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Die Vampire

Titel: Die Vampire Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Newman
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Kind. Das eine Auge hinter blonden Haaren verborgen. Mit dem scharlachroten Henker hatte Kate sich geirrt, aber dies hier war das kleine Mädchen von der Piazza di Trevi.
    »Entschuldigen Sie mich«, sagte sie zu Kent und schob sich an ihm vorbei.
    Das Mädchen war verschwunden.
    Jetzt hätte Kate am liebsten geweint. Sie wusste, dass sie in einem benommenen, fast schon tauben Zustand war. Sie wollte hellwach sein, sie selbst sein. Sie musste jetzt sie selbst sein.
    Ein roter Ball hüpfte über den Boden und rollte vor ihre Füße. Sie beugte sich vor, um ihn aufzuheben, tippte ihn dabei aber ungeschickt an. Der Ball hüpfte empor wie ein Luftballon und sprang davon wie ein chinesischer Vampir. Er prallte vom Kopf des Soldaten Elvis Presley ab und gegen die Brust des Autors Edgar Poe, der seinen Drink verschüttete, dann hüpfte er weiter, zwischen Gina Lollobrigida und einem Ältesten hindurch, den Kate nicht kannte. Es war, als ob der Ball zu fliehen versuchte. Kate ließ ihn nicht aus den Augen und folgte ihm.

21
Draculas Braut
    J emand Kleines schob sich an Geneviève vorbei. »Ich hätte gedacht, für Kinder ist längst Schlafenszeit«, sagte Bond.
    Sie sah sich um, konnte aber kein Kind entdecken.
    »Kleines Biest«, sagte der Spion sinnierend.
    »In dieser Gesellschaft sollten Sie nicht nach dem Aussehen gehen, Commander Bond. Melissa, meine Fanggroßmutter, ist eines dieser ewigen Kinder; sie wurde als Sechsjährige verwandelt. Sie ist jetzt schon den Gutteil von tausend Jahren ›ssreckliss böösse‹.«
    Sie fragte sich, ob Melissa d’Aques wohl hier war. Geneviève hatte von dem alten Mädchen seit über hundert Jahren nichts mehr gehört. Früher einmal hätte das bedeutet, dass die Älteste vernichtet worden war. Heute deutete es darauf hin, dass sie dem Kreis angehörte, dem Draculas Rummel missfiel. Manche waren das Leben im Schatten derart gewöhnt, dass sie es dem principe nie verzeihen würden, die Bühne der Öffentlichkeit erklommen und die Exklusivität des Vampirdaseins für immer zerstört zu haben.
    Das Wort machte die Runde, dass Dracula bald erwartet wurde.
    Penelope erhielt gerade Befehle von Prinzessin Asa, die sich während des Festes bereits zweimal umgezogen hatte. Zweihundert Jahre hatten an ihrer gebieterischen Aufmachung nichts geändert. Die befremdliche Kreation, die sie nun trug, war ebenso gut für Moldawien wie für den Planeten Mongo geeignet.
    Asa hatte ein wildes, beinahe mongolisches Gesicht. Im Augenblick wurde es von einer dämonischen Halskrause aus einem
Material wie Echsenhaut umrahmt; sie diente als Kragen für eine türkise Satinschleppe, deren Träger zwei als Sarottimohre verkleidete Zwerge waren. Unter dem Umhang trug die Prinzessin einen knappen Walkürenbrustpanzer aus Messing und einen kurzen Rock aus Ketten und Leder. Die spitzen Absätze ihrer schenkellangen Stiefel machten sie ebenso viel größer wie ihre Turmfrisur. In der Hand hielt sie eine zusammengerollte Lederpeitsche, die vielleicht noch aus der guten alten Zeit stammte, in der sie ihre Bauern in Ruhe hatte knuten können.
    Bond war ganz hingerissen von der königlichen Verlobten. Geneviève empfand die Aufmachung der Prinzessin als albern, aber in dieser Gesellschaft brauchte es eine Menge, um herauszustechen. Und Asa Vajda stach definitiv heraus.
    Penelope reagierte auf jeden Erlass mit einem höflichen Nicken. Fanfaren würden erschallen, Fackeln sollte es geben und von den Wehrmauern eine Kanonade. Penny regte an, dass es politisch vielleicht klüger wäre, die Kanonen vorher auf das Meer zu richten.
    »Kettenkugeln sind ein schlechter Ersatz für Konfetti, Prinzessin.«
    »Pah!«, verkündete Asa. »Was kümmern uns die Sterblichen! Sie sollten dankbar sein, dass sie zum Gedenken an mein Glück bluten und sterben dürfen. Wenn wir auf das Meer schießen, was haben wir davon? Tote Fische. Ich mag keinen Fisch.«
    Penelope schien mit ihrem Latein am Ende. Geneviève hatte den plötzlichen Drang, der Engländerin beizuspringen.
    »Es ist Tradition, dass Draculas Kanonen auf das Meer abgefeuert werden«, warf sie ein. »Aus Rache für die Flut von 1469, die die fliehenden Türken abschnitt und Vlads Truppen daran hinderten, des Feindes Mannen niederzumetzeln.«
    Des Feindes Mannen, das war gut. Regelrecht fünfzehntes Jahrhundert. Asa wandte ihre großen Augen herum.

    »Die Dieudonné«, sagte sie. »Carmilla Karnsteins kleine Freundin.«
    »Sehr erfreut, Sie wiederzusehen, Asa.«
    Vor

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