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Die Verbannung

Titel: Die Verbannung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julianne Lee
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er im November 2000 das Einwickelpapier hier vorfinden würde.
    Erfüllt von dem gespenstischen Bewusstsein, zugleich mit seiner eigenen Vergangenheit und der Zukunft der Welt verbunden zu sein, legte er die Zellophanhülle vor sich auf den Boden. Dann, ging er um den Stein herum und stieß ihn an seinen alten Platz zurück. Das Zimttoffee klebte an seinen Zähnen, und er schob es mit der Zunge im Mund herum, um den Geschmack voll auszukosten. Vermutlich würde er in seinem Leben keine derartigen Köstlichkeiten mehr zu Gesicht bekommen. Nachdenklich stopfte er den Geldbeutel wieder in seinen sporran zurück.
    Als er in die Burg zurückkehrte, begannen die Bewohner dort gerade mit ihrem Tagewerk. Auch in der Küche wurde bereits eifrig gearbeitet, das sah er an der Reihe toter Aale und den geschlachteten Hühnern, die am Zaun der Tiergehege hingen. Den Hühnern hatte man die Köpfe abgeschlagen; das Blut wurde in Schüsseln aufgefangen, um es später in Pasteten verarbeiten zu können. Die Tische in der großen Halle waren mit Mehlsäcken, Käselaiben, Krügen, die Gott weiß was enthalten mochten, und Schalen mit sahniger weißer Butter beladen.
    Draußen ertönte plötzlich lautes Gekicher, und eine Schar junger Frauen kam schwatzend und lachend zur Tür herein. Sie trugen mit Blumen gefüllte Körbe bei sich. Bei Dylans Anblick verstummten sie einen Moment, dann fuhren sie fort, über eine Romanze zwischen zwei Bewohnern des Tals zu klatschen, deren Namen Dylan vage bekannt vorkamen. Marsailis schwangere Tochter war eine der Frauen, und jetzt fiel ihm auch wieder ein, wie sie hieß. Ailis. Ailis Matheson. Sie war zu einem stämmigen Mädchen mit den hellen Matheson-Augen herangewachsen, aber sie kam ihm immer noch sehr jung vor. Älter als fünfzehn oder sechzehn konnte sie gewiss nicht sein. Als sie mit ihrem Korb voll kleiner weißer Rosenknospen an ihm vorbeiging, blickte er auf ihren Bauch und sagte: »Herzlichen Glückwunsch.«
    »Danke.« Sie errötete, lächelte und nestelte dann an einer der Blumen in ihrem Korb herum.
    Obwohl Dylan wusste, wer sie war, hatte er früher kaum ein Wort mit ihr gewechselt; weil er noch neu im Tal und sie noch ein Kind gewesen war, kannte er sie nicht sehr gut. »Als ich dich das letzte Mal gesehen habe, konnte ich mir kaum vorstellen, dass du schon so bald heiratest.«
    Sie kicherte und blickte flüchtig zu ihren aufmerksam lauschenden Freundinnen hinüber, dann warf sie den Kopf zurück. »Und im ganzen Tal kann es kaum ein Mädchen geben, das nicht darauf gehofft hatte, dich zu heiraten.«
    Diese Bemerkung rief lautes Gelächter seitens der Frauen hervor und trieb Dylan das Blut in die Wangen. Ailis bekam Mitleid mit ihm, hörte auf zu lachen und sagte ernst: »Marc und ich haben vor einem knappen Jahr geheiratet, kurz bevor er in den Kampf zog.«
    Dylan blinzelte. »Marc? Marc ... Hewitt?« Vor zwei Jahren hatte der Burgwachposten mit einem Küchenmädchen namens Seonag geschlafen. Suchend blickte er sich in der großen Halle um. »Ist ...« Wie konnte er Ailis nach Marc und Seonag fragen, ohne sie zu kränken?
    Doch sie schien seine Gedanken zu lesen. »Seonag ging ein Jahr nachdem du uns verlassen hast, von uns. Es war ... eine plötzliche schwere Krankheit, im Sommer.«
    Die Nachricht stimmte Dylan traurig. »Tut mir Leid, das zu hören. Sie war so ein nettes Mädchen.«
    Etwas flammte in Ailis' Augen auf, erlosch aber sofort wieder, und sie bestätigte nur ausdruckslos: »Ja, das war sie.« Und wieder hatte Dylan das Gefühl, als ob sie es sorgsam vermied, über ein unangenehmes Thema zu sprechen. Er hätte ihr gerne noch ein paar Fragen über Seonag gestellt, aber Ailis nickte ihm nur zu und gesellte sich wieder zu ihren Freundinnen.
    Das Frühstück wurde während der Hochzeitsvorbereitungen aufgetragen, und die Hafergrütze war die beste, die Dylan vorgesetzt worden war, seit er die Burg verlassen hatte. Er hatte sich zu sehr an den kalten drammach gewöhnt, der während seiner Zeit als Outlaw sein Hauptnahrungsmittel gewesen war. Während er aß, sah er sich in der Hoffnung, einen Blick auf Cait erhaschen zu können, immer wieder in der Halle um, doch er konnte sie nirgendwo entdecken. Vermutlich musste sie die Zeit bis zur Hochzeitszeremonie von den anderen abgesondert verbringen. Auch Ciaran war nicht unter den spielenden Kindern; der Junge hielt sich wohl bei seiner Mutter auf.
    Am späten Vormittag erschien Malcolm in der großen Halle, und Dylans Stimmung hob

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