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Die Verbannung

Titel: Die Verbannung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julianne Lee
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Versammlungen jeglicher Art waren streng verboten; standen mehr als zwei Männer beieinander und unterhielten sich, wurden sie harten, oft von Schlägen begleiteten Verhören unterzogen.
    Während des Aufstandes waren einige Männer in den Kampf geschickt worden. Ob dies auf Iain Mórs Anweisung hin geschehen war, wusste keiner ganz genau. Es hatte in Glen Ciorram nur wenige verfügbare Männer gegeben, und diese hatten unter dem Befehl eines MacDonells gestanden. Ihre Abwesenheit hatte bei den englischen Soldaten Verdacht erregt, und die schutzlos zurückgebliebenen Frauen trugen die schwere Last, unter den wachsamen Augen der Rotröcke die Felder zu bestellen und die Häuser zu versorgen, ganz alleine. Teile der Ernte waren ebenso beschlagnahmt worden wie Pferde und Vieh. Alle Pferde der Burg waren jetzt Eigentum Seiner Majestät, und nur ein creach, ein Viehraubzug in das Gebiet der MacDonells mitten im Winter, hatte einige Kinder des Clans davor bewahrt, an Unterernährung zu sterben.
    Dylan fiel auf, dass der Eintopf, den er aß, hauptsächlich aus jungem Gemüse und Zwiebeln bestand, also aus Nahrungsmitteln, die erst innerhalb der letzten Wochen auf den Feldern gewachsen waren. Ein kleines weißes Bröckchen auf dem Grund seiner Schale verriet ihm, dass der Clan auch Aale aus dem See verzehrte. Er selbst mochte Aal gerne, aber die restlichen Mathesons hielten ihn für ungenießbar. Der Winter in Glen Ciorram musste sehr hart gewesen sein.
    Während Dylan den Geschichten über den Kampf gegen den Hunger lauschte, beschlich ihn das unbehagliche Gefühl, dass irgendetwas unausgesprochen in der Luft lag. Etwas Furchtbares musste während seiner Abwesenheit geschehen sein; etwas, was niemand zu erwähnen wagte, denn alle redeten nur darum herum.
    Die meisten Männer, die in den Kampf gezogen waren, waren nicht mehr zurückgekehrt. Jetzt gab es in Ciorram viele Witwen, die allein zurechtkommen mussten und deren Söhnen viel zu früh die Aufgaben von erwachsenen Männern zufielen. Und obwohl schon einige der Beschränkungen gelockert worden waren, strichen immer noch zahlreiche englische Soldaten durch das Tal und ahndeten jede Äußerung und jede Handlung, die sie als Beleidigung für König George betrachteten, mit schweren Strafen.
    »Und ihr solltet wissen, dass die Dragoner bei Nana Pettigrew waren«, wurden Dylan und seine Männer von Robin gewarnt. »Ihr wollt ja wohl ihre Dienste jetzt nicht mehr in Anspruch nehmen, oder?«
    Dylan runzelte die Stirn. »Wie bitte? Nana näht für die Engländer?«
    Das Gelächter, das auf diese Frage folgte, verwirrte ihn noch mehr. Robin grinste. »Och, er hat wirklich immer nur Cait im Kopf gehabt!« Als das Gelächter abebbte, erklärte er: »Du weißt doch bestimmt, dass Nana fast alle allein stehenden Männer im Tal getröstet hat.«
    Jetzt fiel auch bei Dylan der Groschen; er hob die Augenbrauen und verwünschte sich im Stillen für seine Begriffsstutzigkeit. Robin berichtete weiter, dass niemand in Ciorram ihr mehr Nähaufträge erteilte. Da sie kein Land besaß, war sie nun allein auf die Unterstützung der Soldaten angewiesen. Dylan schloss daraus, dass das >Trösten< der Clansmitglieder als Dienst an der Allgemeinheit, das Herumhuren mit englischen Soldaten dagegen als Verrat angesehen wurde. Die Männer von Glen Ciorram waren der Meinung, dass sich Nana, wenn sie schon so viel für na fir-striópachais Sassunaich übrig hatte, gefälligst auch von denen ernähren lassen sollte.
    Dylan fragte sich, was wohl mit ihr passiert wäre, wenn sie die Dragoner zurückgewiesen hätte, aber er sagte lediglich: »Cait würde mir sowieso die Hölle heiß machen, wenn ich mich bei Nana blicken ließ.«
    »Bist du dir ganz sicher, dass du dich endgültig entschieden hast?«, stichelte Robin. »Willst du wirklich Cait heiraten, wo es doch jetzt so viele verfügbare Frauen im Tal gibt? Ich meine, bei dir eine gewisse Zurückhaltung gespürt zu haben, als du sie begrüßt hast.«
    Das löste wieder schallendes Gelächter aus, und auch Dylan konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen.
    Artair verzog finster das Gesicht. »Ich finde es ungesund, wenn ein Mann so vernarrt in eine einzige Frau ist«, knurrte er.
    Dylan musterte ihn aus schmalen Augen. Er gedachte, dieses heikle Thema im Keim zu ersticken, ehe es eine für ihn unerfreuliche Wendung nahm. Mit erhobener Stimme verkündete er: »Cait ist nicht irgendeine Frau. Sie ist ein Geschenk Gottes, meine andere Hälfte, und jeder, der

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