Die Vampirverschwoerung
bei einem Menschen für möglich gehalten hatte.
»Olivia Abbott?«, quiekte er.
»Hi«, sagte Lucy zögernd. Sie drehte den Kopf zur Säule. Soweit sie hören konnte, unterhielt sich Mr Grosvenor jetzt über den deutschen Expressionismus.
»Olivia spricht immer noch von dir!«, sagte Mrs Abbott.
»Wirklich?«, fragte Lucy.
»Wirklich?« Brian starrte sie an. Eine SchweiÃperle erschien mitten auf seiner Stirn.
»Seine erste Liebe vergisst man nie«, sagte Mrs Abbott wehmütig, »selbst wenn sie in der Kindergartenzeit gewesen ist.«
Ich glaubâs nicht!, dachte Lucy. Brian Warchuck starrte sie mit einem breiten, verträumten Grinsen an. Seine Haare klebten an seinem Kopf und auf seinem Kinn sprossen exakt drei rötliche Barthaare.
»Und was führt dich nach Franklin Grove, Brian?«, fragte Mrs Abbott. »Wir wohnen erst seit September hier.«
»Wâ¦wir sind vor ein paar Jahren nach Creemore gezogen«, stammelte Brian, unfähig, den Blick von Lucy abzuwenden. »Das ist nur 20 Kilometer von hier.« Sein Adamsapfel zuckte nervös. »Ich habe immer noch deine blaue Kuscheldecke, Olivia. Hast du noch meinen Teddybär?«
»Ich glaube nicht.« Lucy schüttelte den Kopf.
»Du hast Teddy weggeworfen?« Brians Lippe zitterte. »Aber du hast gesagt, du würdest dich niemals von Teddy trennen!«
Wusch, wusch!, dachte Lucy und ihr Mund wurde
staubtrocken. Was, wenn Brian auf sie stand? Sie sah Olivias Mom verzweifelt an.
»Natürlich hast du diesen Teddybär noch, Liebes«, sagte Mrs Abbott. »Er sitzt auf dem Regal in deinem Zimmer.«
Lucy fiel vor Erleichterung beinahe in Ohnmacht. »Ach, der Bär«, krächzte sie dankbar. »Natürlich.«
Die Lichter im Foyer gingen an und aus und signalisierten so, dass die Pause zu Ende war und alle auf ihre Plätze zurückkehren sollten.
»Na, dann. Es wird anscheinend Zeit, wieder reinzugehen. Tschüs!«, sagte Lucy verzweifelt.
»Ich kann dich ja mal mit dem Bus besuchen kommen«, bot Brian an.
»Am besten, du rufst vorher an«, sagte Lucy, bevor sie Mrs Abbott zur Tür zum Zuschauerraum zog.
Ich muss mal ein ernstes Wörtchen mit Olivia über ihren Jungsgeschmack reden , dachte sie.
»Wir stehen unter âºAbbottâ¹ im Telefonbuch!«, rief Olivias Mom noch über die Schulter.
Als sie wieder auf ihren Plätzen saÃen, kehrten Lucys Gedanken zu Mr Grosvenor, der neuen Ausstellung im Kunstmuseum und den Plänen ihrer Freunde, ihren Vater in Franklin Grove zu halten, zurück.
Er ist der perfekte Kandidat für diesen Museumsjob, dachte sie, aber von selbst würde er sich nie dort bewerben.
»Du hättest Brian deine E-Mail-Adresse geben sollen«, flüsterte Audrey ihr ins Ohr, als die Schauspieler wieder auf die Bühne kamen.
Das ist es!, dachte Lucy. Ich schicke dem Museumsdirektor eine E-Mail und tue so, als sei ich mein Vater!
»Gute Idee«, flüsterte Lucy zurück. »Danke, Mom!«
Â
Olivia faltete sorgfältig eine schwarze Cargoshorts und legte sie oben auf die anderen Kleider in einen Karton. Sie nahm das Paketband von Lucys Bett und klebte den Karton zu. Dann schrieb sie mit einem schwarzen Filzschreiber LUCYS SOMMERKLAMOTTEN auf die Seite. Sie lieà sich aufs Bett fallen. Au! Sie zog unter sich eine von Lucys riesigen schwarzen Handtaschen hervor, die bis obenhin mit Kosmetikartikeln und Schulsachen vollgestopft war.
Wenigstens hat Lucy durch mich ein paar ordentlich gepackte Kartons, wenn sie wirklich umziehen muss, dachte sie traurig.
Olivia war teils erleichtert und teils enttäuscht gewesen, als sie Lucys Haus betreten und eine Nachricht von Mr Vega vorgefunden hatte. Er würde erst spät nach Hause kommen. Einerseits musste sie sich so keine Sorgen machen, dass sie sich vielleicht nicht wie Lucy benahm. Aber andererseits hatte sie sich auch ziemlich darauf gefreut, einige Zeit mit ihrem Vater zu verbringen. Sie wollte ihm zeigen, was er verlieren würde, wenn er umzog  â wie nett und klug und cool sie war  â, auch wenn er dachte, dass sie in Wirklichkeit Lucy war. In diesem Augenblick hörte Olivia ein Geräusch von oben.
»Lucy!«, rief Mr Vegas Stimme. »Ich brauche deine Hilfe!«
Olivia sprang auf und hüpfte zum Spiegel, der an einer Innenseite von Lucys Schranktüren hing. Sie schüttelte sich, um ihre
Weitere Kostenlose Bücher