Die Vampire
Ausführung ausfüllen. Und selbst freundlich gesinnte ausländische Regierungen fingen an zu plärren, wenn der britische Geheimdienst auf ihrem Territorium Leute umbrachte.
Er tat so, als gähne er, setzte seine Fangzähne der Nachtluft aus, nahm Witterung auf. Er war immer noch belebt von Anibas’ gehaltvollem Blut. Manchmal spürte er die Angst eines Feindes auf der Zungenspitze, konnte er die Ahnung einer Absicht aus einer Schweißausdünstung herausschmecken. Jetzt war da nur ein Gewirr
römischer Sinneseindrücke, aber keine Spur von den drei Kumpanen.
Nicht der Hauch einer Spur.
Nichts Vampirisches, nichts Warmblütiges.
Er betrat die große, dunkle Eingangshalle und nahm den Aufzug zu Beauregards Stockwerk. Die Kabine setzte sich mit einem befriedigenden dumpfen Geräusch und Kettenrasseln in Gang.
Oben schloss er die Tür zu Beauregards Wohnung auf und trat ein. Der alte Herr rief, er solle ins Arbeitszimmer kommen. Dort rollte Beauregard gerade mit einiger Mühe vom Balkon herein.
»Sie müssen entschuldigen, Commander Bond. Gené ist nicht da. Sie sucht gerade ein Kleid für einen besonderen Anlass.«
»Eine Verlobung?«
»Ja, aber es wird auch für eine Beerdigung taugen müssen. Dann wurde die Lady Anibas also von unserem scharlachroten Henker vernichtet?«
Es überraschte ihn nicht, dass Beauregard das wusste. Der Mann hatte immer noch seine Quellen.
»Sie waren in Rom, um sich mit ihr zu treffen, nehme ich an. Um sie umzudrehen, sollte ich besser sagen. Eine von Edwins kleinen Operationen. Wie man sich vielleicht hätte denken können, war sie nicht allzu bereit, sich anwerben zu lassen. Was ist passiert? Haben die Russen ihr ein besseres Angebot gemacht?«
Er brauchte Beauregards Mutmaßungen nur zu bestätigen.
Der alte Herr schüttelte wissend den Kopf. Obwohl er sichtlich gebrechlich war, hatte er ein wenig Farbe bekommen. Er war vielleicht warmblütig, aber er musste sich irgendwo abgeschaut haben, wie man den Leuten um sich herum Energie abzapfte - bei seiner vampirischen Geliebten vielleicht?
»Der Leiter der Abteilung Rom ist sehr fähig«, sagte Beauregard. »Sie sind über ihn instruiert worden.«
»Gregor Brastow.«
»Ehemals Graf Gregor Brastow. Ein echter Karpater. Von dieser Brut sind nicht viele bei SMERSCH. Über die Jahrhunderte hat er die Fähigkeiten entwickelt, die man braucht, um immer wieder Säuberungen zu überleben. Sie nennen ihn den Kater. Landet immer auf den Pfoten.«
SMERSCH - von SMERtj SCHpionam, russisch für »Tod den Spionen!« - war eine Spionageabwehrabteilung der sowjetischen Sicherheitsdienste unter Lawrenti Beria - das Äquivalent der anderen Seite zum Diogenes-Club. Bond war bereits mit ihren Auslandsleuten aneinandergeraten und fasziniert vom Hang des farblosen Beria zu exzentrischen und extravaganten Mitarbeitern.
»Winthrop meint, Brastow wäre eine der gefährlichsten Kreaturen in Europa.«
»Scharfsinnig wie immer«, stimmte Beauregard zu. »Brastow ist isolierter in Rom, als er eigentlich sein müsste. Mario Balato, ein hohes Tier bei der hiesigen Kommunistischen Partei, ist ein Vampirhasser reinsten Wassers. Er rechtfertigt seine Vorurteile mit ständigen Marxzitaten. Aristokraten lassen die edle Bauernschaft ausbluten, die toten Arbeiter sind die Blutsauger der lebenden. Unsere amerikanischen Freunde denken, auf ihre etwas vereinfachende Art, dass Moskau sämtliche kommunistischen Parteien im Ausland mit eiserner Hand regiert. Das hätte Chruschtschow natürlich gern, genauso wie Stalin damals. Aber die italienischen Roten sind sozusagen zu bolschewikisch, um ständig das zu tun, was die Komintern will. Brastow holt seine eigenen Leute her, und es kommt zu Reibereien mit Balatos Leuten. Interne Morde, Explosionen in konspirativen Wohnungen, solche Sachen. Eine Theorie lautet, dass der scharlachrote Henker buchstäblich ein Roter ist und auf Balatos Befehl handelt.«
»Dann wäre Anibas’ Liquidation gleichzeitig gegen das Haus Vajda und gegen Brastow gerichtet. Sie war anscheinend viel wert. Mir sind heute den ganzen Nachmittag lang drei ausgeprägte
Individualisten hinterhergestapft, was darauf hindeutet, dass SMERSCH ziemlich aufgebracht ist.«
Die schmalen Hände des Alten flogen auf wie Vögel und fegten die Theorie beiseite.
»Der Henker ist zu theatralisch für einen von Balatos Messerstechern. Ehrlich gesagt kommt es mir so vor, als lägen seine Aktivitäten viel eher auf unserer Linie.«
Diese Idee war Bond natürlich
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