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Die Vampire

Titel: Die Vampire Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Newman
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auch schon gekommen. Der scharlachrote Henker hatte ihm das Leben gerettet und jemanden eliminiert, der ihn gerade hatte töten wollen. Winthrop hatte vielleicht noch einen weiteren Agenten in Rom, ohne dass Bond davon wusste. Diese Trickserei, »nur bei tatsächlichem Informationsbedarf« mit Einzelheiten rauszurücken, wäre bei Diogenes nicht weiter überraschend.
    Beauregard rollte rückwärts. Die Räder hinterließen Spuren auf dem Teppich. Er steuerte zu einem niedrigen Tisch hinüber und bot Brandy aus einer Karaffe an.
    Bond nahm dankend an.
    »Ich muss mich zurückhalten«, gestand Beauregard, »aber ich kann großen Genuss daraus ziehen, Ihnen dabei zuzusehen.«
    Es war ein guter Courvoisier, wenn auch kein exzellenter. Er ließ ihn einen Moment auf seiner Zunge singen. Seit der Verwandlung war sein Gaumen außergewöhnlich empfindsam geworden. Er fürchtete, für alles, was nicht erstklassig war, nicht mehr infrage zu kommen.
    Beauregard nahm eine Havanna aus einer Schachtel und ließ sich Feuer geben. Er rauchte sie an und schaute ein wenig traurig.
    »Ich habe im hohen Alter erstaunlich wenig verloren«, sagte er mit stillem Stolz. »Aber der Geschmackssinn verabschiedet sich langsam.«
    Bond wusste, dass er wahrscheinlich nicht so lange bestehen
würde wie Charles Beauregard, nicht einmal als Vampir. Er war kein Aufsteiger wie Winthrop und vor ihm Beauregard; ihm würde die herrschende Clique verschlossen bleiben. Wenige Agenten im Außeneinsatz waren noch weit über die vierzig hinaus mit dabei. Es war keine Frage des Wollens, sondern des Nervenkostüms. Als Vampir hatte er in dem Spiel vielleicht vier oder fünf Jahrzehnte mehr als ein Warmblütler, allerdings riskierte er, in der bildhaften Sprache eines Kollegen vom CIA, ein »wandelndes Blutbad« zu werden. Einer der weniger erfreulichen Aspekte der Verwandlung war es, dass man nie genau wusste, in was genau man sich verwandeln würde.
    »Haben Sie den scharlachroten Henker gesehen?«, fragte Beauregard.
    »Nur seine Hände. Sie waren rot.«
    »Vom Blut?«
    »Nein. Also schon. Da war Blut. Er hatte einen silbernen Draht, der klebte von dem Zeug. Aber seine Hände waren rot. Gefärbt, oder von irgendetwas fleckig.«
    »Zeugen sprachen von einem roten Gesicht. Nicht nur von einer Maske, obwohl er eine Dominomaske und eine Kapuze trägt. Das war einmal Mode unter den ausgefalleneren Pariser Verbrechern. Fantomas, Irma Vep, Flambeau. Jetzt verbreitet sie sich über ganz Europa. Kriminal, Diabolik, Satanik, Killing. Absurde Namen, Kostüme, Masken. Ein bisschen wie bei unsereinem, schätze ich. Diese Leute sind nie aus ihrem Bedürfnis herausgewachsen, sich zu verkleiden und Piraten zu spielen.«
    »Bei ihm war das kein Spiel. Sondern echt.«
    »Ja, schon. Durchaus. Der hier ist ein anderes Kaliber. Er ist kein Dieb. Er nimmt keine Andenken mit. Ich glaube nicht, dass er einem persönlichen Tatmuster folgt wie die meisten verrückten Mörder. Ich halte ihn für einen Attentäter. Er ist das ausführende Organ einer Gruppe oder von Einzelpersonen. Er tötet,
weil es ihm gesagt wird, und er lässt manche am Leben - wie Sie oder meine alte Freundin Kate Reed -, weil deren Tode in dem gut ausgearbeiteten Plan nicht vorgesehen waren.«
    »Was glauben Sie, wer hinter ihm steht?«
    Beauregard lächelte. »Genau das ist die Frage, Commander Bond. Wenn es SMERSCH nicht ist und wir es auch nicht sind, wer bleibt dann noch? Es ist schrecklich verlockend, Dracula mit ins Spiel zu bringen, meinen Sie nicht?«
    »Die Opfer waren Freunde von ihm.«
    »Freunde? Ich bezweifle, dass er zu Freundschaften fähig ist. Aber das ist eine Frage für ein andermal. Auf jeden Fall waren die toten Ältesten Zeitgenossen von ihm, Unterstützer sogar, Verwandte, Untergebene. Il principe ist launisch. Er hat den Vampirismus in der ganzen Welt verbreitet und dafür gesorgt, dass die Untoten ungefährdet leben und sich offen zeigen können. Vielleicht hat er seine Meinung geändert und möchte die Untoten jetzt wieder zurück in die Schatten treiben.«
    »Anibas hätte ihn hintergangen.«
    »Wie jeder der toten Ältesten. Als Brut ist ihnen Treue nicht besonders wichtig. Draculas Herrschaft war stets auf Angst gegründet, nicht auf Liebe. Er rechnet ständig mit Verrat und hat sogar den Eindruck, dass etwas nicht stimmt, wenn dieser mal auf sich warten lässt. Älteste besitzen Willensstärke, aber keine Persönlichkeit.«
    »Und was ist mit …?«
    »Geneviève? Sie ist einzigartig.

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