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Die Vampire

Titel: Die Vampire Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Newman
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Hüften, ein tödlicher Adonis. »Aber ich muss Ihnen Recht geben. Wir alle tragen diesen unmenschlichen Zug in uns. Zumindest wir vom ersten Jagdgeschwader. Aber Manfred ist anders. Er ist kein Mensch mehr, er ist eine Waffe. Ich liebe ihn, weil er mein Bruder ist, aber ich würde niemals mit ihm tauschen, nicht um seine Bilanz und nicht um seinen Ruhm.«

    Der Falke schwang sich in immer luftigere Höhen empor. Poe und Lothar folgten seiner Bahn und wandten den Kopf, um den Vogel nicht aus den Augen zu verlieren.
    »Manfred mordet, Poe. Das ist sein Beruf. Das ist sein Leben.«

30
Auferstanden von den Toten
    T rotz des Widerspruchs der Schwester unternahm Kate mit Edwin einen Spaziergang über das Krankenhausgelände. Es war kurz nach Tagesanbruch, und der Mond stand noch am Himmel. Da sie getönte Augengläser trug, konnte ihr die Sonne nur an strahlenden Sommertagen etwas anhaben. Das wässrigblaue Dämmerlicht des französischen Winters war kühl wie eine Neumondnacht.
    Edwin hielt ihre schlaffe Hand mit festem Griff umklammert. Er hatte sich verändert. Und sie wahrscheinlich nicht minder.
    Er hatte ihr nicht allzu viel von den Geschehnissen in Malinbois erzählt, nur dass er als Beobachter aufgestiegen war und sich nach dem Abschuss durch einen feindlichen Flieger zu den britischen Linien durchgekämpft hatte. Obgleich seine zögerliche Preisgabe der Einzelheiten zu einem Gutteil auf den Diogenes-Club zurückging, der seine Geheimnisse sorgsam zu hüten pflegte, erschien Edwin ihr fremd. Als ob auch er ein Geheimnis hütete. Dies war nicht der Edwin Winthrop, den sie kannte.
    »Ich besuche die Fliegerschule. Der Diogenes-Club hat mich an die neue Truppe ausgeliehen. Geschulte Geheimdienstleute werden dringend gebraucht.«
    Das Royal Flying Corps wurde vom Heer abgekoppelt und zu
einem eigenständigen Verband, der Royal Air Force, umgestaltet. Edwin hatte seine Offizierssterne abgelegt.
    »Ich hatte angenommen, dass Sie nach Ihrer letzten Tour nie mehr in ein Flugzeug steigen würden.«
    Seine Miene war wie versteinert, und seine Gedanken blieben ihr verschlossen. »Ich habe dort oben noch etwas zu erledigen, Kate. Ich muss noch einmal in die Luft.«
    Als die Sonne durch die Wolken brach, zuckte Edwin merklich zusammen, und seine Augen verengten sich zu schmalen Schlitzen. Sie wusste sofort, weshalb.
    »Ich muss einen Dämon vom Himmel holen.«
    Sie traten in den Halbschatten eines kahlen Baumes.
    »In Ihren Adern fließt Vampirblut«, sagte sie.
    Er nickte. »Es stammt von dem Piloten, mit dem ich abgeschossen wurde. Albert Ball.«
    Sie hatte von Ball, einem hochdekorierten Flieger-Ass, gehört.
    »Hat er Sie auch zur Ader gelassen?«
    Er schüttelte den Kopf. »Ball starb, bevor ich ihm helfen konnte. Ich erfüllte ihm seinen letzten Wunsch und trank von seinem Blut. Er glaubte wohl, auf diese Weise durch mich weiterleben zu können.«
    »Und jetzt werden Sie Pilot?«
    Sein Blick war durchdringend. Obgleich er sich nicht verwandelt hatte, keimte die Macht der Bezauberung in ihm.
    »In der Luft weiß ich genau, was ich zu tun habe. Ich weiß nicht, ob ich ein Naturtalent bin oder ob Ball mir diese Fähigkeit vererbt hat, aber meine Lehrer halten mich für einen wahren Wunderknaben. Das habe ich bestimmt von Ball. Oder die Flammen haben mir die Furcht aus dem Leib gebrannt.«
    Kate wusste nicht, was sie von diesem neuen Edwin halten sollte.

    Am frühen Vormittag hatten sie sich in Edwins Quartier in einem kleinen, ausschließlich von Briten bewohnten Hotel zurückgezogen. Sein winziges Zimmer lag im vierten Stock, unmittelbar unter dem Dach. Die Decke war so steil, dass Kate sich vorkam wie in einem Zelt. Schwere Schutzvorhänge verdunkelten ein Giebelfenster. Durch die Ritzen sickerte Tageslicht herein.
    Kate saß mit einem Kissenstapel im Rücken auf dem schmalen Bett. Edwin stand mit gesenktem Kopf im Schatten der niedrigen Decke.
    Sie war schwächer, als sie angenommen hatte. Die Wanderung im Morgengrauen hatte sie so viel Kraft gekostet, dass sie sich kaum rühren konnte. Edwin hingegen wirkte wie elektrisiert, seine Gedanken und Bewegungen waren schneller als die ihren, als sei sie die träge, gefügige, warmblütige Närrin und er der raubgierige Vampir, der ihre Abwehr zu durchbrechen versuchte. Vielleicht war das der Albert Ball in ihm. Und das verzweifelte, geschundene Heimatschuss-Opfer in ihr.
    Edwin kniete nieder und nahm ihre Hand. Etwas von seiner Lebenskraft ging auf sie über. Zu den

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