Die Verbannung
Sie schüttelte hilflos den Kopf.
Plötzlich empfand Dylan das überwältigende Verlangen, ihr von seiner Welt zu erzählen, aber er beherrschte sich. Sogar Cait, die ihn mehr liebte als irgendjemand sonst, würde ihn für verrückt erklären, wenn er behauptete, aus der Zukunft zu kommen.
Doch dann sagte sie: »Weißt du, Dylan Matheson, das, was ich am meisten an dir liebe, ist deine blühende Fantasie.«
Dylan öffnete den Mund, um etwas zu erwidern, schloss ihn wieder und fragte schließlich wider besseres Wissen doch: »Also hast du nichts mehr dagegen, dass ich in der Schafzucht neue Methoden anwende?«
Cait wurde schlagartig ernst. Seufzend sagte sie: »Du hast Recht, ich muss darauf vertrauen, dass du uns keinen Schaden zufügst.« Trocken fügte sie hinzu: »Und außerdem muss ich darauf vertrauen, dass ich so viel Verstand hatte, keinen Narren zu heiraten.«
Dylan lächelte. »Gut, das werte ich als >ja<.«
Sie kicherte wieder, und er fuhr mit seiner Geschichte fort.
Als der Haufen gemahlener Gerste ständig anwuchs, begann sich Dylan allmählich zu fragen, worin er sie aufbewahren solle, bis er sie verarbeiten konnte.
Die Antwort auf dieses Problem ließ nicht lange auf sich warten. Als er eines Morgens aufstand, fand er auf dem Boden des Wohnzimmers ein nagelneues Holzfass vor. Es war groß genug, um seine gesamte Gersteernte aufzunehmen, und die Eisenbeschläge wiesen nicht einen einzigen Kratzer auf.
Cait kam aus dem Schlafzimmer und starrte das Holzfass entgeistert an. »Was haben uns die kleinen Leute denn da gebracht?« Dylan warf ihr einen scharfen Blick zu, denn er wusste, dass sie unwissentlich den Nagel auf den Kopf getroffen hatte. Aber sie ging nicht weiter darauf ein, sondern fragte nur, während sie begann, das Frühstück vorzubereiten: »Hat Seumas das für dich gestohlen?«
Dylan runzelte die Stirn. Gekränkt erwiderte er: »Nein. Seumas ist kein Dieb.«
»Wo kommt es dann her? Gekauft haben kannst du es nicht, denn nachdem du den Anwalt bezahlt und den Destillierapparat gekauft hast, ist dir nicht mehr genug Geld für so ein gutes Fass übrig geblieben.« Sie griff nach dem Wassereimer und ging zur Tür, wo ihr Umhang und Dylans Mantel an Haken hingen. Ein drohender Unterton schlich sich in ihre Stimme. »Wenn du deswegen bei Owen Brodie Schulden gemacht hast...«
»Ich weiß nicht, wo es herkommt.« Mehr konnte er dazu nicht sagen. Lange genug hatte er gelogen, um Sinanns Streiche zu erklären, aber jetzt fiel ihm einfach keine glaubwürdige Geschichte mehr ein. »Ich weiß es wirklich nicht.« Er sah sich nach Sinann um, aber die Fee war nirgendwo zu entdecken, »Vielleicht stammt es ja tatsächlich von den kleinen Leuten.«
Cait warf sich ihren Umhang um, griff nach dem Eimer und ging zum Bach hinunter. Sowie sie zur Tür hinaus war, zischte Dylan in den leeren Raum: »Sinann!« Er erhielt keine Antwort. »Sinann, ich schwöre dir, wenn du diesen Unfug nicht...«
Die Tür flog auf, und Cait stapfte ins Haus zurück. »Und wer ist diese Sinann, bitte schön?« Ihr Umhang war mit Schneeflocken übersät, die in der Wärme rasch schmolzen, und ihr Ärger war geradezu greifbar zu spüren.
Dylan schloss seufzend die Augen. Erwischt! Seine Furcht, der Hexerei bezichtigt zu werden, schwand angesichts der Notwendigkeit, seiner Frau erklären zu müssen, wieso er laut den Namen einer anderen Frau ausgesprochen hatte. Er suchte in seinem sporran nach dem Götterstein. Ein rascher Blick durch den Raum bestätigte ihm, dass Sinann auf dem Deckel des neuen Fasses hockte. Sie grinste teuflisch, als sie ihm zuwinkte. Er stöhnte. »Du hast gewonnen, Tinkerbell. Zeig dich.«
Immer noch grinsend, schüttelte sie den Kopf.
»Sinann!« Jetzt bekam er es wirklich mit der Angst zu tun. »Sinann, ich meine es ernst. Du wolltest doch, dass sie von dir erfährt, sonst hättest du dich nicht seit Monaten immer wieder bemerkbar gemacht. Jetzt weiß sie es, also zeig dich!«
Doch die vermaledeite Fee schüttelte noch einmal den Kopf, sprang auf und flatterte durch den Rauchabzug davon.
Dylan stöhnte, dann rief er halblaut: »Rabenaas!«
Ihre Stimme klang aus dem Kamin. »Das habe ich gehört!«
Cait, die jetzt eher verwirrt als wütend wirkte, fragte: »Si-nann? Die Fee Sinann? Du hast dich mit der Enkelin des Lir angefreundet?« Suchend sah sie sich im Raum um.
Jetzt verlor Dylan vollends die Fassung. Er starrte seine Frau einen Moment lang sprachlos an. »Du kennst sie?«
»Natürlich
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