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Die Vampire

Titel: Die Vampire Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Newman
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gewesen. Und Malenka war eher lächerlich als sonst irgendetwas gewesen. Sie mochten oberflächlich gewesen sein, aber sie waren freundlicher zu ihr gewesen, als die Etikette es erfordert hätte. Sogar Malenka hatte Witz gehabt. Kate hatte über den Zirkus um das Filmsternchen schreiben wollen. Sie hätte Geld mit den beiden verdient. Wenn man den Nachrichtenwert von Mordtaten bedachte, würde sie das vielleicht sogar noch tun.
    Sie waren vor ihren Augen abgeschlachtet worden.
    Ein Silbermesser mit langer Klinge hatte Kernassys Kopf abgetrennt und Malenkas Herz durchbohrt. Die Polizei fand die Waffe im Brunnen, sauber gewaschen. Silvestri achtete darauf, dass sie nicht ebenso verschwand wie Malenkas Kleid.
    Kate wusste, dass sie das hier nicht auf sich beruhen lassen würde. Sie hatte viel in der Stadt zu tun, hatte Sachen zu erledigen, die schon lange anstanden. Aber das hier war jetzt auch ihre Sache.
    Jemand rief ihren Namen.
    Einen Moment lang dachte sie, es wäre Marcello. Aber es war eine Frau.
    Geneviève.
    Sie stand hinter dem Absperrseil, trug einen weißen Strohhut und eine Sonnenbrille. Sie winkte Kate mit einem weiteren Hut zu.
    »Sie wollen mich nicht durchlassen.« Geneviève zuckte die Achseln und lächelte. Sie sah so jung aus.

    Ihre von der Sonne gebleichten Haare schimmerten. Ihr Lächeln hätte fast einem kleinen Mädchen gehören können. Ihre alten Augen waren nicht zu sehen. Sie freute sich wirklich, dass Kate hier war.
    Kate hatte der Polizei die Telefonnummer gegeben. Silvestri hatte offenbar jemanden dort anrufen lassen. Das war sehr aufmerksam.
    »Man hat mir gesagt, dass ich gehen kann. Ich bin unschuldig.«
    »Das bezweifle ich, Kate.«
    Sie sprach Englisch mit dem Hauch eines französischen Akzents.
    Sie umarmten sich über das Seil hinweg, küssten einander die Wangen. Kate fühlte sich nicht ganz wohl dabei, als ob jemand zwischen ihnen stünde.
    Charles natürlich.
    Sie waren nur durch Charles miteinander befreundet, und vielleicht noch durch den principe. Ihre Beziehungen zueinander waren sehr kompliziert. Edwin Winthrop gehörte auch mit dazu. Und Penelope.
    »Ich habe dir einen chapeau mitgebracht«, sagte Geneviève. »Ich wusste, dass du nicht an die Sonne denken würdest. Das tun Engländer nie, und dieses eine Mal nahm ich an, dass sich die Iren da nicht von ihnen unterscheiden würden.«
    Ein Polizist hob das Seil hoch. Kate duckte sich darunter hindurch und nahm den Hut. Er hielt das schlimmste Licht von ihrem Gesicht fern. Kate besah sich ihre Handrücken. Sie waren rot.
    »Du musst aufpassen«, sagte Geneviève, »oder du gehst hoch wie ein Feuerwerk. In diesem reizenden Klima besteht das Risiko einer spontanen Selbstentzündung.«

4
Die Rätsel von Otranto
    D er Palazzo Otranto hätte ebenso gut gewachsen wie erbaut worden sein können. Er war so gelungen wie ein Schneckenhaus oder das menschliche Herz, eine architektonische Spirale. Der Hauptkorridor begann als ein Sims ganz oben im Turm, wand sich wie die Züge eines Gewehrlaufs durch das Gebäude hinab, wobei die von ihm abgehenden Räume zum Erdgeschoss hin immer größer wurden, und endete schließlich in einem kreisrunden Gang um die tiefen Keller herum. Keine Treppen, nur eine durchgehende spiralförmige Rutschbahn, die gelegentlich von einer steilen Stufe durchbrochen wurde. Die reinste Hölle für die Kniegelenke.
    Der Palazzo stand in Fregene, ein paar Meilen außerhalb Roms an der Küste, zwischen Kiefernwäldern und den üblichen Ruinen. Es gab einen dem Pan geweihten Tempel auf dem Gelände. Der Dracula’sche Haushalt feierte ewige Saturnalien, ein unübersichtliches, endloses Fest, das Gäste anzog wie Fliegen.
    Tom war seit dem Frühling hier und wusste nicht recht, ob er noch länger bleiben sollte. Es gab keinen besonderen Grund weiterzuziehen, und er hatte ganz bestimmt nicht vor, in den Amtsbezirk der New Yorker Polizei zurückzukehren. Er hatte die Staaten ursprünglich verlassen, weil er Fragen wegen einer albernen Geschichte vermeiden wollte, die manche Leute vielleicht als Betrug betrachten mochten, obwohl sie gar nicht lange genug gelaufen war, damit Geld für ihn heraussprang. Ein Pech aber auch. Die ausschließliche Gesellschaft von Toten vertiefte sein übliches Ennui noch. Jemand Gefährliches mochte die Verärgerung erspüren, die er hinter modischem Desinteresse zu verbergen suchte. Die Toten waren Clowns, aber zugleich auch Mörder.

    Andererseits war dies das müßige, kultivierte Leben,

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