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Die Verbannung

Titel: Die Verbannung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julianne Lee
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einer rief: »Halt! Stehen bleiben!«
    Scheiße. Dylan gehorchte, und die beiden Dragoner näherten sich ihm misstrauisch. Einer, dem Akzent nach zu urteilen ein Londoner, fragte barsch: »Wo wollt Ihr hin?«
    Da ihm das Sprechen mit dem blutigen Leinentuch im Mund schwer fiel, deutete Dylan schweigend zu dem Hügel hinüber, hinter dem sein Hof lag.
    »Seid Ihr stumm, oder wollt Ihr mir nur nicht antworten? Von einem dreckigen Rebellen dulde ich keine Unverschämtheit!« Die beiden Musketen zielten jetzt auf Dylans Gesicht. Dylan blickte zu MacCorkindale hinüber, auf dessen Wangen rote Flecken leuchteten.
    »Macht endlich den Mund auf, Matheson!« Es war ganz offensichtlich, dass Dylan mit Schlägen, wenn nicht gar mit einer Verhaftung rechnen musste. In seinem Zustand kam Kämpfen nicht infrage, und er war zu betrunken, um sich aus der Sache herauszureden. Also begann er zu würgen.
    Die Soldaten sprangen erschrocken zurück. Dylan öffnete leicht die Lippen und ließ ein paar Blutstropfen über sein Kinn rieseln. Die Soldaten starrten ihn mit offenem Mund an, als er noch einmal würgte, gurgelnde Geräusche von sich gab, einen Blutstrom aus seiner Nase quellen ließ und heftig hustete, sodass sich das Blut wie ein Sprühregen über die blankgeputzten Musketen der Dragoner ergoss. MacCorkindales Augen waren groß geworden.
    Die Würgelaute wurden lauter. Dylan beugte sich vor, presste die Hände gegen seinen Magen, als werde er von unerträglichen Krämpfen geschüttelt, öffnete den Mund und ließ das blutgetränkte Leinentuch zu Boden fallen. Es sah aus, als habe er soeben irgendein inneres Organ ausgespien. Daraufhin simulierte er einen Zusammenbruch und blieb regungslos liegen.
    Lange Zeit herrschte entsetztes Schweigen. Endlich murmelte einer der Soldaten: »Der Kerl ist tot.«
    »Ist er nicht. Siehst du, er atmet noch.«
    »Lange macht der's nicht mehr. Er hat ja schon seine Eingeweide ausgekotzt.«
    »Lasst ihn liegen«, befahl MacCorkindale seinen Männern. »Sollen sich doch seine Clansleute um ihn kümmern.«
    Dylan hörte, wie die Soldaten sich entfernten, dann erklang in der Ferne Hufgetrappel. Er wartete ab, bis er ganz sicher war, dass die Rotröcke verschwunden waren; schließlich rappelte er sich auf und machte sich leicht schwankend auf den Weg zurück zu Cait.
    Die Ernte war eingebracht, der Schafpferch fertig, die Rinder standen im Stall, und die getrockneten Torfballen waren für den Winter aufgestapelt. Dylan machte sich bereit, die Reise nach Inverness anzutreten, um einen Destillierapparat, ein paar Cheviot-Schafe und einen Anwalt aufzutreiben, der Ciarans Namen ändern sollte. Er spannte eines seiner Pferde vor den Karren, zog seine beiden Hemden und zwei Paar Wollstrümpfe übereinander, schlüpfte in seine Gamaschen, griff nach seinem Mantel und streifte zu guter Letzt noch ein Paar Handschuhe über. Dann verstaute er sein in Wachstuch gewickeltes Begnadigungsschreiben in seinem sporran. Falls er von irgendeinem Soldaten im Dienste Seiner Majestät angehalten und ausgefragt wurde, musste er das Schreiben vorweisen können. Zuletzt nahm er das Pferd am Zügel und führte es von seinem Hof herunter auf den Weg in Richtung Inverness.
    Die Reise verlief ohne Zwischenfälle. In Inverness, einer schmutzigen, übel riechenden, zwischen dem Loch Ness und dem Moray Firth gelegenen Stadt, machte Dylan einen Anwalt ausfindig, der einen relativ guten Ruf hatte und keine übermäßig hohe Gebühr verlangte. Sein Anliegen war leicht zu erfüllen, und innerhalb kurzer Zeit erhielt er das zur Unterschrift vorbereitete Dokument und händigte dem Anwalt einige Shillinge aus. Danach wickelte er die Adoptionsurkunde zusammen mit seinem Begnadigungsschreiben in das Wachstuch.
    Es bereitete ihm auch keine Schwierigkeiten, die Schafe aufzutreiben, obgleich er sie etwas teurer bezahlen musste als beabsichtigt, weil sie jung, gesund und kräftig waren. Dylan erwarb ein Schaf und einen Bock, die beide erst in diesem Jahr geboren worden waren. Da er beide mit seinen eigenen Schafen kreuzen wollte, konnte er nur hoffen, dass das Schaf nicht in seine erste Hitze geriet, bevor er wieder zu Hause war.
    Das Destilliergerät war sogar noch kostspieliger als die Schafe und wesentlich schwerer zu finden, doch endlich entdeckte Dylan, was er suchte, und verstaute einen Apparat in seinem Karren, der ihm den Einstieg in die Whiskyherstellung ermöglichen sollte.
    Nachdem alles erledigt war, was er sich vorgenommen hatte, trat

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