Die Verbannung
hören war mehr, als er sich je erträumt hatte. In diesem Moment gab es nichts außer Cait für ihn. Alles andere war bedeutungslos geworden.
Daraufhin nahm der Priester die kleine Silberschale von Eóins Tablett und hielt sie Dylan hin. Er wurde abrupt in die Realität zurückgerissen, als Sinann ihm zuzischte: »Der Ring! Wo hast du den Ring hingetan? Und die Gebühr. Die will er jetzt nämlich haben.«
Dylan tastete unter seinem Hemd nach dem Kruzifix und zog sich die Kordel über den Kopf, um den goldenen Ring abzunehmen, den er seit fast zwei Jahren ständig bei sich trug. Er schob das Kruzifix wieder unter das Hemd und legte den Ring in die Schale, dann zog er seinen Geldbeutel aus seinem sporran. Zehn Silberschillinge gesellten sich zu dem Ring woraufhin der Priester zufrieden nickte. Er griff nach der Phiole, spritzte geweihtes Wasser über den Ring und deklamierte: »Ich segne diesen Ring im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes. Möge seine Trägerin stets untei dem Schutz des Allmächtigen stehen und Kraft aus ihrem Glauben beziehen.« Er reichte den Ring an Dylan weiter.
»Jetzt hör gut zu«, wisperte Sinann. »Nimm den Ring zwischen Daumen und zwei Finger.« Dylan tat, wie ihm geheißen. »Und jetzt nimm ihre linke Hand in deine Linke ...«
Vater Buchanan, der von der Anwesenheit der Fee natürlich nichts ahnte, unterbrach sie: »Und nun sprecht mir nach.«
Dylan lauschte und wiederholte dann: »Mit diesem Ring nehme ich dich zur Frau, dieses Geld übergebe ich dir, mit meinem Leib will ich dir huldigen und mit meinem Vieh dich ernähren.« Er warf Iain einen Blick zu, als ihm aufging, wie bedeutungslos dieses letzte Gelübde noch fünf Minuten zuvor gewesen wäre.
Sinanns Stimme nahm einen drängenden Ton an. Dylan begriff, dass er zu langsam vorging. »Steck den Ring an ihren Daumen und sage Im Namen des Vaters ...« Dylan gehorchte, worauf sie fortfuhr: »Jetzt auf ihren Zeigefinger, dabei sagst du ...«
Dylan begriff, worauf die Zeremonie hinauslief, und sagte gemeinsam mit ihr: »Und des Sohnes.« Ohne auf weitere Anweisungen zu warten, schob er den Ring auf Caits Mittelfinger, sagte: »Und des Heiligen Geistes« und steckte ihn zuletzt an Caits Ringfinger. »Amen.« Danach atmete er tief durch und lächelte sie an. Gleich ist alles vorbei, hoffte er.
Er irrte sich. Die Tür zur Kirche wurde geöffnet und Cait und er hineingeschoben, damit die Hochzeitsmesse abgehalten werden konnte. Beide nahmen ihren Platz in der vordersten Bank ein, wo es nach Bienenwachs, Weihrauch, feuchtem Stein und altem Holz roch. Dylan hielt Caits Hand, während sie den Gebeten des Priesters lauschten, und dachte bei sich, dass all seine eigenen Gebete am heutigen Tag erhört worden waren.
Schließlich ging der Gottesdienst zu Ende, und Dylan empfing von Vater Buchanan den Friedenskuss, einen leichten Kuss auf die Wange. Sinann flüsterte: »Und jetzt darfst du deine Frau küssen, mein Freund.« Das ließ Dylan sich nicht zweimal sagen. Er küsste Cait sanft auf den Mund, gab sie aber sofort wieder frei, als er merkte, dass er an Dinge dachte, die sich selbst für ein Ehepaar in einer Kirche nicht schickten.
Die Gemeindemitglieder erhoben sich und drängten nach draußen. Wieder wurde Dudelsackmusik angestimmt, unter deren Klängen die Menge von der Kirche zurück zur Burg wogte. Obgleich die berittenen und schwer bewaffneten englischen Soldaten immer noch draußen vor den Kirchentoren warteten, wirkten die Clansmitglieder so fröhlich und ausgelassen wie Kinder, die unerwartet schulfrei bekommen hatten.
Die große Halle schien mit dem gesamten Wildblumenbestand der nördlichen Highlands geschmückt zu sein. Girlanden hingen von den Deckenbalken herab, und auf jedem Tisch standen prachtvolle Gestecke. Ein würziger Geruch nach gebratenem Fleisch und frisch gebackenem Brot mischte sich mit dem süßen Blumenduft, und Dylan merkte auf einmal, wie hungrig er war. Sein Magen begann vernehmlich zu knurren. In diesem Moment führte Gracie, die alte Frau, die die Gemächer der Familie in der Burg in Ordnung hielt, eine Reihe Küchenmädchen in die Halle, die Platten voller Brathühner und Bannocks trugen.
Der Raum war erfüllt von lebhaftem Stimmengewirr, und die herzlichen Umarmungen all derer, die dem Brautpaar gratulieren wollten, machten es Dylan und Cait unmöglich, in Ruhe zu essen. Cait schien das nicht sonderlich zu stören, sie lachte und unterhielt sich angeregt, bis Sarah, Eóins Mutter,
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