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Die Verbannung

Titel: Die Verbannung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julianne Lee
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sich schlagartig. Es hatte einmal eine Zeit gegeben, wo Malcolm der einzige Mensch in Glen Ciorram gewesen war, dem er rückhaltlos vertraut hatte. Der alte Mann stützte sich jetzt auf einen Gehstock, bewegte sich aber noch so würdevoll wie immer, mit hoch erhobenem Haupt und straffem Rücken. Er nahm neben Dylan auf der Bank Platz und gratulierte ihm zu seiner bevorstehenden Hochzeit, dann beugte er sich vor, stützte sich mit dem Ellbogen auf den Tisch und hielt mit der anderen Hand seinen Stock fest. »Ich will dir ja nicht den Tag verderben, Freundchen«, sagte er, »aber in meiner Eigenschaft als fear-cuideachaidh des Lairds muss ich dich darauf hinweisen, dass da noch die Kirchengebühr zu entrichten wäre. Cait erhält zwar eine Mitgift, obwohl sie Witwe ist, aber es ist an dir, diese Gebühr ...«
    Dylan hob eine Hand, um Malcolm am Weiterreden zu hindern, griff nach seinem sporran und entnahm seinem Geldbeutel eine Goldguinee. »Reicht das?«
    Malcolms Augen wurden groß. »Das ist doppelt so viel, wie du brauchst, würde ich sagen. Hast du vom König neben Geld und Land nicht zufällig auch noch einen Liebesbrief erhalten?«
    »Och, nein.« Dylan verzog säuerlich das Gesicht, als er an das Dutzend Schillinge dachte, das er während seiner Haftzeit im Tolbooth eingebüßt hatte. »Die Goldstücke hatte ich vorher gut versteckt. » Er beugte sich vor und schlug einen betont vertraulichen Ton an. »Weil du ein guter Freund von mir bist, Vetter, werde ich dir einen Rat geben: Trag nie größere Summen bei dir, wenn du weißt, dass du vielleicht verhaftet wirst. Merk dir das für die Zukunft.«
    Ein glucksender Laut entrang sich Malcolms Kehle, bevor er meinte: »Gestatte, dass ich dir behilflich bin, mein Sohn.« Er wühlte in seinem sporran und legte seine eigene Geldbörse auf den Tisch, die einen beachtlichen Umfang aufwies.
    Auf Grund langjähriger Erfahrung in der Beurteilung der Börsen anderer folgerte Dylan, dass diese einige Pfunde in Schillingen enthielt. Malcolm zählte einundzwanzig Silbermünzen ab, auf denen das Bild Königin Annes prangte, und ließ dann Dylans Goldstück in seinen Geldbeutel gleiten. »Neun oder zehn davon gibst du dem Priester während der Zeremonie, aber nicht mehr, sonst wirst du für einen Narren gehalten. Ein halbes englisches Pfund ist ohnehin eine sehr großzügige Entlohnung.«
    Erst jetzt ging Dylan auf, dass er keine Ahnung hatte, wie er sich bei der Hochzeitszeremonie verhalten sollte. »Während der ...«
    Hinter ihm erklang Sinanns schläfrige Stimme: »Keine Sorge, mein Freund. Ich sage dir schon, was du zu tun hast.« Dylan warf ihr einen dankbaren Blick zu, den sie mit der Bemerkung beantwortete: » Och, ich wünschte, du hättest dich so dankbar gezeigt, als ich dir das Leben gerettet habe!« Sie saß mit untergeschlagenen Beinen auf dem Tisch hinter Malcolm.
    Caits Mutter Una kam mit einem Bündel weißen Leinens auf sie zu. Dylan und Malcolm erhoben sich, um sie zu begrüßen. Lady Ciorram war eine der schönsten Frauen des Tals, und obgleich sie nicht mehr jung war, bewegte sie sich mit derselben königlichen Anmut, die ihre Tochter von ihr geerbt hatte. Jetzt lächelte sie scheu, während sie Dylan das Bündel hinhielt, das sich als Leinenhemd entpuppte. »Dylan, Caitrionagh hat dies für dich aufgehoben und mich gebeten, es dir zu geben.«
    Dylan griff nach dem Hemd und schnappte vor Überraschung nach Luft. Es war das Kleidungsstück, das Cait einen Monat nachdem sie sich begegnet waren, für ihn genäht und bestickt hatte. Er hatte es nur sonntags getragen und beabsichtigt, es an ihrem Hochzeitstag anzuziehen. »Sie hat es aufgehoben? Die ganze Zeit lang?«
    Una nickte. »Sie hat es sogar nach Edinburgh mitgenommen. Ich habe ihr davon abgeraten und ihr gesagt, dass Connor nie so ein Hemd tragen würde, aber sie erwiderte nur, es sei nicht für ihn, sondern für ihren wahren Ehemann.
    Erst dachte ich, sie wäre einfach nur töricht und verstockt, aber später begriff ich, dass ihr Glaube stärker war, als es der meine je gewesen ist. Sie wusste, dass ihr beide eines Tages hierher zurückkehren und dass du es als ihr rechtmäßiger Gatte tragen würdest.«
    Dylan fand kaum Worte, um Una zu danken. Einen Moment lang stand er stumm da und strich mit den Fingern über die kunstvolle Stickerei an den Manschetten. Nachdem Una gegangen war, sagte er zu Malcolm: »Sie hat es behalten, obwohl man ihr gesagt hat, ich sei tot.«
    Malcolm zuckte lächelnd die

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