ich meine Orden und meine Abschussbilanz. Trotzdem fliege ich nur in seinem

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