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Die Vampire

Titel: Die Vampire Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Newman
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Reed.«
    Miss Reed!
    Kates irisches Blut geriet in Wallung, doch sie war vermutlich nicht die Einzige, die der neue, bessere Edwin Winthrop pausenlos zur Weißglut trieb.
    »Wie hat Ihnen die Vorstellung gefallen?«
    »Sie fliegen, als seien Sie dafür geboren.«
    »Ich bin wie neugeboren, Beauregard.«
    Edwin ließ sich wie ein Zirkusakrobat zu Boden fallen und richtete sich auf. Er war noch immer warmen Blutes, und doch lag der Scharfsinn des Vampirs in seinem Lächeln, sprach kaum verhohlene Kälte aus seinen Augen.
    Sie kannte diesen Blick: von den warmblütigen Domestiken, die manche Älteste zum Frondienst pressten, indem sie ihnen Blutstropfen zu trinken gaben und die Verwandlung in einen Vampir in Aussicht stellten. Doch Edwin war kein Vampirsklave. Und ihrer schon gleich gar nicht.
    »Du fliegst wie Ball«, sagte Bertie. Es war eher eine nüchterne Betrachtung als ein Kompliment. Der neue Pilot nahm es widerspruchslos hin. Er hatte etwas von Albert Ball, und er hatte etwas von Kate Reed. Dennoch war er ganz Herr seiner Sinne. Er hegte die felsenfeste Überzeugung, dass letztlich alles einzig und allein an Edwin Winthrop lag.
    »Trotzdem hättest du lieber nicht auf den guten Rutledge schießen sollen«, meinte Ginger. »Solche Spielchen drücken die Moral der Truppe. Wer weiß, vielleicht riecht dir eines Tages ein Hunne an der Hose, und Rutledge ist weit und breit der Einzige, der den Knilch vom Himmel holen kann.«
    »Das halte ich für äußerst unwahrscheinlich.«
    Obgleich Bertie und die anderen Edwin bewunderten, akzeptierten sie ihn nicht als ihresgleichen. Sie trauten ihm nicht über
den Weg. Womöglich stellte er seine eigenen, unergründlichen Interessen über die des Geschwaders. Kate konnte es ihnen nicht verdenken.
    »Ich würde es begrüßen, wenn wir uns kurz besprechen könnten, Winthrop«, sagte Beauregard. »Sie, ich und Kate. Ich möchte etwas klären.«
    »Geht es um etwas Persönliches?«
    »Wenn Sie so wollen.«
    Jiggs, der Mechaniker, öffnete die Motorverkleidung von Edwins Maschine und fluchte, als ihn ein Schwall öliger Hitze anwehte.
    »Ich muss in einer Stunde Streife fliegen. Ich bin der einzige Warmblüter im Geschwader. Wir haben zu wenig Leute für Tagesflüge.«
    Kate fragte sich, wie warm Edwins Blut tatsächlich war.
    »Es dauert bestimmt nicht lange.«
    »Einverstanden.«

35
Hoher Besuch
    I m Schlosshof stand ein langes, schwarzes Auto. Sechs Motorräder mit uniformierten Kradbegleitern bildeten einen zinnenbewehrten Schutzwall um den Wagen.
    »Hoher Besuch«, sagte Theo.
    Die Morgensonne machte Poe benommen, und es kostete ihn einige Mühe, sein Entsetzen zu verbergen. Er wusste aus Erfahrung, dass hoher Besuch zumeist nichts Gutes zu bedeuten hatte. Seine Geschäfte mit amerikanischen und europäischen Verlegern
endeten jedes Mal mit Streit, Vertragsbruch und Ranküne, während seine derzeitigen Gastgeber vermutlich dazu neigten, mit Holzpflöcken und Silberkugeln Kritik an seinem Werk zu üben.
    Adlerwimpel schmückten das Verdeck des Wagens. Die Kradbegleiter waren elegante junge Neugeborene. Ihre schwarzledernen, zweifellos militärischen Uniformen sah Poe zum ersten Mal. Wahrscheinlich gehörten sie zu einer neuen Einheit, einer Unterabteilung von Kaiser Wilhelms Luftstreitkräften oder Dr. Mabuses Geheimpolizei.
    In einem deutschen Utopia würden alle Untertanen prachtvolle Uniformen tragen. Latrinenwärter würden aussehen wie Feldmarschälle. Feldmarschälle würden unter dem Gewicht von Messing und Medaillen stöhnen.
    Poe war sich schmerzlich bewusst, dass er der einzige Zivilist auf Malinbois war. Selbst Ewers trug die schmucke Uniform eines Kavallerieoffiziers, die ihm als Reservist einer obskuren Truppe zustand.
    Poe hätte sich am liebsten hinter Richthofen versteckt.
    Den Arm zum Gruß erhoben, öffnete einer der Kradfahrer den Fond der Staatskarosse. Ein insektoider Ältester kroch aus dem finsteren Wageninnern. Mit ihm entwich ein übelkeiterregendes Miasma. Ordonnanzen beschirmten die dürre Kreatur mit einem schwarzen Baldachin. Ihr Rattengesicht lag im Schatten, und ihre schmutzig weißen Augen schnellten hin und her, während sie sich steif aufrichtete.
    »Das ist Graf von Orlok«, erklärte Theo. »Er zählt zu Draculas engsten Beratern.«
    Nur die ältesten der Ältesten sahen derart grässlich aus. Orlok trug einen mottenzerfressenen Überzieher, der von zahllosen Knöpfen, Haken und Ösen zusammengehalten wurde. Er hatte einen Buckel,

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