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Die Vampire

Titel: Die Vampire Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Newman
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das sie mit dem Premierminister verband, baumelte, zwitschernd wie ein kleiner, kranker Vogel, an seinem Kabel.
    Mireau war tot, und die Franzosen zogen ihre Truppen zusammen. Die Amerikaner stellten sich gegen die deutsche Offensive: milchbärtige Rekruten gegen schlachtgestählte Veteranen oder, besser, beherzte junge Männer gegen ergraute, kampfesmüde Krieger. Und die Briten hatten sich eingegraben.
    Auf dem Dach des Hauptquartiers krepierte eine Granate. Ein Stück Gips fiel von der Decke und bestäubte Croft und Churchill
mit einer dünnen Puderschicht, so dass sie aussahen wie Schreckgespenster. Leberfarbene Lippen und feuerrote Augen bildeten die einzigen Farbtupfer in ihren kreidebleichen Masken. Subalterne wurden mit Eimern ausgesandt, um den Dachstuhlbrand zu löschen.
    »Es ist offensichtlich, dass große Verluste und schwere Niederlagen hätten vermieden werden können«, freute sich der geisterhafte Croft, »wenn der Diogenes-Club seine Verantwortung für den geheimen Krieg beizeiten abgetreten hätte.«
    Die deutsche Offensive war wie eine Welle, die auf breiter Front gegen die Bollwerke der britischen Auffangstellungen brandete und schäumte.
    Churchill dachte angestrengt nach.
    »Sie können auf keinen Fall so weitermachen«, sagte er schließlich. »Ohne die Attila werden sie den Überblick verlieren. Früher oder später wird es zum Chaos kommen.«
    Comte Hubert de Sinestre, ein zynischer General, meldete, dass Dracula gesichtet worden sei.
    Croft merkte auf. »Die Attila?«
    »Nein«, sagte de Sinestre. »Dracula führt seine Kavallerie in voller Rüstung in die Schlacht. Er reitet einen schwarzen Hengst und schlägt wild mit seinem Silberschwert um sich. Hier, an der linken Flanke. Wo der tapfere Mireau den Tod fand.«
    Der Offizier schien andeuten zu wollen, dass die Deutschen einen neuerlichen Vorstoß unternommen hatten.
    Croft war beunruhigt. »Wir wissen mit Bestimmtheit, dass sich der Graf an Bord des Luftschiffes befand. Bodentruppen haben ihn getötet.«
    Der französische Vampir zuckte die Achseln. »Der englische Geheimdienst ist für sein Misstrauen berühmt. Colonel Dax, ein überaus verlässlicher Offizier, hat sich für die Richtigkeit der Meldung verbürgt.«

    »Dracula war an Bord des Schiffes. Das entspricht ganz seiner Natur.«
    »Der Graf erweist sich als außerordentlich mobil«, fuhr Churchill dazwischen. »Ich habe soeben eine Depesche von Captain George Sherston von den Royal Flintshire Fusiliers erhalten, die besagt, dass Dragulya höchstpersönlich einen Bajonettangriff auf die rechte Flanke geführt hat, wobei er von Silberkugeln durchsiebt wurde. Wiederum ein Grund zum Feiern, Mr. Croft?«
    Croft zerquetschte das Attila -Oval in seiner Hand.
    »Wir haben es offenbar mit einer Armee von Doppelgängern zu tun«, folgerte Beauregard. »Als Nächstes wird der Graf in Piccadilly auftauchen, mit einem Strohhut auf dem Kopf.«
    »Eine mittelalterliche Taktik«, sagte Churchill und ballte eine feiste Hand zur Faust. »Imitatoren, um die Truppen zu vereinen, um Feuer auf sich zu ziehen.«
    »Der echte Dracula war an Bord des Zeppelins. Ich habe das bereits bestätigt.«
    Crofts gräuliches Gesicht verfärbte sich allmählich grün. Seine Hände zuckten nervös.
    »Der Kavallerie-Dracula liegt am Boden«, sagte de Sinestre. »Von MG-Feuer in Stücke gerissen. Der Angriff ist niedergeschlagen. Mireau ist gerächt.«
    »Das genügt nicht«, meinte Churchill. »Wir müssen ihn und alle seine Zwillinge vernichten.«
    »Er ist tot. Wirklich tot«, beharrte Croft.
    »Er wird sich an einem sicheren Ort aufhalten«, überlegte Beauregard. »Vermutlich in Berlin. Das Ganze war ein Ablenkungsmanöver.«
    »Nein«, versetzte Croft. Seine Finger schlossen sich um Beauregards Kehle. »Ich habe Recht, und Sie haben Unrecht.«
    Sein Gesicht, halbverfault unter der straffen Haut, kam näher, geisterbleich und grün, mit Gipsstaub überpudert. Beauregard
packte die Handgelenke des Vampirs und versuchte, sich aus seinem Würgegriff zu befreien.
    Die Offiziere gaben sich alle Mühe, die beiden Streithähne zu trennen.
    »He da«, schnauzte Haig, »sofort Schluss damit, ihr beiden. Hier wird nicht gerauft. Wir befinden uns im Krieg, falls Ihnen das entgangen sein sollte.«
    Croft ließ ihn los und stieß ihn von sich. Beauregard schnappte hustend nach Luft und lockerte den Kragen, der seinen mit blauen Flecken übersäten Hals umschloss. Der Mann in Grau beruhigte sich, sackte kraftlos in sich

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